Bitcoin ETF: Eine Bestandsaufnahme
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Pascal Hügli
Redaktor
Die Bitcoin-ETFs sind nun seit 14 Tagen im Handel. Nun, da diese mit Spannung erwarteten Bitcoin-Produkte auf dem Markt sind, stellen sich viele die Frage: War die Lancierung eher Top oder Flop?
Wie von vielen Experten erwartet, erwies sich der Handelsstart der Bitcoin-ETFs am 11. Januar als «Sell the News»-Ereignis. Nachdem der Bitcoin-Kurs in Erwartung der ETF-Genehmigung um mehr als 90% gestiegen war, erlebte die Kryptowährung in den ersten Tagen nach der Einführung einen Rückgang um fast 20%.
Schnell wurde den Marktteilnehmern klar, dass die Bitcoin-ETFs nicht nur «Nachfrage», sondern auch «Angebot» geschaffen hatten. Was war damit gemeint? Das mit Abstand grösste Bitcoin-Finanzprodukt, der «Cosed-End»-Fonds von Grayscale, wurde in einen ETF umgewandelt. Mit der Umwandlung in den GBTC-ETF konnten Anleger plötzlich verkaufen – insbesondere diejenigen, die das GBTC-Produkt in Erwartung der ETF-Zulassung mit einem Abschlag gekauft hatten.
Zu- und Abflüsse im Tauziehen
Es ist daher logisch, dass der GBTC-ETF Abflüsse verzeichnete, während die anderen zehn ETFs Zuflüsse verzeichneten. In den ersten Tagen nach der Lancierung beliefen sich die Abflüsse aus dem GBTC-ETF auf durchschnittlich über USD 500 Millionen, was durch die Zuflüsse in die anderen Bitcoin-ETFs nicht kompensiert werden konnte. Erst seit dem 24. Januar gingen die Abflüsse aus dem GBTC-ETF kontinuierlich zurück, so dass alle ETFs Nettozuflüsse verzeichneten:
Nach den ersten 14 Handelstagen lässt sich folgendes Resümee ziehen: Über USD 5.5 Milliarden sind aus dem GBTC-ETF abgeflossen. Zumal die Gebühren des GBTC-ETFs mit 1.5% immer noch deutlich höher sind als bei den anderen ETFs, ist davon auszugehen, dass dieses Produkt weiter ans AUM verlieren dürfte. Wie J.P. Morgan in einem kürzlich geschriebenen Kommentar jedoch prognostiziert, dürfte die Profitnahme von Arbitrageuren wohl zu Ende sein. Mit anderen Worten: die Abflüsse aus dem GBTC-ETF sollten dann nicht ganz aus dem Kryptomarkt abfliessen, sondern eben in andere Bitcoin-ETFs gesteckt werden.
Ein Marketing- und Gebührenkampf
Es ist zu erwarten, dass der eigentliche Konkurrenzkampf zwischen den Anbietern erst noch beginnt. Denn an der Wall Street gilt das Sprichwort: «Finanzprodukte werden verkauft, nicht gekauft». Erste Werbevideos für Bitcoin-Spot-ETFs kursierten daher bereits vor der Genehmigung. Und wie kürzlich bekannt wurde, soll Google Online-Werbung für Bitcoin-ETFs erlauben – im Gegensatz zu anderen «Krypto-Ads», die nach wie vor untersagt sind.
Die Entscheidung der US-Börsenaufsicht, gleich mehrere Anträge für Bitcoin-Spot-ETFs zu genehmigen, ist nicht nur aus Sicht der Anbieter richtig. Sie wirkt sich auch positiv auf die Anleger aus. Denn unter den ETF-Emittenten ist ein harter Gebührenwettbewerb ausgebrochen, der zu günstigeren Gebühren führt.
