Zurück
payoff Learning Curve

Credit-Default-Swaps: Totgesagte leben länger

22.12.2014 4 Min.

Immer mehr Anleger greifen durch Investments in Referenzschuldner-Produkte implizit auf Credit-Default-Swaps zurück. Diese Kreditversicherungen haben eine bewegte Historie und der CDS-Markt hat sich signifikant gewandelt. Eine aktuelle Marktanalyse.

Erst «Rainmaker», dann Todgeweihte

Das Trading von Credit-Default-Swaps gehörte bis zum Herbst 2008 zu den lukrativsten Geschäften, die man sich in der Finanzwelt nur vorstellen konnte. Viele Finanzunternehmen freuten sich über sprudelnde Gewinne. Glücklich, wer in diesem Bereich mitmischen durfte. Die Boni-Entlöhnung der Credit-Trader war ebenfalls generös und die institutionellen Anleger rissen CDS und kreditgelinkte Wertschriften regelrecht aus den Händen. Doch Gier frass den Verstand. Ein Paradebeispiel ist der Finanzkonzern AIG. Dieser war im Rahmen von Credit-Default-Swaps als Protection-Seller Verpflichtungen von über USD 400 Milliarden eingegangen. 400 Milliarden, die AIG nicht besass. Summen, die kein Buchhalter in der AIG-Bilanz erfasste. Seit dem Kollaps des exzessiv gehebelten US-Hypothekarmarkts, samt Konkurs der beiden Investmentbanken Bear Stearns und Lehman Brothers, galten die einstigen «Rainmaker» als Todgeweihte.

Zweiteilung im Credit Markt

In der Tat hat sich der Markt für Credit-Default-Swaps radikal verändert. Die Abwicklung der Geschäfte hat inzwischen an spezialisierten Börsen bzw. Börsensegmenten zu erfolgen. Wildes, unreguliertes Over-the-Counter-Trading ist vorbei. «Durch das zentrale Clearing wird das Risiko von Notverkäufen von Derivatepositionen in Stresssituationen deutlich reduziert» erklärt Fachanwalt und CDS-Berater Andrea Platania in London. Parallel sind die ausstehenden Volumen von CDS seit dem Peak in 2007 mit knapp USD 60 Billionen auf jetzt USD 17.9 Billionen drastisch gefallen. Auch im Markt selbst ist seit geraumer Zeit eine Zweiteilung festzustellen: So wird auf der Investmentseite vermehrt via ETFs oder Structured Notes in breite CDS-Indizes mit vielen verschiedenen Obligationenschuldnern angelegt. Einzig für Arbitrage und explizites Hedging werden noch Single-Name-CDS verwendet. Zusätzlich, so zeigt eine im September 2014 publizierte Untersuchung von Prof. Martin Oehmke an der Columbia University und seinen Kollegen, werden Unternehmen mit grossen Emissionen und fragmentierter Emissionsstruktur (z. B. verschiedene Währungen und diverse Laufzeiten) mit deutlich höherer Wahrscheinlichkeit im CDS-Markt gehandelt. Für Anleihe-Emittenten mit geringem Platzierungsvolumen gibt es heutzutage oft keinen Single-CDS-Markt mehr.

Vermehrter Fokus auf Credit-Indizes

Passend zu dieser These verkündete vor zwei Wochen die Deutsche Bank den weitgehenden Ausstieg aus dem Single-CDS-Trading. Man werde sich «vermehrt auf Kreditindizes sowie Kreditbaskets» fokussieren. Ganz aufgeben will man nicht, dazu ist das Thema dann immer noch zu lukrativ. Ähnliche Töne kamen bereits vorher von den Mitbewerbern Barclays und Citigroup. «Kleinere Brötchen backen, die aber immer noch schmecken» so die neue Devise im Credit Trading. Hauptursache für den Teilrückzug ist die sinkende Marge. «Die Pflicht des Börsenclearings von Kreditderivaten verursacht neue Kosten, die zusätzlich beim Trading verdient werden müssen. Es werden deswegen aber sicher nicht weniger kreditgelinkte Produkte von den Banken offeriert» ist sich CDS-Experte Platania sicher. Das Pricing verteuere sich zwar etwas, doch der Renditehunger vieler Anleger macht die gezielte Hereinnahme von Kreditrisiken nach wie vor attraktiv. Auch im Lager der Indexanbieter gewinnt das Thema Credit-Indizes zunehmend an Fahrt. Bisheriger Platzhirsch markit und seine iTraxx-Indizes bekommen daher zunehmend Konkurrenz. So hat S&P Dow Jones Indices gemeinsam mit der Branchenvereinigung ISDA 19 verschiedene Kreditindizes aufgelegt, die Investoren vermehrt als Produkt-Underlying oder Portofolio-Benchmark dienen sollen.

Neue Zeitrechnung ab 2015

Eine neue Benchmark vertraglicher Natur wurde unterdessen in Stein gemeisselt: Mitte Oktober unterzeichneten 18 führende Investmentbanken das «ISDA Resolution Stay Protocol». Hinter dem sperrigen Namen verbirgt sich die Übereinkunft, dass wenn Bankenaufseher künftig ein kollabiertes Institut abwickeln, die mit Derivaten verbundenen Sicherheiten bis zu 48 Stunden unangetastet bleiben. Diese Regelung ist ab 1. Januar 2015 in Kraft und bezieht sich primär auf Credit-Default-Swaps. Damit sollen Zusammenbrüche grosser Finanzkonzerne künftig weniger chaotisch ablaufen und die Dominoeffekte abgemildert werden. Bisher durfte bei einem Credit Event, egal ob Too-Big-To-Fail-Bank oder Industrieunternehmen, der Protection Buyer unmittelbar seine Ansprüche auf die hinterlegten Sicherheiten (oder ein Cash-Collateral) geltend machen. Nun aber sollen diese Vermögenswerte vorübergehend unantastbar sein, was es einfacher machen könnte, einen Käufer für die betroffene Pleitebank zu finden. Kritiker sehen in der Vereinbarung jedoch reine Augenwischerei. Von Seiten der Regulatoren wurde bereits angekündigt, diese Regelung in das nationale Aufsichtsrecht zu übernehmen. Bis wann ist allerdings unklar. Die meisten Banken sind daher erst einmal froh, wenn die interne Task-Force das CDS-Clearing erfolgreich implementiert hat, denn der Handel mit Credit-Default-Swaps ist in der Gegenwart eine vitale Nische geworden. Klein, aber sehr lebendig.

Weitere News aus der Rubrik

Unsere Rubriken