Einführung zum Staking: Teil 2
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Pascal Hügli
Inhaber
Insight DeFi Content Agency -
Ralph Hofacker
Co-Founder und Co-CEO
Brick Towers
Im ersten Teil haben wir uns mit den Grundzügen des Staking befasst und dessen Bedeutung für Blockchains erklärt. In diesem zweiten Teil widmen wir uns nun den Vorteilen sowie den Risiken für Anleger. Darüber hinaus gehen wir darauf ein, wie Investoren bei der Auswahl eines Staking-Anbieters vorgehen sollten, um eine fundierte Entscheidung zu treffen.
Vorteile für Anleger
Staking bietet Anlegern die Möglichkeit, mit ihren gehaltenen Krypto-Assets passives Einkommen zu erzielen. Anstatt Coins einfach ungenutzt in einer Wallet aufzubewahren, können sie durch Staking im Netzwerk hinterlegt werden. Dadurch erhalten Anleger zusätzliche Belohnungen (Staking Rewards) in Form neuer Coins, ohne die ursprüngliche Investition zu verkaufen. Dies fördert nicht nur den Vermögensaufbau, sondern ermöglicht auch eine Teilnahme am Konsensmechanismus des Netzwerks, was langfristig durch potenzielle Wertsteigerungen der Coins lukrativ sein kann.
Ein entscheidender Vorteil gegenüber Mining ist, dass Staking keine teure Hardware erfordert. Während Mining oft kostspielige Ausrüstung und hohe Stromkosten mit sich bringt, benötigt man für das Staking keine spezialisierte Hardware, sondern lediglich eine kompatible Wallet und die entsprechenden Coins. Dies senkt die Einstiegshürden erheblich. Zudem ist Staking energieeffizienter als Mining, da es ohne ressourcenintensive Berechnungen auskommt. Anleger, die Wert auf Nachhaltigkeit legen, finden im Staking daher eine umweltfreundlichere Alternative.
Eine Besonderheit des Stakings ist es, den Investor vor Verwässerung zu schützen. Wer nicht am Staking teilnimmt, riskiert eine schleichende Wertminderung seines Investments, da die kontinuierliche Ausgabe neuer Coins zur Belohnung von «Stakern» die Gesamtmenge der Coins erhöht und somit den relativen Anteil ungestakter Bestände verringert.
Staking zeichnet sich auch durch seine Flexibilität aus. Viele Blockchains bieten unterschiedliche Modelle, bei dem Coins trotz Staking teilweise handelbar bleiben. Diese Vielfalt erlaubt es Anlegern, ihre Strategie individuell anzupassen. Die verschiedenen Staking-Arten lassen sich mit «Risikostufen» vergleichen, die man aus der traditionellen Welt der strukturierten Finanzen kennt:
- Native Staking (Protokoll nah): niedriges Risiko, regelmässige Erträge
- Liquid Staking (Flexibilität durch Derivat Token): moderates Risiko, mehrfache Nutzung gestaketer Assets
- Restaking (mehrfache Verpfändung der eingesetzten Besicherung): erhöhtes Risiko, zusätzliche Renditen
Was sind die Risiken für den Investor?
Die Aufteilung in verschiedene Risikostufen lässt bereits erahnen, dass das Staking auch mit Risiken verbunden ist. Im Folgenden wollen wir hauptsächlich auf vier verschiedene Risiken des nativen Stakings eingehen. Diese sind:
- Kursrisiken: Während der Sperrfrist können die Kurse der gestakten Coins sinken (mit Liquid-Staking-Token (LSTs) lässt sich dieses Risiko minimieren). Da Belohnungen in nativen Coins ausgezahlt werden, kann ein Kursverfall die Rendite in Fiat-Währung mindern. Besonders in volatilen Märkten ist dieses Risiko nicht zu unterschätzen.
- Eingeschränkte Liquidität: Viele Staking-Mechanismen erfordern Lock-Up-Perioden, während derer die Coins nicht handelbar sind (Opportunitätskosten). In dynamischen Marktsituationen kann dies Anleger daran hindern, schnell zu reagieren.
