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payoff Blockchain Report

Bitcoin für Banker: Wo liegt Bitcoins Use Case?

18.08.2021 7 Min.
  • Pascal Hügli
    Redaktor

Auch nach über 12 Jahren der Existenz tun sich viele Menschen noch immer schwer damit, in Bitcoin einen wirklichen Use Case zu sehen.

So habe man mit der Kryptowährung zwar viel Geld verdienen können, doch sei die Preisentwicklung von purer Finanzspekulation getrieben. Bitcoin fehle schliesslich noch immer der Anwendungsfall und wirke wie eine Lösung, die noch immer auf der Suche nach einem Problem sei, so die allgemein verbreitete Kritik.

So populär diese Kritik noch immer ist, so verkürzend ist sie zugleich. Das fehlende Verständnis für potenzielle Anwendungsfälle rührt hauptsächlich daher, nicht zu verstehen, womit wir es überhaupt zu tun haben: Es handelt sich bei Bitcoin um einen Vermögenswert ebenso wie um ein Netzwerk. In der Beurteilung eines möglichen Anwendungsfalles gilt es demnach, Bitcoin der Vermögenswert sowie Bitcoin das Netzwerk separat für sich betrachtet zu evaluieren. An dieser Stelle schon einmal vorwegzunehmen ist: Bitcoin der Vermögenswert zielt auf den Use Case der Werterhaltung ab, während Bitcoin das Netzwerk dessen Zahlungsmittelfunktion erfüllen soll.

Als geeignetes Wertaufbewahrungsmittel – und damit als Vermögenswert – scheint Bitcoin denn auch immer attraktiver zu werden. Die intellektuelle Rückendeckung von Bit- coin als digitalem Gold durch namhafte Makro-Investoren und Hedgefonds-Manager wie Paul Tudor Jones, Stanley Druckenmiller, Ray Dalio oder Cathie Wood hat dem Wertaufbe- wahrungsargument mächtig Schub verliehen. Sie alle stehen offen und ehrlich dazu, dass sie Bitcoin unter anderem Inflationsschutz attestieren und das Krypto-Asset als eine der besten asymmetrischen Chancen unserer Zeit einschätzen.

Das Primat der 21 Millionen

Diese Überzeugungen kommen nicht von ungefähr, sondern entstammen letztlich dem Diktat Bitcoins, auf maximal 21 Millionen Bitcoin-Einheit beschränkt zu sein. Diese ab- solute digitale Knappheit ist es, die manch ei- nen Investor zum Schwärmen bringt, so auch einer der reichsten Menschen Mexikos, Ri-
cardo Salinas Pliego, wie dieses Video zeigt.

Und das absolut zurecht. Bitcoins Geldpoli- tik ist klar definiert und in Stein gemeisselt. Niemals wird es innerhalb des Bitcoin-Netz- werkes mehr als 21 Millionen Bitcoin-Einheiten geben. Ein Bitcoin bleibt somit immer ein Bitcoin. Aufgrund der Nicht-Inflationierbarkeit des Krypto-Assets hat man als Bitcoin-Inhaber keine Verwässerung zu befürchten. Der Bitcoin-Anteil, den man besitzt, bleibt relativ zur Gesamtheit stets gleich. Bitcoins Geldpolitik beruht auf algorithmisch festgelegten Parametern und ist somit perfekt vorhersehbar, regelbasiert und weder ereignis- noch emotionsgesteuert. Daraus folgt: Bitcoin als Vermögenswert ist in seiner Geldpolitik nicht manipulierbar. Diese Tatsache schafft Vertrauen und bestärkt jene, die Bitcoin aus diesem Grund als wertvolles Wertaufbewahrungsmittel ansehen und halten.

Ein häufig gehörtes Gegenargument in diesem Zusammenhang ist: Bitcoin als Vermögenswert ist zwar nicht manipulierbar – dessen Preis dafür umso mehr. Dass Einzelmasken wie Elon Musk den Bitcoin-Preis derart stark beeinflussen können, spräche nicht gerade für Bitcoin, so die Kritiker. Auch könne ein Asset, das innert weniger Wochen bis zu 50% seines Preises einbüsst, kaum als guter Wertspeicher angesehen werden.

Der ultimative Risk-Off-Vermögenswert

Wer allerdings die Preis-Volatilität heranzieht, um damit die Fähigkeit der Wertspeicherung eines Vermögenswertes infrage zu stellen, begeht einen Kategorienfehler. Der Preis ergibt sich aus einem zugrunde liegenden Wert – nicht umgekehrt. Wie Warren Buffet schon wusste: «Der Preis ist, was man bezahlt. Der Wert ist, was man erhält.» Wer also nach einem Wert sucht und diesen findet, der weiss, woran er «werttechnisch» bei einem Vermögenswert ist. Durch das Halten von Bitcoin erhält man einen Vermögenswert, dessen Wert gerade darin besteht, als Vermögenswert in Quantität und Qualität unveränderbar zu sein. Diese Eigenschaften machen den Wert von Bitcoin als Vermögenswert aus, lassen ihn beständig sein und schaffen beste Voraussetzungen für einen vorzüglichen Wertspeicher.

