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payoff Learning Curve

Aktiensplits: zwischen Mythos und Wirklichkeit

09.07.2024 4 Min.
  • Serge Nussbaumer
    Chefredaktor

Seit Nvidias Aktiensplit ist diese Kapitalmassnahme wieder in aller Munde. Dabei sind sie für den Aktionär ein Nullsummenspiel. Dennoch können von Aktiensplits kurzfristig positive Kurseffekte ausgehen.

Für viele Unternehmen, insbesondere wenn es sich um wachstumsstarke Technologiewerte handelt, gehören Aktiensplits fast schon zum Standardrepertoire. Microsoft beispielsweise hat in seiner Börsengeschichte bereits neun Aktiensplits durchgeführt, Apple immerhin fünf. Gleichwohl halten sich hartnäckig einige Mythen rund um diese Kapitalmassnahme. Zuletzt machte Nvidia Schlagzeilen. Der Börsenüberflieger hat Anfang Juni seine Aktien im Verhältnis 1:10 gesplittet. Bei einem Aktiensplit wird, vereinfacht gesagt, das bestehende Grundkapital einer Aktiengesellschaft auf eine grössere Anzahl von Aktien aufgeteilt. Ein Aktiensplit im Verhältnis 1:10 bedeutet, dass der Anleger zehnmal so viele Aktien besitzt wie zuvor. Allerdings reduziert sich der Wert der Aktien im gleichen Verhältnis.

Aktiensplit am Beispiel Nvidia

Die Nvidia-Aktie schloss am Tag des Splits bei rund USD 1’210. Bei 5 Aktien macht das einen Depotwert von USD 6’050. Nach dem Split besitzt der Anleger die zehnfache Menge an Aktien, also 50 Stück. Allerdings kostet eine Aktie dann nur noch ein Zehntel ihres bisherigen Wertes, also USD 121 je Anteilsschein. Der Depotwert bleibt mit USD 6’050 also gleich. Das zeigt: Ein Aktiensplit führt zwar zu einem optisch günstigeren Kurs, an der Marktkapitalisierung ändert sich hingegen zunächst nichts. Das passiert erst im Anschluss, wenn die Aktie am nächsten Börsentag mit dem adjustierten Preis in den Handel geht. Auch Bewertungskennziffern wie das Kurs-Gewinn-Verhältnis oder die Dividendenrendite bleiben von Aktiensplits – isoliert betrachtet – unberührt. So hat Nvidia für das 2. Quartal 2024 eine Dividendenzahlung von USD 0.10 pro Aktie angekündigt, nach dem Split reduziert sich die Ausschüttung pro Aktie auf ein Zehntel, also auf USD 0.01 pro Anteil.

Was sind die Motive für einen Aktiensplit?

Schauen wir auf die Begründung von Nvidia: «Da der Aktienkurs des Unternehmens in den letzten Jahren erheblich gestiegen ist, soll der Aktiensplit Mitarbeitern und Anlegern den Zu-gang zum Aktienbesitz erleichtern», schreibt der Grafikkarten-Anbieter in einem Infoblatt. Damit ist der Nagel auf den Kopf getroffen. Wenn Aktien stark im Wert steigen – wie bei Nvidia in den 24 Monaten vor dem Split von USD 170 auf über USD 1’200 – dann schränkt das die Handelbarkeit und den potenziellen Anlegerkreis ein. Eine akademische Studie, die 2023 im Journal of Risk and Financial Management veröffentlicht wurde, stellte fest, dass Handelsvolumen und Liquidität durch Aktiensplits zunehmen. Darüber hinaus vergrössert sich die Aktionärsbasis, so dass Aktiensplits zu einer Diversifizierung der Eigentumsverhältnisse beitragen.

Können von Aktiensplits positive Kurseffekte ausgehen?

Laut einer Studie der Bank of America (BofA) aus dem Jahr 2022 haben die S&P 500-Unternehmen, die seit 1980 einen Aktiensplit angekündigt haben, die Performance des Index nach der ersten Ankündigung im Durchschnitt deutlich übertroffen. Ein Teil der Outperformance, so die BofA-Analysten, sei wahrscheinlich auf das Momentum zurückzuführen, da Unternehmen, die einen Split beschliessen, in der Regel auf eine überdurchschnittliche Wertentwicklung zurückblicken und die Investoren erwarten, dass diese Outperformance anhält. Allerdings scheint der Stimulus nur kurzfristiger Natur zu sein. Darauf lässt eine andere Untersuchung von Goldman Sachs schliessen. Für die Studie wurden 45 Splits von US-Unternehmen aus dem Russell 1000 Index seit 2019 unter die Lupe genommen. Das Ergebnis: Diese Aktien haben den Gesamtmarkt nur in der Woche nach der Split-Ankündigung übertroffen – im Schnitt um 4%. Danach sei kein verlässliches Gewinnmuster mehr erkennbar gewesen. Demnach sorgt die Ankündigung, aber nicht der Split selbst für positive Effekte. Vor diesem Hintergrund könnte es aus taktischer Sicht lohnend sein, auf Unternehmen zu achten, von denen in absehbarer Zeit ein Splitt zu erwarten sein könnte. Ein interessanter Kandidat ist in diesem Zusammenhang Booking Holding. Der Aktienkurs der Reiseplattform, zu der unter anderem die Portale KAYAK und Booking.com gehören, notiert mittlerweile bei über USD 4’000.

Wertneutrale Anpassung bei derivativen Finanzprodukten

Bleibt die Frage, wie sich ein Aktiensplit auf derivative Finanzprodukte auswirkt. Immerhin gibt es auf Aktien wie die von Nvidia Tausende von Anlage- und Hebelprodukten. Das Wichtigste gleich vorweg: Der Anleger wird durch entsprechende Anpassungen der Produktparameter wirtschaftlich so gestellt, wie unmittelbar vor dem Split. Ein Aktiensplit ist demnach für Anlage- und Hebelprodukte wertneutral. Bei Hebelprodukten werden zum Beispiel der Basispreis und das Bezugsverhältnis angepasst, bei Knock-Outs zusätzlich die Knock-out-Barriere. Im Fall des Splits von Nvidia wurden der Basispreis und die Knock-out-Barriere durch 10 dividiert und das Bezugsverhältnis verzehnfacht. Analog erfolgen die Anpassungen der Parameter bei Anlageprodukten wie Barrier Reverse Convertibles.

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