- Abhängigkeit von Validatoren: Wer das Staking delegiert, ist auf die Leistung des Validators angewiesen. Fehler oder ineffizientes Arbeiten des Validators können die Belohnungen reduzieren (Penalities) oder – im schlimmsten Fall – zu einem Verlust der gestakten Coins führen (Slashing).
- Inflation: Staking-Belohnungen erhöhen die Gesamtmenge an Coins im Umlauf. Dies kann zu einer Verwässerung führen, wodurch die tatsächliche Rendite hinter der nominalen bleibt.
Insgesamt zeigen diese Risiken, dass Staking trotz der potenziellen Vorteile gut durchdacht und an die eigenen Anlageziele angepasst sein sollte. Eine umfassende Recherche über die jeweilige Blockchain, den Staking-Mechanismus sowie die Auswahl eines zuverlässigen Staking-Providers (Validator) ist daher unerlässlich.
Welche unterliegende Blockchain wähle ich?
Die Wahl der Blockchain ist ein zentraler Faktor beim Staking, da sie direkt die potenziellen Renditen, Risiken und die langfristige Stabilität der Investition beeinflusst. Drei wesentliche Kriterien helfen bei der Entscheidungsfindung: Geldpolitik, Netzwerksicherheit und Dezentralität.
Die Geldpolitik einer Blockchain spielt eine entscheidende Rolle, da sie die reale Staking-
Rendite bestimmt. Es geht dabei also um die entsprechende Tokenomics. Blockchains mit einer stabilen und durchdachten Geldpolitik bieten tendenziell verlässlichere Renditen und minimieren das Risiko einer Verwässerung des Investments durch übermässige Inflation.
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Sicherheit des Netzwerks, die oft mit der Marktkapitalisierung des entsprechenden Coins verknüpft ist. Blockchains mit einer hohen Marktkapitalisierung gelten in der Regel als sicherer, da sie besser gegen Manipulationen oder Angriffe geschützt sind. Eine starke Marktkapitalisierung signalisiert Vertrauen der Marktteilnehmer und eine breitere Akzeptanz des Netzwerks.
Die Dezentralität der Blockchain kann ebenfalls ein entscheidender Faktor sein. Sie wird oft durch den Nakamoto-Koeffizienten gemessen, der angibt, wie viele unabhängige Akteure notwendig sind, um die Kontrolle über das Netzwerk zu erlangen. Ein hoher Koeffizient deutet auf eine stärkere Dezentralisierung hin, was das Netzwerk robuster und widerstandsfähiger gegenüber zentralisierten Angriffen oder Manipulationen macht. Ein niedriger Koeffizient hingegen weist auf eine stärkere Zentralisierung hin, die das Netzwerk anfälliger machen kann.
Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass die Berechnung des Nakamoto-Koeffizienten in der Praxis nicht einheitlich ist. Unterschiedliche Quellen können zu abweichenden Ergebnissen kommen. Daher sollten solche Werte mit einer gesunden Portion Vorsicht interpretiert und idealerweise mit anderen Indikatoren kombiniert werden. Zwei Quellen sind:
- Nakaflow
- Blockchain Lab der Universität von Edinburgh
Wie wähle ich einen Staking-Provider?
Auch die Wahl des richtigen Staking-Providers ist letztlich ein wesentlicher Schritt, um optimale Erträge zu erzielen und gleichzeitig das Risiko zu minimieren. Dabei spielen sowohl finanzielle als auch technische Kriterien eine Rolle.
Ein zentraler Indikator für die Qualität eines Validators auf der Ethereum- oder Solana-Blockchain ist der sogenannte Validator Effectiveness Score (oder auch RAVOR Score), der beispielsweise auf Plattformen wie www.rated.network eingesehen werden kann. Dieser Score misst, wie viel Prozent der maximal möglichen Belohnungen ein Validator durch das Vorschlagen von Blöcken (Block Proposal Rewards) und das Bestätigen von Transaktionen (Attestation Rewards) tatsächlich erzielt. Ein hoher Score zeigt, dass der Validator effizient arbeitet und seine Konsenspflichten zuverlässig erfüllt. Dies ist besonders wichtig, um sicherzustellen, dass die eigenen gestakten Coins optimal genutzt werden.
