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payoff Interviews

«Derzeit bieten wir neun ESG-Aktien- und Obligationen-ETFs an, in denen insgesamt EUR 3.3 Milliarden verwaltet werden.»

09.01.2020 5 Min.
  • Serge Nussbaumer, Chefredaktor

Marco Strohmeier ist Head of ETF, Indexing & Smart Beta Sales bei Amundi Schweiz. Dort verantwortet er insbesondere das Geschäft mit institutionellen Investoren, Privatbanken und Vermögensverwaltern. Zuvor war Marco Strohmeier fünf Jahre in verschiedenen Sales- und Führungs-Funktionen bei BlackRock/ iShares aktiv – zuletzt als stellvertretender Leiter des iShares ETF- und Indexing-Geschäfts in der Schweiz.

Wo legt Amundi seine Schwerpunkte in der Produktpalette?
Wir verstehen uns als strategischen Partner unserer Kunden. Das heisst, wir müssen den Puls der Anleger möglichst genau spüren und zeitnah die gewünschten Lösungen liefern. Flexibilität und Innovationskraft sind dabei wichtige Stärken. Wer die Rahmenbedingungen von Anlegern im aktuellen Börsenumfeld kennt, weiss, dass Kosten immer mehr an Bedeutung gewinnen. Mit der Lancierung unserer Prime-ETFs mit laufenden Kosten von 0.05% bieten wir die günstigste ETF-Palette auf Standard-Anlageklassen an. 2020 wird im Zeichnen von nachhaltigen Anlagelösungen und Obligationen stehen, wo wir unser Angebot ausbauen werden.

Sie haben im Jahr 2019 keinen neuen ETF an SIX Swiss Exchange eingeführt. Was waren die Gründe für die jüngste Zurückhaltung an der Schweizer Börse?
2018 haben wir in zahlreiche neue Produkte an der Schweizer Börse gelistet. Aber auch 2019 haben wir mit dem Amundi STOXX Global Artificial Intelligence UCITS ETF ein Produkt lanciert. Eine Notierung in der Schweiz ist nach wie vor die Voraussetzung, um ein Produkt für Privatkunden zu registrieren. Entsprechend planen wir bereits im Februar das Listing zweier neuer Themen-ETFs. Gleichzeitig haben viele unserer Kunden den Status eines qualifizierten Investors. Sie können also unsere ETFs an dem europäischen Börsenplatz handeln, der die jeweils beste Liquidität bietet.

Herr Strohmeier, nachhaltige Produkte sind derzeit der Megatrend der Branche. Was bietet Amundi Anlegern diesbezüglich an?
Derzeit bieten wir neun ESG-Aktien- und -Obligationen-ETFs an, in denen insgesamt EUR 3.3 Milliarden verwaltet werden. Die Produkte bilden die Indizes MSCI Low Carbon, MSCI SRI und Bloomberg Barclays MSCI ab. Während die nachhaltigen Aktien-ETFs die Anlageregionen Global, USA, Europa und Emerging Markets abdecken, beziehen sich die Obligationen-ETFs auf das Euro- und US-Dollar Bond-Universum. Da nicht jeder Anleger das gleiche Anlageziel oder die gleichen Tracking-Error-
Beschränkungen hat, bieten wir auch massgeschneiderte Produkte an, die allen spezifischen Anforderungen gerecht werden.

Bislang hat Amundi keinen ihrer ESGETFs an SIX Swiss Exchange gelistet. Sind diesbezüglich in nächster Zeit Neueinführungen geplant?
Wir setzen den Grossteil unserer neuen Produkte als «Hybridfonds» auf. Das heisst, innerhalb eines Fonds werden verschiedene Anteilsklassen angeboten – darunter
ETFs und Indexfonds. So können wir verschiedene Anlegerprofile bedienen und gleichzeitig das Gesamtvolumen in einem Fonds aggregieren. Dies erhöht für alle Investoren die Liquidität und senkt die Fixkosten. Dieses Konzept ist in Europa bereits etabliert und sollte auch in der Schweiz im kommenden Jahr eingeführt werden. Qualifizierte Anleger können aber bereits heute ohne Einschränkung auf unsere Produktpalette zugreifen.

