Zurück
payoff Blockchain Report

Bitcoin für Banker: Warum Bitcoin?

01.05.2021 6 Min.
  • Pascal Hügli
    Redaktor

Es gibt viele konkrete Gründe, weshalb sich Anleger, Vermögensverwalter und Banker für ein Bitcoin-Investment entscheiden sollten. Diese wollen wir jedoch zu einem späteren Zeitpunkt thematisieren.

Hier und heute geht es uns um das gesamtheitliche Bild. Um dieses besser verstehen zu können, sind wir angehalten, aus der Sicht auf die gegenwärtigen Begebenheiten etwas herauszuzoomen.

Mit Aufkommen des Industriezeitalters erlangte insbesondere eine Institution eine bemerkenswerte Vormachtstellung: der Nationalstaat. So vermochten Nationalstaaten überall auf unserem Planten – einige mehr, andere weniger erfolgreich – eine Dominanz über schnellwachsende Industrien zu erlangen. Dabei entwickelte sich eine Symbiose zwischen Wirtschaft und Staat. Letzterer sorgte für Unterstützung, entweder in Form finanzieller Fördermittel oder aber wirtschaftlicher Regulierung. Somit waren Grösse, Skalierungsfähigkeit und Effizienz für ein fortschreitendes Industriewirtschaftswachstum unabdingbare Erfolgsfaktoren und machten das Konzept des Nationalstaates daher unverzichtbar.

Gleichzeitig war es die Entstehung skalierter Industriezweige, deren kapitalintensive, immobilen Konzerne eine nationalstaatliche Territorialbesteuerung in Form von Einkommensteuer auf skalierbarem Niveau ermöglichten. Auf diese Weise verschmolzen Wirtschaftsleistung der Bürger mit Wirkungs- und Handlungsfähigkeit des Staates. Je tüchtiger die Wirtschaftsteilnehmer eines nationalen Wirtschaftsraums, desto lukrativer für den jeweiligen Nationalstaat.

Kampf der Währungen

Natürlich ist jeder Nationalstaat seit jeher darin bestrebt, die wirtschaftlichen Gegebenheiten für «seine» Wirtschaftsakteure möglichst attraktiv zu gestalten. Zur Förde- rung des eigenen wirtschaftlichen Vorteils wählten Staaten daher schon immer protektionistische Massnahmen. Doch stehen solche letztlich im Widerspruch zum Freihandel, dem sich die verschiedensten Nationalstaaten ebenfalls verschrieben sehen. Denn Freihandel bedeutet Globalisierung und diese wiederum bringt weltweite Konkurrenz, was Wirtschaftsräume und deren möglichen Pfründe unter Druck setzt.

«Zur Förderung des eigenen wirtschaftlichen Vorteils wählten Staaten daher schon immer protektionistische Massnahmen.»

Unlängst haben Nationalstaaten daher ein Instrument für weitaus subtileren Protektionismus entdeckt: die eigene nationale Währung. Mittels sogenannter kompetitiver Abwertung ihrer eigenen Währung sorgen Nationalstaaten dafür, dass ihre eigenen Preise international lukrativer werden und so Kapital angezogen werden kann. Der gewünschte Mechanismus dahinter: günstigere Preise führen zu steigenden Exporten, die wiederum neue Einkommen und somit Steuersubstrat schaffen.

Dem Anreiz, die eigene Währung zu entwerten, ist kaum zu widerstehen und hat über die vergangenen Jahrzehnte einen gegenseitigen Entwertungswettkampf zwischen den Nationalstaaten forciert. In einem realen Gut wie Gold bemessen haben denn auch alle staatlichen Währungen arg an Wert eingebüsst. Um im internationalen Währungskampf bestehen zu können, kommt es jedoch lediglich auf die relative Stärke an. Die wirklichen Leidtragenden dieser Politik sind die Sparer: Deren Ersparnisse in den Nationalwährungen verlieren real konstant an Wert, während sie in den meisten westlichen Staaten ohne Risiko heute kaum mehr an Rendite gelangen.

Umbruch im Digitalzeitalter

Der Grenznutzen und damit der Effekt immer weiterer geldpolitischer Interventionen sinkt stetig, während die Grenzkosten des Entwertungswettkampfs kontinuierlich steigen. Zeuge davon sind Überschuldung, aufgeblähte Zentralbankbilanzen, stockendes Wachstum der Realwirtschaft oder auch Zombieunternehmen. Folglich wird der Wirkungs- und Handlungsspielraum der Nationalstaaten ihre Währung als geopolitische Wirtschaftswaffe zu missbrauchen immer kleiner.