Ein weiterer Aspekt ist das Staking von Coins mit unterschiedlichen Staking-Providern, um das Risiko gegenüber einem Staking-Provider zu diversifizieren. Des Weiteren ist es wichtig, die Kostenstruktur des Staking-Providers sorgfältig zu prüfen. Die Gebühren (oft zwischen 4% und 15% der Belohnungen, es gibt also grosse Unterschiede) sind in den meisten Fällen transparent, können jedoch versteckte Kosten enthalten. Ein Blick ins Staking-Services-Agreement hilft, böse Überraschungen zu vermeiden.
Darüber hinaus ist es ratsam, einen zertifizierten Staking-Provider zu wählen. Zertifizierungen wie SOC-2 (Typ I und Typ II) oder der europäische Standard ISO 27001 garantieren, dass der Provider hohe Standards in Bezug auf IT-Sicherheit, Verfügbarkeit, Vertraulichkeit und Integrität erfüllt. Solche Zertifizierungen geben Anlegern zusätzliches Vertrauen, dass der Validator professionell und zuverlässig arbeitet.
Durch die Berücksichtigung dieser Faktoren – Effizienz, technische Resilienz, Gebührenstruktur und Sicherheitsstandards – können Anleger sicherstellen, dass sie einen Staking-Provider wählen, der sowohl hohe Renditen als auch grösstmögliche Sicherheit bietet.
Wichtiger Hinweis
Die dargestellten Vorteile und Risiken für Investoren beziehen sich auf das Staking, das entweder direkt auf der Blockchain oder über einen Dienstleister erfolgt. Natürlich gibt es auch in der traditionellen Finanzwelt Produkte und Emittenten, die diese Aktivität abstrahieren, indem sie das Coin-Exposure und die Staking-Funktion in eine Schuldverschreibung (z. B. ein Tracker-Zertifikat) oder ein ETP einbetten. Der Vorteil solcher Produkte liegt darin, dass sie, wie jedes andere Investment, ausschliesslich auf das finanzielle Exposure abzielen, ohne dass der Investor sich direkt mit Coins oder dem Staking auseinandersetzen muss. Allerdings gehen sie in der Regel mit einer niedrigeren Rendite und höheren Gebühren im Vergleich zum nativen Staking einher.
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Co-Autor Ralph Hofacker ist Co-Founder und Co-CEO von Brick Towers, einem institutionellen Staking-Provider, der Banken, Versicherungen und Finanzdienstleistern Infrastruktur für digitale Vermögenswerte bietet. Zuvor war er über 15 Jahre in der Finanzbranche tätig, unter anderem als Berater für Banken und Aufsichtsbehörden sowie als Product Owner bei Leonteq.
Drei kurze Fragen an den Experten Ralph Hofacker
Wo kann ich das Staking-Potenzial der einzelnen Blockchains einschätzen? Für einen ersten Überblick bietet die Website Staking Rewards umfassende Informationen zu Staking-Möglichkeiten und verifizierten Validatoren. Für vertiefte Einblicke können Sie sich an Spezialisten wie Brick Towers wenden, die Vermögensverwalter und Banken bei der Entwicklung und Umsetzung von Digital-Asset-Strategien unterstützen.
Wie gehe ich vor, wenn ich selbst staken möchte?
Entscheidend sind Faktoren wie viel gestaked werden soll, die Liquiditätsanforderungen und die Wahl zwischen Eigenverwahrung oder einem Staking-Anbieter. Für das Setup mit einem Ledger Hardware Wallet und nativem oder liquid Staking haben wir eine Anleitung erstellt. Die Guidelines finden Sie hier.
Das Restaking soll die Möglichkeit für hohe, zusätzliche Belohnungen bieten. Was ist davon zu halten?
Restaking ist eine Möglichkeit, die Sicherheit des Coins der zugrundeliegenden Blockchain für zusätzliche Netzwerke als Sicherheitspfand zu hinterlegen und dafür zusätzlich zum nativen Staking Reward weitere Belohnungen von diesen Netzwerken zu erhalten. Damit gehen jedoch höhere Risiken einher, die zum jetzigen Zeitpunkt noch schwer einzuschätzen sind. Wir beobachten diese Entwicklung genau und empfehlen, abzuwarten, bis sich mehr Klarheit über die Skalierbarkeit und das Verhalten in unterschiedlichen Marktsituationen ergibt.