Amundi überprüft die gesamte ESGPalette auf eine optimale ESG-Tauglichkeit. Wie wird dies in der Praxis umgesetzt?
Wir nutzen diverse Instrumente zur Förderung der Nachhaltigkeit. Zum Beispiel engagieren wir uns als Grossinvestor im Dialog mit Unternehmen für mehr Nachhaltigkeit und nehmen unsere Stimmrechte konsequent wahr. Auf Ebene unserer Produkte schliessen wir kontroverse Waffen systematisch aus. Bei nachhaltigen Produkten wollen
wir das ESG-Gesamt-Rating des Indexes durch Ausschlusskriterien wie Kohle und Tabak sowie einen Best-in-Class-Ansatz verbessern. Zudem bieten wir auch ETFs auf Indizes mit spezifischen ESG-Zielen an. Dazu zählen beispielsweise Produkte auf Low-Carbon-Indizes.

Wie vermeiden Sie ein «Greenwashing» (ESG-Anstrich, kein eigentliches ESGProdukt)?
Alle unsere Nachhaltigkeitsprodukte basieren auf einem anerkannten Konzept, das auch unter den meisten Anlegern hohe Akzeptanz geniesst. Hintergrund ist, dass wir nicht nur einfach einen ESGScore, sondern auch sektorspezifische Kriterien und Kontroversen berücksichtigen. Konkret bilden unsere Aktien-ETFs MSCI SRI Indizes ab, bei denen Titel mit ESG-Kontroversen ausgeschlossen sind. Dazu zählen auch Unternehmen, die gegen internationale Normen wie den UN Global Compact verstossen sowie Hersteller von zivilen Schusswaffen und konventionellen Waffen, Glücksspielbetreiber ausserdem Firmen aus den Bereichen Gentechnik, Kernkraft, Tabak, Alkohol, Kraftwerkskohle und Pornografie.

Welches ESG/SRI-Angebot von Amundi verzeichnete im laufenden Jahr das stärkste Nachfragewachstum?
Im Anlegerfokus stand eindeutig der Amundi Index Euro Aggregate Corporate SRI, gefolgt vom Amundi Index US Corporate SRI. Auf der Aktienseite lag der Amundi Index MSCI Europe SRI vorn.

Worauf gilt es bei der Auswahl an ESGProdukten zu achten?
Zunächst sollen Investoren Klarheit über ihre Nachhaltigkeitsstrategie gewinnen. Die Erfahrung zeigt, dass Anleger durchaus unterschiedliche Ansprüche an ein nachhaltiges Portfolio knüpfen. Will man «nur» kritische Segmente und Praktiken ausklammern, bestimmten Regulationsanforderungen genügen oder umfangreiche eigene Wertvorstellungen in die Anlagestrategie einfliessen lassen? Je höher die Messlatte in puncto ESG gelegt wird, desto grösster ist naturgemäss die Abweichung zu den «klassischen» Indizes. Auch wenn Indexkonzepte auf den ersten Blick ähnlich aussehen, lohnt sich immer eine detaillierte Indexanalyse, da die Ergebnisse erheblich voneinander abweichen können.

Welche Art von ESG-Anwendungen erachten Sie als besonders vielversprechend (industriebezogene Anwendungen, Smart Beta ESG, Best-in-Class- Strategien, Screening-Techniken, thematische Anlagen …)?
Im Geschäft mit Privatanlegern finden derzeit Strategien den grössten Anklang, bei denen einerseits Ausschlusskriterien und andererseits ein Best-in-Class-Ansatz
zum Einsatz kommen. Institutionelle Investoren und professionelle Vermögensverwalter fahren tendenziell Strategien mit einer geringeren Abweichung zu den klassischen Indizes, während Stiftungen und Privatinvestoren Nachhaltigkeit oft pointierter, beispielsweise mit Themen- ETFs, umsetzen.

Was ist ihr persönlicher Favorit unter den ETF-Angeboten von Amundi?
Aus unseren nachhaltigen ETFs möchte ich unseren ETF auf den MSCI Europe SRI herausheben, der sehr attraktiv gepriced ist und den MSCI Europe 2019 deutlich geschlagen hat.

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