Der Aufstieg des Internets und der damit einhergehende technologische Fortschritt machen diese Situation für die Nationalstaaten nur noch schlimmer. Digitale Werkzeuge haben die globale Kommunikation, unabhängiges Arbeiten und flexibleres Leben vorangetrieben. Das «Abstimmen mit den Füssen» ist heute einfacher denn je. Mehr und mehr digitale Nomaden oder sogenannte «Perpetual Travellers», aber auch Millionäre kehren ihrer Heimat den Rücken, um anderswo zu besseren, günstigeren Konditionen zu leben.

Als globales Cybergeld kommt es ohne Gegenparteien- und Verwässerungsrisiko daher. In bisher ungekanntem Masse bietet die Kryptowährung die Möglichkeit des «Abstimmens mit dem Geld». Im Stil einer globalen Offshore-Bank zieht Bitcoin mehr und mehr Menschen, aber auch Institutionen an, die ihr Vermögen vor der Entwertung Fiats schützen wollen. Dass börsenkotierte Unternehmen wie MicroStrategy, Square oder Tesla Teile ihrer Cash-Reserven in Bitcoin anlegen, ist letztlich vor diesem Hintergrund zu sehen. Die Kryptosezession ist in vollen Gang.

Bittere Realität

Aus der Sicht eines Nationalstaats ist dieser Fortlauf beunruhigend. Die Fähigkeit, ihre eigene Währung manipulieren zu können, fusst letztlich auf einer effektiven Bewirtschaftung der eigenen Bürger. Diese leisten ihren Beitrag in Form von Steuern, welche als Fundament zur Ausgabe von Staatsschulden dienen. Letztere wiederum sind ein unverzichtbares Instrument der Zentralbanken, womit sie ihre Geldschöpfung auf der Aktivseite bilanzieren. Kommen den Staaten die Menschen, also ihr wichtigstes Asset abhanden, steigt das Risiko, dass das ganze traditionelle Kartenhaus implodiert.

«Gerade das würde Bitcoins «Raison d’Être» jedoch bekräftigen und das allgemeine Verlangen der Menschen nach der Kryptowährung intensivieren.»

Dass dieses über die vergangenen zwei Jahrhunderte gewachsene Setup aufgrund der Existenz Bitcoins heute bedrohter denn je zu sein scheint, erklärt auch das Unbehagen gegenüber dem Krypto-Asset. Zumindest unterbewusst glauben einige zu spüren, dass die Bitcoin-Adoption einer der letzten Nägel sein könnte, der gerade in den Sarg des Nationalstaats eingeschlagen wird.

Zu erwarten scheint daher, dass verschiedene Staaten aber auch supranationale Gebilde wie die Europäische Union in diesem möglichen Endspiel immer ohnmächtiger agieren werden. Eine Zunahme der finanziellen Repression dürfte wahrscheinlich sein. Neben steigendem Entwertungsdruck auf die nationalen Währungen könnten auch indirekte Kapitalverkehrskontrollen aller Art stärker in den Fokus rücken.

Offene Systeme gewinnen immer

Gerade das würde Bitcoins «Raison d’Être» jedoch bekräftigen und das allgemeine Verlangen der Menschen nach der Kryptowährung intensivieren. Das wiederum würde die Staaten in ihrem Vorgehen bestärken – eine sich selbst nährende Feedbackschleife also. Nur stellt sich die Frage: Mit dem besseren Ende für wen?

Wohl nicht für die Nationalstaaten und ihr Geldmonopol . Wie in unserem ersten Beitrag argumentiert, ist Bitcoins disruptives Potenzial mit jenem der Druckerpresse zu vergleichen. Diese brach das kirchliche Monopol auf das Schreiben, was letztlich dem Lesen, der Alphabetisierung und schliesslich der individuellen Bildung zum Durchbruch verhalf. Nachdem Gutenberg, der Erfinder der Druckerpresse, seine Bibel 1452 veröffentlicht hatte, versuchten kirchliche Behörden zwar noch Übersetzungen zu verbieten oder aber offizielle Lizenzierung dafür einzuführen. Auf lange Sicht betrachtet, war das jedoch alles vergebens.

«Wie die Kirche werden auch die Staaten nicht verschwinden.»

Als offenes System ist Bitcoin wie das Internet selbst nicht zu schlagen. Mit dem Sog und der Innovationskraft, die von einem solchen erlaubnisfreien System ausgehen, wird das auf Nationalstaaten basierende traditionelle System nicht mithalten können. Wie die Kirche werden auch die Staaten nicht verschwinden. Doch werden sie ihre aktuell hohe Relevanz sowie die Fähigkeit, das Geld zu manipulieren, einbüssen. Denn den Standard der Zukunft setzen Bitcoin und die de- zentrale Welt, die ihn umgibt. Je früher man sich mit dieser Tatsache anzufreunden weiss, desto besser für das eigene Portfolio.

Weitere News aus der Rubrik

Unsere Rubriken