

Aktive ETFs: Eine starke Kombination aus Expertise und Flexibilität
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Serge Nussbaumer
Chefredaktor
Herr Durdevic, die Vertreter der passiven ETFs argumentieren mit der Flexibilität und den niedrigeren Kosten. Was sind die Vorteile aktiver ETFs?
Aktive ETFs verbinden das Beste aus zwei Welten: die Flexibilität und Transparenz klassischer ETFs mit den Chancen aktiver Anlagestrategien. ETFs bieten Vorteile wie tägliche Handelbarkeit, hohe Liquidität, geringe Kosten und – je nach Struktur und Domizil – auch steuerliche Effizienz.
Indexfonds gab es schon vor dem ETF, aber der echte Durchbruch kam 2008. Ich erinnere mich gut: Mein Einstieg in die Branche war am 1. Oktober 2008 – und plötzlich wollte jeder ETFs. Denn was den ETF neben der Indexreplikation so einzigartig machte, war seine Transparenz und die Möglichkeit, ihn flexibel an der Börse zu handeln.
Auf der anderen Seite bieten aktive Strategien – je nach Ziel – Vorteile wie Outperformance, Risikoreduktion oder gezielte Ertragsgenerierung. Kombiniert man diese mit den Stärken des ETFs, entsteht ein leistungsstarkes Anlageinstrument. Besonders bei globalen Aktien-ETFs zeigen sich aktive Lösungen mit einer TER von nur 0.25% auch kostenseitig als attraktive Alternative zu passiven Produkten.
Wie ist J.P. Morgan im Vergleich zu Wettbewerbern wie BlackRock oder Vanguard auf dem Markt für aktive ETFs positioniert?
J.P. Morgan Asset Management ist ein klar aktives Haus – rund 99% unseres weltweit verwalteten Vermögens werden aktiv gemanagt. Insgesamt betreuen wir über USD 3.6 Billionen an Kundengeldern und investieren jährlich mehr als USD 490 Millionen in unser aktives Research. Allein im Aktienbereich arbeiten über 80 Analysten, die mehr als 2’500 Unternehmen analysieren. Ein entscheidender Vorteil unserer aktiven ETFs ist, dass sie auf die volle Expertise unseres Hauses zurückgreifen – auf die Research-Kompetenz unserer Analysten, das Know-how der Portfoliomanager und die langjährige Erfolgsbilanz unserer Strategien. Die meisten dieser Strategien bestehen seit vielen Jahren. Beispielsweise basiert unser US Research Enhanced Index ETF auf einer Strategie mit einem über 30-jährigen Track Record. Auch unsere globale Research-Enhanced-Strategie, die seit 2003 besteht, liefert eine verlässliche Historie. So können wir Investoren transparent zeigen, wie wir arbeiten – mit fundierter Erfahrung und messbarem Erfolg.
Eine Scope-Analyse zeigt, dass nur etwa jeder fünfte aktive ETF seine Benchmark übertrifft. Was spricht dennoch für einen aktiven ETF?
Aktiv ist nicht gleich aktiv. Nicht jede Strategie verfolgt das Ziel, die Benchmark zu schlagen – ein Beispiel ist unsere Equity Premium Income-Strategie, die auf laufende Erträge bei geringerer Volatilität abzielt.
Auf 10-Jahres-Sicht konnten wir mit 88% unseres verwalteten Vermögens den Median der Vergleichsgruppe schlagen – ein starker Beleg für unsere Managementqualität. Gerade bei aktiven Strategien ist es wichtig, auf einen erfahrenen Asset Manager mit verlässlichem Track Record zu setzen. Und: Auch bei globalen Indizes lohnt ein genauer Blick – etwa zwischen MSCI World und FTSE World, deren Zusammensetzung und Ergebnisse teils deutlich variieren können.
Wie funktioniert das Portfoliomanagement eines aktiven ETFs im Vergleich zu einem aktiv verwalteten Fonds?
Es mag überraschen, aber im Grunde ist es dasselbe. Denn bei unseren aktiven ETFs kommt genau dasselbe Portfoliomanagement-Team zum Einsatz – mit identischem Research und denselben Prozessen. Unser Portfoliomanager verwaltet den aktiven ETF genauso wie ein Produkt im Publikumsfonds-Mantel oder ein institutionelles Mandat. Im Portfoliomanagement selbst ändert sich also nichts – es ist völlig gleichwertig und unspektakulär identisch. Der einzige Unterschied liegt im sogenannten Creation-Redemption-Prozess, der bei einem ETF technisch anders funktioniert als bei klassischen Publikumsfonds. Aber auf die Investmentstrategie selbst hat das keinen Einfluss.
Wie wird bei einem aktiven ETF die Transparenz gegenüber den Anlegern gewährleistet? Insbesondere wenn es sich um diskretionäre Strategien handelt?
Das ist einer der grossen Vorteile des ETFs als Wrapper: Bei J.P. Morgan Asset Management bieten wir unsere UCITS-ETFs mit vollständiger Transparenz an. Jeder Anleger kann auf unserer Website den gewünschten ETF aufrufen und tagesaktuell sämtliche Positionen im Portfolio einsehen. Diese Offenheit ist ein zentraler Vorteil von ETFs – genau jener Aspekt, der im Jahr 2008 so wichtig wurde.
Wie wirkt sich die tägliche Preisstellung und Liquidität eines aktiven ETFs auf das Management und die Handelskosten aus?
