Die Demokratisierung der Geldanlage
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Serge Nussbaumer
Chefredaktor
Exchange Traded Funds, kurz ETFs, bieten gerade für Börseneinsteiger eine kostengünstige, transparente und diversifizierte Anlagemöglichkeit. Wir erklären die Funktionsweise der passiven Investmentprodukte und stellen drei interessante Fondsbeispiele vor.
Tag für Tag haben Konsumenten die «Qual der Wahl». Sei es im Detailhandel, Restaurant, Reisebüro oder Ticketshop: Sowohl in stationären Geschäften als auch den entsprechenden Internetportalen ist die Auswahl riesig. Die Fülle an Angeboten macht auch vor der Vermögensverwaltung nicht Halt. Investoren stossen in der Kapitalallokation auf unzählige Alternativen. Das gilt auch und gerade für eine vergleichsweise junge Anlageform, den Exchange Traded Fund, kurz ETF. «Als eine der ersten europäischen Börsen, die ein ETF-Segment eingeführt haben, bieten wir Anlegern heute eine der grössten Auswahlmöglichkeiten», stellt die SIX Swiss Exchange auf ihrer Internetseite fest. Im Jahr 2000 hat die heimische Börsenbetreiberin den Handel mit dieser Fondsart gestartet. Knapp ein Vierteljahrhundert später sind mehr als 1’700 ETFs an der SIX kotiert. Sie stammen aus der Feder von 27 verschiedenen Emittenten. 18 Market Maker sorgen für einen reibungslosen Handel respektive die hierfür nötige Liquidität.
Zwei Prinzipien – ein Ziel
ETFs punkten mit einem simplen Prinzip: Sie bilden den jeweils zugrunde liegenden Index möglichst genau ab. Dabei können zwei verschiedenen Replikationsmethoden zum Einsatz kommen. Bei der physischen Abbildung hält der passive Fonds grundsätzlich sämtliche Wertpapiere seiner Benchmark analog zu deren Gewichtung. In bestimmten Fällen, etwa bei besonders grossen Indizes, greifen die Fondshäuser zu einer Optimierungs- oder Samplingmethode und kaufen nur einen repräsentativen Teil der Indexmitglieder. Das Alternativmodell ist die synthetische Replikation. Hier hält der ETF Wertpapiere, die nicht zwingend etwas mit der Benchmark zu tun haben müssen. Die Rendite aus seinem Portfolio gibt er an eine Gegenpartei weiter. Diese liefert im Tausch die Indexperformance. Die synthetische Methode greift auch in Märkten, die sich physisch nicht oder nur schwer abbilden lassen. Sie ist jedoch wegen der Gefahr, dass eine Gegenpartei ausfallen könnte, seit jeher umstritten. Jedenfalls hat sich im Laufe der Zeit die physische Replikation als vorherrschende Praxis durchgesetzt. Grundsätzlich können ETFs in sämtlichen Anlageklassen zum Einsatz kommen. Ein Grossteil der hierzulande kotierten Produkte bildet Aktienbenchmarks ab (siehe Grafik 1).
Neben der einfachen Bauweise machten tiefe Gebühren den Aufstieg des ETFs möglich. Von Anfang an waren die passiven Vehikel deutlich günstiger als viele aktiv verwaltete Portfolien. Ein heftiger Konkurrenzkampf hat dazu geführt, dass die Total Expense Ratios (TER) im Laufe der Zeit mehr und mehr schrumpften. Insbesondere bei wichtigen internationalen Aktienindizes wie dem US-Leitbarometer S&P 500 oder der Eurozone-Benchmark EURO STOXX 50 sind heute Gesamtkostenquoten im einstelligen Basispunktebereich normal. Eine aktive Rolle nahm während des in den 2010er-Jahren grassierenden Preiskampfs Vanguard ein. Mit besonders tiefen TERs trieb die US-Investmentgesellschaft die Konkurrenz – zunächst in den Staaten und später auch auf dem alten Kontinent – regelrecht vor sich her. «ETFs haben die Vermögensanlage demokratisiert», stellt Roger Bootz, Länderchef Schweiz von Vanguard, fest. Privatanleger können seiner Einschätzung nach heute fast so kostengünstig und professionell handeln wie grosse Investoren.
Weiteres Wachstumspotenzial
Nicht nur die enorme Anzahl an kotierten ETFs spricht für diese These. Der Markt ist in den vergangenen Jahren auch in punkto Volumen stark gewachsen. Allein in der Schweiz belaufen sich die «Assets under Management» (AuM) mittlerweile auf knapp CHF 200 Milliarden. Vor zwei Jahren
hatte das ETF-Segment die runde Marke bereits überschritten. Doch die Börsenkorrektur im 2022 ging auch an den passiven Instrumenten nicht spurlos vorbei (siehe Grafik 2). Roger Bootz sieht sowohl national als auch international noch viel Potenzial für den ETF-Markt. In Europa taxiert Vanguard den Marktanteil von Indexstrategien auf 10 bis 15%. «Er sollte aus unserer Sicht jedoch bei 30 bis 40% liegen», erklärt der Experte. Vor allem die steigende Nachfrage von Seiten der Privatanleger wird das Geschäft seiner Ansicht nach beflügeln.
Drei kapitalstarke Kernprodukte
In der Tat eignen sich ETFs gerade für Börsennovizen oder Akteure, welche die langfristigen Chancen der Kapitalmärkte abgreifen möchten, ohne dabei ständig am Ball zu bleiben. Sie können mit einer Einmalanlage oder periodischen Einzahlungen in einen ETF-Sparplan eine kostengünstige und diversifizierte Positionierung aufbauen. Wir haben aus dem grossen SIX-Fundus drei passive Fonds ausgewählt, die sich für eine solche Strategie gut eignen. Natürlich führt für viele Schweizer Anleger kein Weg am SMI vorbei. UBS packt die 20 im heimischen Leitindex enthaltenen Large Caps für ein TER von 0.20% in den ETF-Mantel (Valor CH0017142719). Anfang Dezember feiert dieser knapp CHF 2.2 Milliarden schwere Fonds sein 20. Jubiläum.
Zwar steht der SMI durchaus repräsentativ für die global agierende Schweizer Wirtschaft. Naturgemäss kann er aber in punkto Diversifikation nicht mit anderen wichtigen Börsengradmessern Schritt halten. Der S&P 500 bildet die Wall Street deutlich breiter ab. An der SIX sind 18 ETFs auf den US-Leitindex kotiert. Ein passiver Fonds von Vanguard (Valor IE00B3XXRP09) zählt zu den grössten und günstigsten Angeboten. Das genossenschaftliche US-Institut ruft für die physische Replikation des S&P 500 eine tiefe TER von 0.07% jährlich auf.
Gerade in der langfristigen Vermögensallokation ist der MSCI All Country World Index (ACWI) ein beliebter ETF-Basiswert. Diese Benchmark enthält knapp 2’900 Unternehmen aus 23 Industrienationen sowie 24 Emerging Markets. Auf diese Weise deckt der MSCI ACWI annähernd 85% des rund um den Globus investierbaren Aktienmarktuniversums ab. ETF-Krösus iShares repliziert diese «Weltauswahl» durch ein optimiertes, physisches Sampling. Für den an der SIX kotierten ETF (ISIN IE00B6R52259) beträgt die TER 0.20%.