Das ist von den Top 20 Krypto-Assets zu halten
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Pascal Hügli
Redaktor
Pünktlich zum Jahresstart wollen wir uns verschiedene Kryptoassets aus den Top 20 genauer unter die Lupe nehmen. Bekanntlich ist der Kryptomarkt ein sich äusserst schnell wandelnder Markt. Kryptowerte, die vor drei Jahren nach Marktkapitalisierung noch zu den grössten Kryptoassets gehörten, sind heute bereits weit nach hinten gerutscht. Demnach stellt sich auch aktuell wieder die Frage: Welche Kryptoassets werden führend bleiben und welche werden durch andere, neue Projekte abgelöst.
Zwar kann diese Antwort niemand geben, gibt es doch die berühmt-berüchtigte Glaskugel nicht. Im Sinne einer subjektiven Meinungsanalyse sollen die einzelnen Projekte gleichwohl mit ein paar Worten kommentiert werden.
Bitcoin wird der König bleiben
Potenzial für Rückenwind hat die Mutter aller Krypto-Assets für dieses Jahr so einige. Neben dem Spot-ETF steht für Mitte April auch das Bitcoin-Halving auf dem Programm. Bitcoins Neuangebot pro Block wird dann von 6.25 auf 3.125 Einheiten reduziert. Damit verringert sich die jährliche Inflationsrate von 1.75% auf 0.88%, was das Krypto-Assets offiziell zum härtesten Vermögenswert unseres Planten machen soll. Zusätzlich zum Halving könnte Bitcoin dieses Jahr aber auch von möglichen Zinssenkungen durch die Zentralbanken profitieren und selbst während der US-Wahlen im November dürfte Bitcoin eine prominente Rolle einnehmen. Die rasante technologische Entwicklung von Bitcoin, repräsentiert durch Ordinals (Inscriptions) oder Layer-2-Projekte wie Stacks, macht Bitcoin zudem immer funktionaler und damit in den Augen von mehr Entwicklern interessanter.
Ethereum: Zwischen Baum und Borke
Ether hat gegenüber Bitcoin im vergangenen Jahr stark underperformt. Für dieses Jahr erhoffen sich viele Ether-Bullen eine «Rache»-Rally. Mögliche Katalysatoren dafür gäbe es einige: So ist für das erste halbe Jahr von 2024 das Dencun-Upgrade geplant. Mit der Implementierung von EIP-4844 (Proto-Danksharding) sollen Layer-2-Rollups schnellere Transaktionsverarbeitungszeiten, geringere Transaktionskosten und eine optimierte Datenverwaltung erhalten. Wenn auch Ethereum als Gesamtnetzwerk davon profitieren könnte, dürften hauptsächlich Skalierungslösungen wie Polygon, Optimism, Arbitrum und weitere in den Fokus einer breiteren Masse rücken.
Ebenfalls stark erwartet wird die Lancierung von EigenLayer. Dieses Protokoll bietet ein Konzept namens «Security-as-a-Service» (SECaaS). Über EigenLayer werden Ethereum-Staker anderen Projekten «kryptografische» Blockchain-Sicherheit anbieten können. Das bedeutet, dass Protokolle EigenLayer integrieren werden, um die der Ethereum-Blockchain zugrunde liegende Sicherheit zu «mieten». Es ist davon auszugehen, dass EigenLayer auf diese Weise viel Kapital anziehen dürfte.
Die Frage, die sich stellt: Wie stark wird Ether von diesen Entwicklungen profitieren (und nicht nur die überliegenden Projekte, welche als «Higher Beta» gehandelt werden)? Denn trotz der kommenden Neuerungen wird Ethereum auf der Basis-Layer-Blockchain in Sachen Transaktionskapazität und -schnelle weiterhin kaum mit alternativen Layer-1s wie Solana mithalten können.
Zu viel regulatorische Unsicherheit für BNB
BNB hatte ein schwieriges Jahr hinter sich. Negativhöhepunkt war die Milliardenstrafe und SEC-Klage gegen Binance, die weltgrösste Kryptobörse und «Betreiber» der BNB-Blockchain. Und selbst jetzt, wo das neue Jahr begonnen hat, bleiben die Probleme bestehen. Was die täglichen Nutzer anbelangt, so ist BNB aktuell zwar noch immer die am zweit meisten genutzte Blockchain – und das mit grossem Abstand auf Polygon. Dass Binance seinen Stablecoin jedoch «quasi» stilllegen muss, wird auch der BNB-Blockchain zusetzen. Ex-CEO Changpeng Zhao (CZ) und anderen Binance-Mitarbeitern wurden zudem zivilrechtliche Strafen auferlegt. Aufgrund der grossen regulatorischen Unsicherheit dürfte BNB performance-technisch auch in diesem Jahr einen schweren Stand haben.