Wie man sieht, variieren die Gebühren zwischen 1.5% bis zu 0.19%. Interessant ist, dass die Anbieter ein weiteres Lockangebot eingebaut haben. So gibt es einige ETF-Emittenten, die für eine gewisse Zeit (und unterhalb einer Untergrenze) ganz auf die Erhebung von Gebühren verzichten. So erlassen Fidelity und Valkyrie sämtliche Gebühren – Fidelity bis zum 31. Juli und Valkyrie für die ersten drei Monate nach Handelsbeginn (bis zum 11. April).
Bitwise, WisdomTree und Ark 21Shares erlassen die Gebühren für die erste Milliarde an Vermögenswerten (oder für die ersten sechs Monate, wenn das Vermögen zu diesem Zeitpunkt noch nicht USD 1 Milliarde erreicht hat). Invesco erhebt keine Gebühren für die ersten fünf Milliarden oder maximal sechs Monate. Und BlackRock, der grösste Vermögensverwalter der Welt, hat eine Senkung der Gebühren (von 0.25%) auf 0.12% für die ersten fünf Milliarden Vermögen und für maximal ein Jahr angekündigt.
Die Kosten (TER) sind natürlich ein wichtiges Kriterium für Anleger. Besonders sensibel sollte man als Anleger auf die Gebühren achten, wenn man einen Bitcoin-Spot-ETF langfristig halten möchte. Dies sollte vor allem dann der Fall sein, wenn man an das langfristige Potenzial von Bitcoin für viele weitere Jahre glaubt. Dann sind niedrige Gebühren vorteilhaft. Wichtig aber: Diese Gebühren sind oft nicht abschliessend, bei ETFs fallen immer auch «versteckte» Gebühren an, die letztlich erst bei der Endperformance des ETFs ersichtlich werden.
Wie wähle ich den besten Bitcoin-ETF?
Aus Sicht des Anlegers spielen neben den Gebühren noch weitere wichtige Punkte eine Rolle. Zum Beispiel die Liquidität. Anleger, die Bitcoin-Spot-ETFs aktiver handeln möchten, sollten besonders auf die Liquidität eines ETFs achten.
Darüber hinaus spielt der Auf- oder Abschlag eines ETF-Shares eine entscheidende Rolle. Entscheidend ist der Net Asset Value (NAV) der ETF-Anteile. Ein Bitcoin-Spot-ETF bildet immer den Wert des Bitcoins ab, kann aber mit einem Auf- oder Abschlag zum Bitcoin gehandelt werden. Ein Premium (Aufschlag) bedeutet, dass die ETF-Anteile teurer sind als der zugrundeliegende Bitcoin, so dass man für sie etwas weniger Bitcoin erhält. Im Gegensatz dazu werden ETF-Anteile mit einem Discount (Abschlag) unter dem Kurs des zugrunde liegenden Bitcoins gehandelt, was bedeutet, dass man für sie etwas mehr Bitcoin erhält.
Wie bereits erwähnt, sind die ausgewiesenen Gebühren nicht abschliessend. Dies liegt daran, dass auch ein passiv verwalteter Indexfonds wie ein ETF mit Infrastruktur-, Personal- und Marketingkosten verbunden ist. Diese Kosten sind der Grund dafür, dass es einem Bitcoin-Spot-ETF kaum je gelingen wird, den zugrundeliegenden Bitcoin eins zu eins abzubilden. In der Praxis spricht man hier vom Tracking Error, der letztlich misst, wie stark die ETF-Anteile vom Basiswert Bitcoin abweichen. Je kleiner der Tracking Error, desto besser für den Anleger.
Der Tracking Error wird auch durch die Handelskosten der Fonds beeinflusst. Denn die ETF-Anbieter müssen die zugrundeliegenden Bitcoins kaufen oder verkaufen. Dabei fallen Transaktionskosten an. Für Bitcoin-Spot-ETFs gilt zudem: Die SEC hat alle Anbieter von Bitcoin-Spot-ETFs dazu verpflichtet, nicht «in-kind», sondern nur «in-cash» Sacheinlagen oder Rücknahmen vornehmen zu können. Das bedeutet, dass es keinen «Direkthandel» zwischen ETF-Anteilen und Bitcoin geben kann. Vielmehr muss der Handel immer über Bargeld abgewickelt werden. Dadurch entstehen zusätzliche Handelskosten, die sich negativ auf die Performance von Bitcoin-Spot-ETFs auswirken können.
