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payoff Learning Curve

Constant Leverage-Zertifikate für Auf- oder Abschwünge

16.06.2015 7 Min.
  • Dieter Haas

Seit 2012 ist der Produkttyp dank der Commerzbank hierzulande etabliert. Dank ihres konstanten Hebels bieten sie überdurchschnittliche Gewinnchancen bei kräftigen Kursbewegungen.

Etablierter Markt in der Schweiz und Deutschland

Pionier im Schweizer Markt war die UBS. Sie führte im Jahre 2009 zweifach gehebelte Long- und Short-Zertifikate auf die Edelmetalle Gold und Silber auf Rohöl der Sorte WTI sowie auf den Swiss Market Index (SMI2L bzw. SMI2S) ein. Danach tat sich lange nichts mehr. Erst als im Jahre 2012 die Commerzbank Faktorzertifikate auf verschiedene Basiswerte, von Einzelaktien über Rohstoffe und Zinsen bis hin zu Volatilitätsfutures, emittierte, begann die Geschichte Fahrt aufzunehmen. Mit der Royal Bank of Scotland kam noch im selben Jahr ein dritter Emittent hinzu. Der definitive Durchbruch gelang 2014 mit dem Eintritt der Bank Vontobel. Sie lancierte auf einen Schlag eine vergleichbare Anzahl an CLCs wie die Commerzbank und verhalf so dem Produkttyp zur notwendigen Marktbreite. Anfang Mai waren 1318 CLCs an der SIX Structured Products Exchange gelistet. In Deutschland ist das Angebot grösser. Hier teilten sich am 5. Mai 2015 sieben Emittenten (Commerzbank, Deutsche Bank, Raiffeisen Centrobank, Hypo Vereinsbank, HSBC Trinkaus & Burkhardt, DZ Bank und Bank Vontobel) eine Gesamtzahl von 3‘517 Faktorzertifikaten. Die höhere Anzahl geht in Deutschland einher mit einer stärkeren Nachfrage im Vergleich zur Schweiz.

Das Konzept

Der Grundmechanismus ist einfach und transparent. Ein Constant Leverage-Zertifikat multipliziert den täglichen prozentualen Gewinn oder Verlust des Basiswertes mit einem vordefinierten Faktor. Am häufigsten sind Multiplikatoren von 1 bis 4 erhältlich. Inzwischen werden aber auch CLCs mit höheren Multiplikatoren offeriert. Bei Aktien liegt die aktuelle Obergrenze bei zwölf. Zinsprodukte können wegen der kleinen Schwankungen deutlich stärker gehebelt werden. Bei kurzfristigen Zinsen (3M EURIBOR) gibt es daher sogar CLCs mit einem Hebel von 40.

Die Funktionsweise

Wenn der SMI um 1% zulegt, verteuert sich z.B. ein Long-CLC mit Hebel 4 um 4%, während das entsprechende Short CLC 4% verliert. Vermindert wird diese Performance durch eine Indexgebühr. Im Falle von CBWDN beträgt sie 0,50% p.a., während das ebenfalls vierfach gehebelte FI4LSM 1,0% p.a. an Indexgebühr verrechnet. Die Zinskomponente für den Hebel mindert den Wert von Long-Derivaten zusätzlich, während Short-Produkte davon profitieren. Bei kurzer Haltedauer sind diese Komponenten allerdings vernachlässigbar, zumal wegen des Tiefzinsumfelds der Zinsaspekt derzeit praktisch wegfällt.

Einfache Suche

Anleger müssen sich vor jedem Kauf eines Warrants mühsam durch Listen kämpfen, um das optimale Derivat bezüglich Laufzeit, Strike und impliziter Volatilität zu finden. Ähnlich verhält es sich mit Mini-Futures und Knock-Out-Warrants, deren Hebel sich je nach Abstand des Basiswertkurses zum Knock-Out laufend verändern. Diese Probleme stellen sich bei CLCs nicht, denn die Produkte sind unabhängig von der impliziten Volatilität. Sie weisen keine Knock-Out-Schwellen auf und haben keine Laufzeitbeschränkung. Entsprechend kann mit einer sehr übersichtlichen Produktpalette operiert werden. Neuemissionen wegen veränderten Marktbedingungen sind nur dann nötig, wenn der Basiswert sich lange Zeit in eine Richtung entwickelt oder eine endlose Seitwärtsphase durchläuft. In diesem Falle kann ein CLC wertmässig derart viel an Terrain verlieren, dass er unter eine kritische Schwelle von rund CHF 0.30 fällt. Ab diesem Zeitpunkt wird die Sache unattraktiv. Gemäss Andreas Stocker von der Commerzbank führt das zu folgender Problemstellung: Einerseits steigt der prozentuale Spread auf unhaltbare Höhen. So weist beispielsweise ein Faktor-Zertifikat, das zwei auf drei Rappen (Geld/Brief) notiert, einen Spread von einem Rappen bzw. 50% auf. Andererseits ist die Sensitivität des Produkts in diesen Kursniveaus sehr tief. In solchen Fällen fallen CLCs im Prinzip ausser Rang und Traktanden. Ihre Open-end-Laufzeit macht keinen Sinn mehr. Daher hat die Commerzbank etliche abgestürzte CLCs Ende März dekotiert (siehe Online-Interview auf www.payoff.ch – unter Rubrik wählen vom 17. März 2015) und beabsichtigt, inskünftig regelmässig Bereinigungen ihrer Palette durchzuführen.