Überflieger Solana: Geht der Flug weiter?
Solana war definitiv der grosse Gewinner im Jahr 2023. Im Zuge des FTX-Skandals so gut wie für tot erklärt, legte das Kryptoasset eine regelrechte Wiederbelebungsrally hin und verzeichnete eine jährliche Rendite von über 900%. Am Ende dieses Preisanstiegs stand ein kurzer Memecoin-Hype (BONK, WIF, etc.), der viele Investoren einmal mehr vor verdutzter Ehrfurcht erstarren liess.
Dieser bereits grosse Anstieg im vergangenen Jahr macht Solana aus einer relativen Sicht weniger attraktiv. Gleichwohl gilt in der Kryptowelt, mehr noch als in der traditionellen Welt: «Let your winners run». Für Sommer 2024 ist denn auch das Firedancer-Upgrade geplant. Dabei handelt es sich um eine neue Validator-Client-Software, die darauf abzielt, die Effizienz des Netzwerks, die Transaktionsverarbeitung und die Gesamtleistung zu verbessern. So soll die Vielfalt an Validatoren und somit die Dezentralisierung von Solana gestärkt werden. Entwickelt wird Firedancer von Jump Crypto, dem Kryptoarm des milliardenschweren Unternehmens Jump Trading.
XRP: Eine Schlacht gewonnen, nicht aber den Krieg
Ripple, die Firma hinter XRP, hat im vergangenen Jahr einen Etappensieg erreicht. So ist ein unabhängiges Gericht zu dem Schluss gekommen, dass XRP keine Wertschrift (Security) darstellen soll. Obschon dieser Entscheid richterliches Gewicht hat, bleibt eine gewisse regulatorische Unsicherheit vorerst bestehen. Dies deshalb, weil man sich in der Praxis über die Anwendung des Urteils angesichts eines Mangels an bestehender Rechtsprechung uneinig ist.
Darüber hinaus hat Ripple im vergangenen Jahr eine Plattform zu Emission von CBDCs lanciert. Ob diese Erfolg haben wird, steht noch aus. Gleichzeitig wird an neuen Entwicklungen, sowohl auf dem XRPL (Basis-Layer) als auch auf anderen Netzwerken, innerhalb des XRP-Ökosystems gearbeitet. Einen vertieften Einblick zu XRP liefert der Q3-Bericht von Messari.
Cardano: Wenig Licht am Ende des Tunnels?
Punkto Cardano kennt sich der Autor dieser Zeilen zugegebenermassen wenig aus. Aus anekdotischer Erfahrung lässt sich sagen, dass verschiedene ehemalige Cardano-Bullen dem Projekt den Rücken gekehrt haben und nun auf Ethereum-Layer-2-Technologien ihre Projekte umsetzen. Einige Analysten sind sogar der Überzeugung, dass Cardano 2024 (endlich) in der Versenkung verschwinden wird und eine neue UTXO-EVM-Blockchain ihren Platz einnehmen wird. Wer sich dennoch etwas detaillierter mit dem Projekt auseinandersetzen möchte, dem sei ebenfalls der Q3-Bericht von Messari empfohlen.
Avalanche und TradFi – haben sich hier zwei gefunden?
AVAX gehörte zu einem der Gewinner im letzten Quartal von 2023. So konnte Avalanche eine Steigerung bei der GameFi- und NFT-Aktivität verzeichnen. Die grössten Fortschritte scheint die Layer-1-Blockchain aber vor allem im Bereich der Real-World-Assets (RWAs) zu machen. In einem Pilotprojekt namens «Project Guardian» wurde Avalanche gleich von mehreren Bankgiganten als unterliegende Blockchain ausgewählt. Die Citi-Bank soll über Avalanche bilateral Devisengeschäfte (FX) getestet haben, während J.P. Morgan die Blockchain in der Fonds-Tokenisierung verwenden möchte.
Polkadot: der stille Schaffer
Polkadot hat eine Priorität: die möglichst starke Dezentralisierung seines Netzwerkes. Wie ersichtlich ist, gelingt dies bislang gut. So verfügt Polkadot aktuell über den zweithöchsten Nakamoto-Koeffizienten (ein Indikator zur Messung struktureller Dezentralität) aller Proof-of-Stake-Blockchains. Zwar wird aus Sicht der DOT-Community immer wieder kritisiert, man würde als Gesamtökosystem zu wenig Marketing betreiben und so das Potenzial nicht gänzlich ausschöpfen. Die Devise ist und bleibt aber: Mit der fähigen Entwickler-Gemeinschaft (nach Ethereum einer der besten) setzt man vorerst lieber auf die Weiterentwicklung des Netzwerkes – Polkadot 2.0 (unter dem Governance-Model «OpenGov») ist in vollem Gang. Fun Fact zum Schluss: DOT ist neben BTC eines der wenigen Krypto-Assets, das von der US-Börsenaufsicht an keiner Stelle als Wertschrift aufgeführt worden ist. Mehr zur 2024 Roadmap findet sich hier.