Ein Vergleich von Bitcoin-ETFs sollte auf Basis der Zusammensetzung von Gebühren, Liquidität und Tracking Error erfolgen. Nur so lässt sich feststellen, welches Produkt sich langfristig als der fähigste ETF erweisen dürfte und die beste Performance erwarten lässt. Oder Sie investieren direkt über Ihr Wallet in Bitcoin.
Bitcoin-ETF in Europa kaufen – geht das?
Bitcoin-ETFs aus den USA können von Europa aus nur an US-Börsen gekauft werden. Es wird lediglich die ISIN des jeweiligen Bitcoin-ETFs benötigt:
Der Grund, warum Bitcoin-ETFs nur an US-amerikanischen und nicht an europäischen Börsen handelbar sind, ist folgender: Normalerweise spiegeln ETFs eine breite Palette von Vermögenswerten wider, wie zum Beispiel den S&P 500 oder den SMI. Das Besondere an Bitcoin-ETFs ist, dass sie ausschliesslich auf einem einzelnen Vermögenswert, nämlich Bitcoin, basieren. Das bedeutet, dass die Wertentwicklung eines Bitcoin-ETFs alleine vom Bitcoin abhängt. An europäischen Börsen sind solche ETFs jedoch nicht zugelassen, da das europäische Finanzrecht vorschreibt, dass ein ETF in der Regel in eine diversifizierte Auswahl von Vermögenswerten investiert sein muss. Eine Ausweichstrategie bieten Bitcoin-ETPs. Einen spannenden Artikel dazu finden sie auf payoff.ch/krypto-investieren.
Wo liegen die Risiken der Bitcoin-ETFs?
Wie bei jedem ETF gilt auch für Bitcoin-ETFs: Sollte der Emittent oder die Verwahrstelle (in fast allen Fällen Coinbase) insolvent gehen, wären die vom ETF-Inhaber erworbenen Bitcoins aufgrund ihres Status als Sondervermögen nicht gefährdet. Dies bedeutet jedoch nicht, dass Anleger eines Bitcoin-Spot-ETFs völlig aus dem Schneider sind. Denn es besteht immer die Gefahr, dass Bitcoins durch Hacker gestohlen werden. Dieses Risiko wird denn auch von allen Anbietern im Kleingedruckten ihrer Zulassungsanträge als potenzielles Risiko erwähnt.
Ein weiterer Punkt, der Besorgnis auslöste, waren die tiefen Gebühren. Könnten Emittenten sogar gezwungen werden, mit den Bitcoins Securities Lending zu betreiben? Rechtlich ist es nicht erlaubt, Bitcoins zu verleihen, wohl aber ETF-Anteile. Das Problem dabei ist, dass solche Geschäfte für die Kunden sehr intransparent sind und undurchsichtige Gegenparteirisiken bergen. Auch die US-Börsenaufsicht SEC hat die Intransparenz rund um das Securities Lending als Missstand erkannt und ist deshalb bestrebt, mehr Transparenz auf den Wertpapierleihemärkten zu schaffen.
Ein weiteres Bitcoin-spezifisches Risiko besteht darin, dass, wie aus den Prospekten hervorgeht, der ETF-Emittent im Falle einer Bitcoin-Hard Fork (d.h. einer Aufspaltung des Bitcoin-Netzwerks in zwei neue Blockchains) nach eigenem Ermessen entscheiden kann, welche Fork er für die geeignetste hält. Es gibt keine Garantie dafür, dass der Emittent den digitalen Vermögenswert auswählt, der letztlich den wertvollsten Fork darstellt. Wie bei allen Bitcoin-Finanzprodukten gilt auch für Bitcoin-ETFs: «Not your Keys, not your Coins».