Bei einer Kundenveranstaltung mit einem unserer Authorized Participants kam die Frage auf, ob es einen Unterschied gibt, einen aktiven ETF im Vergleich zu einem passiven zu quotieren. Die Antwort: Es gibt keinen. Aktive und passive ETFs greifen auf dieselbe Marktliquidität zurück – etwa bei US-Aktien, die täglich mit über USD 300 Milliarden gehandelt werden. Ob S&P 500-Tracker oder US Research Enhanced Index ETF – beide nutzen dieselbe Markttiefe. Ein ETF ist immer mindestens so liquide wie sein zugrunde liegendes Marktsegment. Das zeigt sich auch bei den Spreads: Im ersten Quartal 2025 lag der durchschnittliche Spread unseres US Research Enhanced Index ETFs bei nur 4.93 Basispunkten – am unteren Ende der Bandbreite für nordamerikanische Aktien-ETFs.
Welche regulatorischen Anforderungen gelten für aktive ETFs in Europa und den USA und wie beeinflussen diese die Produktentwicklung bei J.P. Morgan?
Natürlich halten wir uns an den regulatorischen Rahmen hier in Europa – insbesondere an die UCITS-Richtlinie. Unsere aktiven ETFs erfüllen sämtliche Anforderungen, die für UCITS-Produkte gelten. Wie bereits erwähnt, unterscheiden sie sich im Wesentlichen nicht von klassischen Publikumsfonds – wir setzen unsere Investmentstrategien also lediglich in einem anderen Vehikel um. Regulatorisch betrachtet ist der ETF also einfach eine alternative Hülle. Bei der Auswahl geeigneter Strategien für ETFs achten wir besonders auf die zugrunde liegende Marktliquidität. In Märkten mit geringer Liquidität oder bei sehr konzentrierten, aktiven Strategien mit wenigen Titeln kann es sein, dass eine ETF-Lösung nicht sinnvoll oder praktikabel ist. In solchen Fällen entscheiden wir uns bewusst gegen eine Umsetzung im ETF-Format.
Was sind semi-transparente ETFs? Welche Rolle spielen sie in der ETF-Strategie von J.P. Morgan?
Wir bieten keine semi-transparente ETFs an.
Wie sehen Sie die zukünftige Marktentwicklung für aktive ETFs in Europa und der Schweiz – insbesondere im institutionellen vs. privaten Bereich?
Unser Einstieg in aktive ETFs in Europa begann 2018, der Markteintritt in der Schweiz erfolgte im April desselben Jahres. Damals lag das globale Marktvolumen bei USD 100 Milliarden – heute sind es bereits rund 1.2 Billionen. Europa steht aktuell bei etwa 60 Milliarden, soll aber laut Prognosen bis 2030 auf 400 Milliarden wachsen; global erwarten wir bis zu 6 Billionen. J.P. Morgan ist mit über 50 % Marktanteil führend im Bereich aktiver ETFs in Europa.
Interessanterweise kamen die ersten Investoren unserer aktiven ETFs aus der Schweiz – echte Pioniere. Seitdem wächst die Nachfrage kontinuierlich, auch unter Privatanlegern, sowohl in der Schweiz als auch europaweit. Besonders stark gefragt sind zwei Strategien: Research Enhanced Indexing, das als aktiver Ersatz oder Ergänzung zu klassischen Indexlösungen dient, sowie Equity Premium Income, das im Retailsegment zuletzt stark an Dynamik gewonnen hat.
Welchen aktiven ETF sollte man Ihrer Meinung nach in seinem Portfolio haben?
Research Enhanced Indexing ist ein zentraler Baustein – ideal als Ersatz oder Ergänzung zu passiven Allokationen. Schon wenige Basispunkte zusätzlicher Alphas können langfristig einen spürbaren Unterschied machen, wie der Vergleich von MSCI World und unserer globalen Strategie zeigt.
Ein weiterer Fokus liegt auf einkommensorientierten Lösungen wie Equity Premium Income – eine unserer erfolgreichsten Strategien mit über USD 65 Milliarden Volumen weltweit, stark in den USA und nun auch in Europa etabliert. Zunehmend gefragt sind auch Active Fixed Income ETFs, von uns als ActiveX Thinker bezeichnet. In Europa bevorzugen rund 79% der Anleger aktives Management im Anleihenbereich. Kombiniert mit der Effizienz des ETF-Vehikels ergibt sich ein überzeugender Mehrwert – etwa durch gezielte Steuerung von Duration und Kreditrisiken. Ein Beispiel ist unser Global Aggregate ETF, auch in CHF-hedged verfügbar.
Vielen Dank!
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Ivan Durdevic, Executive Director, ist als Head of ETF Distribution/Leiter des ETF-Vertriebs für Deutschland, Österreich und die Schweiz bei J.P. Morgan Asset Management tätig. In dieser Funktion ist er von Zürich aus für die Entwicklung des ETF-Geschäfts der drei Länder verantwortlich. Bevor er 2018 zu J.P. Morgan Asset Management kam, war er mehr als sieben Jahre bei Amundi tätig, zunächst als Senior Client Relationship Manager für ETFs und Indexprodukte in Deutschland und zuletzt als stellvertretender Vertriebsleiter für ETFs, Index- und Smart Beta-Produkte in der Schweiz. Zuvor war er Senior Business Development Associate bei BlackRock in Deutschland für die iShares Produkte, wo er das ETF-Geschäft auf- und ausbaute, und bei der NOMURA Bank Deutschland im Vertrieb für Aktienprodukte. Der studierte Betriebswirt begann seine Karriere bei INVESCO in Deutschland.