Problem der Pfadabhängigkeit

Am Tagesende wird das Produkt neu ausbalanciert, was bedeutet, dass der Faktor nur innerhalb eines Tages präzise gilt. Beispiel 1 zeigt die Problematik auf. Gewinnt der SMI zwei Tage aufeinander gut 2%, oder insgesamt 4,20%, beträgt die Gesamtrendite des x2 Long-Faktorzertifikates 7,41% (etwas weniger als das Doppelte), während das x2 Short-Faktorzertifikat nur 7,26% verliert. Diese Ungenauigkeit resultiert aus der Tatsache, dass sich (sog. diskrete) Renditen nicht direkt addieren lassen. Während in diesem Beispiel der Investor nicht ganz das Zweifache der Performance erzielte, kann der Faktor vor allem bei länger anhaltenden Trends auch übertroffen werden. So stieg beispielsweise der SMI zwischen dem 3. März und dem 20. März 2015 auf Basis der Schlusskurse um 3,76%, während SMI2L um 10,53% zulegte. Ungünstig sind in der Regel schwankende Kurse des Basiswertes.

Im Beispiel 2 sinkt der Kurs des SMI innerhalb acht Tagen von CHF 8‘723.04 auf CHF 8‘057.54, um anschliessend in den nächsten 13 Tagen wieder auf CHF 8‘718.02 anzusteigen. Während der Inhaber eines SMI-Futures gesamthaft nahezu eine Nullperformance verbucht, verliert ein CLC an Wert – egal, ob long oder short. Je volatiler das Underlying und je höher der Hebel des Zertifikates ist, desto stärker wirkt sich dieser Effekt auf die Performance des Derivates aus.

Beispiel SMI

Ab Spätsommer 2012 sorgte der stetige Anstieg des SMI für eine starke Performance des CLC SMI2L, während sein Short-Pendant SMI2S massiv an Wert verlor. CLCs sind ideal, um auf Trends zu setzen. Je länger diese anhalten, umso stärker kann sich ein CLC entfalten. In der Regel sind Auf- bzw. Abwärtsbewegungen jedoch eher kurzer Natur. In solchen Fällen macht eine Buy and Hold-Strategie keinen Sinn.

Schutz vor Totalverlust

Eine weitere Besonderheit von Constant Leverage-Zertifikaten ist ein Mechanismus, der den Anleger vor einem Totalverlust schützt: Angenommen, der Preis eines Basiswertes fällt innerhalb von einem Börsentag um 25%, dann würde ein long CLC mit Hebel von 4 wertlos verfallen. Um dies zu verhindern, wird bei einer bestimmten Verlustschwelle des Underlyings (für CBWDM bei 20%) ein neuer Handelstag simuliert. Das bedeutet, dass der Inhaber des Zertifikates erst 4 x 20% verliert und danach 4 x 5%, was sich insgesamt in einem Verlust von 84% statt 100% niederschlägt. Das mag für so manchen Trader ein schwacher Trost sein, doch im Worst Case zählt bekanntlich jeder Rappen, den man nicht als Verlust verbuchen muss.

Perfektes Timing ist das A und das O

CLCs eignen sich trotz ihrer endlosen Laufzeit vor allem für die kurzfristige Spekulation (long und short) auf einzelne Basiswerte. Wenn auf stark volatile Underlyings gesetzt wird, ist die zeitliche Präzision von entscheidender Bedeutung. Bei Warrants, Mini-Futures oder Knock-out-Warrants ist der Verlauf des Basiswertes eher zweitrangig, sofern er sich nicht zu weit vom Strike entfernt oder den Stop-Loss nicht tangiert. Falls er am Ende den gewünschten Ort erreicht, spielt das Zwischengeplänkel nur eine untergeordnete Rolle. Ganz anders sieht das bei Constant Leverage-Zertifikaten aus. Hier ist die Vermeidung von Rückschlägen äusserst wichtig, denn diese wirken sich überproportional auf die Gesamtperformance des Derivates aus. Wer mit dieser Problematik umgehen kann und im Gegenzug die Zeitersparnis für die Produktsuche schätzt, findet in den CLCs eine attraktive Nische im Bereich der Hebelprodukte. Stimmt das Timing, dann geht mit ihnen in Windeseile die Post ab. «In der Kürze liegt die Würze.»

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