Tron: das Enfant terrible, das immer wieder verblüfft
Die Tron-Blockchain ist zur Top -Abwicklungsinfrastrukur für Stablecoins aufgestiegen und zählt zudem die meisten aktiven Nutzer pro Tag aller öffentlichen Blockchains. Das ist beachtlich. Von der zunehmenden Akzeptanz des USDT-Stablecoins vor allem in Schwellenländern, wird die Tron-Blockchain auch künftig profitieren – aktuell sind Stablecoins auf Bitcoin nämlich noch inexistent oder kaum konkurrenzfähig. Nichtsdestotrotz bleibt bei Tron ein mehr als schaler Beigeschmack: Die Blockchain und damit auch das Asset ist viel zu stark mit seinem doch zwielichtigen Gründer «Justin Sun» verworren. Dieser ist zu undurchsichtig und Regulatoren zählen sicher nicht zu seinen grössten Freunden.
Polygon: General Upgrade steht an
Polygon ist nach Tron und BNB jene Blockchain mit den meisten aktiven Nutzern pro Tag. Im Verlauf von 2024 soll die Blockchain mit dem Übergang zu Polygon 2.0 eine neue Form annehmen. Dabei sollen sogenannte Zero-Knowledge Proof (zkEVM) match-entscheidend sein. Auch soll es mit dem Wechsel von MATIC zu POL einen neuen Basis-Token geben. Unter anderem ist auch ein Burn-Mechanismus wie bei Ether (EIP-1559) vorgesehen. Ebenso dürfte Polygon von der Einführung von EIP-4844 bei Ethereum profitieren und so schnellere Transaktionen erhalten.
Chainlink – Everybody’s DeFi-Darling
Es gibt wohl kein anderes Projekt, das auf X (ehemals Twitter) und in der breiten DeFi-Community so beliebt ist wie Chainlink. Das verwundert auch nicht, ist doch Chainlink noch immer der grösste Oracle-Anbieter in der DeFi-Welt – Konkurrenz gibt es nur wenig und die ist verhalten (zum Beispiel: Tellor oder Band). Regelmässigen Untersuchungen von On-Chain-Analysten zufolge sollen es vor allem auch Ethereum-Wale auf LINK abgesehen haben. Angesicht dieser Lorbeeren hat die Preis-Performance des Projektes in den Augen vieler bislang eher enttäuscht. Sollte Ethereum sowie sein erweitertes Layer-2-Ökosystem jedoch dieses Jahr Aufwind erhalten, könnte auch Chainlink mitprofitieren.
Internet Computer: Wie der Phönix aus der Asche?
Gegen Ende 2023 hat Dfinity, oder besser der Preisanstieg des Dfinity-Coins ICP, für Aufmerksamkeit gesorgt. Dfinity ist eines der vielen Dino-Projekte der Kryptowelt. Getragen von scheinbar unerschöpflichen Finanzen und vielen intelligenten Köpfen wie Informatikern, Kryptografen und anderen Forschern der ETH Zürich, hat sich das ICP-Ökosystem konstant weiterentwickelt. Heute sind über 184 Projekte auf dem Internet Computer live. Das Wachstum des Internet Computers (Netzwerkes) ist eindrücklich. Identitäts-, Social Media-, Cloud-, Website-Lösungen und mehr bauen direkt on-chain und nutzen hierfür die «Canister»-Technologie von Dfinity. Auch hat die Stadt Lugano verkündet, dass sie unter anderem auf den Internet Computer (ICP) setzen will.
Litecoin: Langweilig, aber verhältnismässig stabil
Litecoin ist und bleibt der kleine Bruder von Bitcoin. Technologisch scheint das Projekt heute kaum mehr einen Nutzen zu haben. Zwar gilt Litecoin noch immer als das «digitale Silber» der Kryptowelt, doch gibt es heute längst andere Bitcoin-«Proxie» wie Bitcoin Cash, Bitcoin Layer-2s oder Ordinals-Projekte. Auch hat Litecoin seinen Halving-Event bereits hinter sich. Was man LTC dafürhalten muss: Aufgrund seiner langen Existenz und Geschichte beweist Litecoin immer wieder eine höhere Preis-Stabilität (gegen unten) als viele andere Kryptoprojekte.
Die Inhalte stellen weder eine individuelle Anlageempfehlung noch eine Einladung zum Kauf oder Verkauf von Krypto-Assets dar. Es gilt immer: DYOR (Do Your Own Research).