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payoff Learning Curve

Die Qual der Wahl – Wie finde ich den passenden Rohstoffindex?

05.08.2014 5 Min.
  • Alex Tobler

Das Universum an Rohstoffindizes ist inzwischen extrem gewachsen. Die grosse Auswahl stellt Anleger und Advisor unweigerlich vor die Frage, wie man das passende Produkt findet. Zeit, über das nötige Rüstzeug für die Wahl der passenden Rohstoffstrategie aufzuklären.

Klumpenrisiken und regionale Verzerrungen

Anders als bei anderen Anlageklassen (z.B. die Marktkapitalisierung bei Aktien) existieren keine offensichtlichen Gewichtungskriterien für einen repräsentativen Rohstoffindex. In der Praxis werden häufig Zahlen zu Produktionsmengen und Handelsumsätzen als Kriterien herangezogen. So orientiert sich der S&P GSCI Commodity Index (S&P GSCI) ausschliesslich an Produktionszahlen und weist infolgedessen ein grosses Übergewicht im Energiesektor auf. Dadurch ist er nicht mehr breit diversifiziert und taugt streng genommen als Index-Basiswert für Strukis oder ETFs entsprechend nur bedingt – ausser man möchte bewusst Öl und Gas übergewichten. Für einen Schweizer Investor, der sich gegen Inflationsrisiken absichern möchte, lohnt es, die Indexkomposition besonders genau anzuschauen und auf Basisrisiken zu untersuchen. So investiert etwa der beliebte Dow Jones-UBS Commodity Index (DJ-UBS CI) zu mehr als 10% in nordamerikanisches Erdgas. Der globale Erdgasmarkt ist jedoch fragmentiert und weist regional stark divergierende Preisentwicklungen auf. Ähnlich verhält es sich mit dem Viehzuchtsektor. Indizes, die solche regionale Verzerrungen berücksichtigen, sind rar. Ausgeglichener ist beispielsweise der Picard Angst Commodity Index (PACI). Dieser berücksichtigt explizit die Anforderungen europäischer Anleger und meidet deshalb Rohstoff-Kontrakte mit rein regionalem Charakter.

Kategorien von Rohstoffindizes

Rohstoffindizes können grob in Beta-Indizes und Risikoprämien-Indizes unterteilt werden (siehe Grafik). Die traditionellen Rohstoffindizes fokussieren auf Futures mit kurzer Restlaufzeit, um die Dynamik der Kassamärkte möglichst genau abzubilden (Standard-Beta). Der S&P GSCI und DJ-UBS CI sind die bekanntesten Vertreter dieser Gattung. Beide Indizes rollen ihre Kontraktpositionen jeden Monat an den gleichen Tagen (Rollfenster). Traditionelle Rohstoffindizes hatten in den letzten Jahren mit Problemen zu kämpfen. Denn die Angebotsausweitung bei vielen Rohstoffen nach dem Boom führte zu ausgeprägtem Contango bei kurz laufenden Kontrakten. Antizipation des Rollfensters durch den Markt verstärkte die Rollverluste weiter. In Reaktion darauf wurden Konzepte für sogenannte Enhanced-Indizes entwickelt, welche den negativen Einfluss von Contango über verlängerte Kontraktlaufzeiten zu verringern versuchen. Die Wahl der Kontraktlaufzeit kann dabei statisch, dynamisch oder diversifiziert erfolgen. Ein populärer statischer Ansatz ist die generelle Positionierung um drei Monate in der Zukunft relativ zu einem traditionellen Frontmonatsindex. Auch die Adoption alternativer Rollfenster oder der Ausschluss von Rohstoffen mit strukturell hohen Rollkosten bieten sich an. Diese kommen beim erwähnten PACI Rohstoff-Index zur Anwendung. Die von Risikoprämien-Indizes verfolgten Strategien sind äusserst heterogen. Gemein ist ihnen der Versuch, Risikoprämien für Faktoren wie Momentum (Trends), Carry (Rollrenditen) und Liquidität zu extrahieren, wozu in der Regel Long/Short-Strategien zum Einsatz kommen.

Enhanced- und Risikoprämien-Indizes – Free Lunch? Nein!

Historisch betrachtet haben sowohl Enhanced- als auch Risikoprämien-Indizes im Durchschnitt besser als traditionelle Beta-Indizes abgeschnitten (siehe Grafik Kursverläufe). Zu beachten ist allerdings, dass ein beträchtlicher Teil des Leistungsausweises bisher lediglich auf Backtests basiert. Die historische Mehrrendite neuer Ansätze wird mit einem signifikant höheren Tracking Error zu den Kassapreisen erkauft. Mit der Akzeptanz längerer Kontraktlaufzeiten bei Enhanced-Indizes wird eine Risikoprämie abgeschöpft. Verändert sich jedoch die Form der Terminkurve, z.B. infolge von Änderungen der Angebots- oder Nachfragedynamik oder Preisschocks, können signifikante Abweichungen von den Kassapreisen auftreten und die Performance negativ beeinträchtigen. Auch ist zu beobachten, dass im Zuge zunehmender Investitionen in Enhanced-Indizes die entsprechenden Risikoprämien und damit die Outperformance stark abgenommen haben. Im Fall von Risikoprämien-Indizes kommt hinzu, dass bei Long/Short-Strategien die Wirkung gewisser Risikofaktoren der Anlageklasse (z.B. Inflationssensitivität) verloren geht.

Wichtige Entscheidungshilfen

Den Ausgangspunkt für die Wahl eines bestimmten Index bzw. Produktes sollte stets eine gründliche Klärung des Motivs für das Rohstoffengagement bilden. Stehen Schutz vor Inflation und Diversifikation im Mittelpunkt des Anlegerinteresses oder werden positive Rollrenditen erwartet, sind Standard-Beta-Strategien oder Enhanced-Indizes mit kurzem Laufzeitprofil das Instrument der Wahl. Dabei sollte der Anleger die Zusammensetzung des Index genau prüfen und, falls nicht explizit gewünscht, Klumpenrisiken sowie regionale Verzerrungen vermeiden. Investoren, welche bereit sind, für die Aussicht auf höhere Risikoprämien eine geringere Sensitivität gegenüber Preisschocks in Kauf zu nehmen, jedoch an einer Partizipation an der mittel- und langfristigen Entwicklung der Anlageklasse festhalten wollen, seien Enhanced-Beta-Indizes mit einer längeren Kontraktlaufzeit (statisch oder dynamisch) empfohlen. Risikoprämien-Indizes eignen sich für Anleger, die auf der Suche nach absoluten Renditen sind. Sie blenden die Spot-Dynamik der Rohstoffmärkte aus und sollten deshalb nicht als Ersatz, sondern als Ergänzung für Standard-Beta-Indizes betrachtet werden. Um dieses Wissen bereichert, ist es für Anleger und Advisor ein gutes Stück einfacher, den passenden Rohstoff-Index zu finden. Für produktspezifische Suchen nach dem jeweiligen Index empfiehlt sich bekanntermassen payoff.ch — nicht nur für Produkte auf Rohöl, Gold oder Orangensaft.

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