Weil der Preis von Bitcoin heute gemeinhin in US-Dollar bemessen wird, kann dieser na- türlich schwanken. Der Wert von Bitcoin dagegen ist bislang aber stets der gleiche geblieben. Deshalb sind bisherige Preiskorrekturen nach unten über einen Zeithorizont von ein paar Jahren auch stets durch überkompensierende Preiskorrekturen nach oben korrigiert worden.

Angesichts der Tatsache, dass die US-Dollar-Geldmenge – und die Geldmenge anderer nationaler Währungen – stetig wächst, sind immer weitere Preiskorrekturen nach oben auch in Zukunft überaus wahrscheinlich. Denn der Wert von Bitcoin – seine Knappheit als Vermögenswert – wird durch eine stetigwachsende Geldmengenausweitung noch kräftiger bestätigt. Um es in der Sprache eines Traders auszudrücken: Bitcoin ist gegenwärtig ein «Risk-On-Asset». Das Krypto-Asset verhält sich allerdings genau deshalb so, weil es im globalen Wettstreit steht, das ultimative «Risk-Off-Asset» zu werden. Wer diese Eventualität heute sieht und ihr eine Wahrscheinlichkeit von grösser null beimisst, der kann Bitcoin gegenüber nicht vollkommen verschlossen sein.

Schnell wie der Blitz

Auch wenn immer mehr Leute Bitcoin zugestehen, dass sich das Krypto-Asset als Gold 2.0 etabliert, eine Restskepsis bleibt gemeinhin bestehen. So wird argumentiert, dass Bitcoin als blosses Wertaufbewahrungsmit- tel keinen wirklichen Nutzen hat. Vergessen geht dabei jedoch: Wer Bitcoin hält – in der Bitcoin-Sprache auch «hodln» genannt –, der nutzt Bitcoin sehr wohl – und zwar um Zeit zu überbrücken. Bitcoin-Halter nutzen das Krypto-Asset, um Wert – man könne auch sa- gen Arbeitsleistung – über die Zeit zu transferieren.

Dank seiner digitalen Natur eignet sich Bitcoin allerdings genauso gut dazu, um Wert über Wegdistanzen hinweg zu transferieren. Bitcoin ist schliesslich pure Information und kann daher grundsätzlich mit Lichtgeschwindigkeit bewegt werden. Möglich macht dies das sogenannte Lightning-Netzwerk, ein skalierbares Zusatzprotokoll auf der Grundlage der Bitcoin-Blockchain. Seit einigen Wochen schon erlebt dieses Bitcoin-Netzwerk einen signifikanten Wachstumsschub.

Bitcoin, die über das Lightning-Netzwerk verschickt werden, machen ihrem Namen alle Ehre. Das Ganze ist so schnell wie der Blitz. Dieses technologische Upgrade macht Bitcoin technisch für die Zahlungsmittelfunktion fit. Der Einwand, der auch hier ins Feld geführt wird, ist die Volatilität. Aufgrund immer wiederkehrender Bitcoin-Preisschwankungen wird sich Bitcoin der Vermögenswert kaum als Zahlungsmittel durchsetzen.

Das ungemeine Potenzial eines globalen monetären Netzwerkes

Das muss er auch nicht. Bitcoin soll als Zahlungsmittel fungieren, ohne Zahlungsmittel sein zu müssen. Wie soll das funktionieren?
Möglich macht dies das Lightning-Netzwerk. So eröffnet Lightning eine Menge von Zahlungsoptionen, ohne dabei zwingend auf Bitcoin als Vermögenswert angewiesen zu sein. Über das Lightning-Netzwerk lassen sich Zahlungen in allen möglichen nationalen Währungen abwickeln, ohne der Preis-Volatilität von Bitcoin ausgesetzt zu sein. Eine staatliche Währung kann in Bitcoin umgetauscht werden. Diese Bitcoin können als nativer Vermögenswert direkt über das Lightning-Netzwerk in Sekundenschnelle um die Welt an eine Empfängeradresse verschickt werden und schliesslich am Ort des Empfängers wieder in Dollar, Euro, Yen oder eine andere nationale Währung zurückgetauscht werden.

Aufgrund der Unverzüglichkeit des Lightning-Netzwerkes fällt die Volatilität von Bitcoin gegenüber staatlichen Währungen kaum ins Gewicht. Als offenes, erlaubnisfreies monetäres Netzwerk ist Bitcoin nicht zuletzt wegen seiner minimalen Infrastrukturerfordernisse für Nutzer bereits heute weltweit verteilt. Auch steigt die weltumspannende Liquidität von Bitcoin als Vermögenswert, da die Anzahl von Bitcoin-Handelsbörsen und Bitcoin-ATMs kontinuierlich wächst.

Erste Fintech-Lösungen wie Strike machen sich dieses globale monetäre Netzwerk und dessen Vorzüge bereits zunutze. In El Salvador, wo Bitcoin erst kürzlich zum gesetzlichen Zahlungsmittel erklärt worden ist, soll diese Lösung als erste Initiative der Massenadoption Verwendung finden. Wie es sich für das 21. Jahrhundert gehört, soll sich Geld endlich frei, kostengünstig und instantan bewegen können. Und was nicht transferiert, sondern gespart wird, soll darüber hinaus in der besten aller Spartechnologien gehalten werden können. Beides bietet Bitcoin. Soll also einer sagen, Bitcoin hätte keine Use Cases …

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