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payoff Learning Curve

Dividenden-Future: Baustein und Renditequelle

13.08.2024 5 Min.
  • Serge Nussbaumer
    Chefredaktor

An den Terminbörsen werden die Gewinnbeteiligungen von einzelnen Unternehmen sowie ganzen Indizes gehandelt. Wir werfen einen Blick auf die Funktionsweise sowie die Einsatzfelder von Dividenden-Futures – auch für Anleger ohne Zugang zum Terminhandel sind diese Vehikel interessant.

Beim Stichwort «Terminhandel» denken die meisten Börsianer an Rohstoffe. Ob Öl, Kupfer, Weizen oder mageres Schwein: Naturwaren werden seit jeher über Kontrakte mit einer Vielzahl von Spezifikationen gehandelt. Menge und Qualität des Rohstoffs sind ebenso wichtig wie Ort und Zeitpunkt der Lieferung. Anbieter von Strukturierten Produkten und ETFs nutzen die Kontrakte, in der Fachsprache Futures genannt, um ihren Kunden eine Positionierung in der Anlageklasse Rohstoffe zu ermöglichen. 

Während der standardisierte Warenhandel eine lange Tradition hat, sind Dividenden-Futures eine Erfindung des 21. Jahrhunderts. Mitte 2008 lancierte Eurex den ersten Kontrakt dieser Art. Zunächst führte die Terminbörse einen Future auf die Ausschüttungen der im EURO STOXX 50 enthaltenen Unternehmen ein. Zwei Jahre später folgten Dividenden-Futures auf einzelne Aktien. Das Prinzip ist einfach: Mit diesen Kontrakten handeln Anleger die Gewinnbeteiligungen. Während es sich bei Indexprodukten um die Summe der Ausschüttungen handelt, zielen Einzelwert-Futures auf die Dividendenzahlung des jeweiligen Unternehmens ab. 

Masszahl für den Geldregen

Vor 15 Jahren führte die Eurex den «SMI Dividend Future» ein. Grundlage für die Kalkulation dieses Terminkontrakts sind die in Indexpunkten ausgedrückten Gewinnbeteiligungen der im Schweizer Leitindex enthaltenen Unternehmen. Für den Dividenden-Future auf den SMI gibt es fünf jährliche Fälligkeiten. Beginnend mit dem Dezember des laufenden Jahres reicht das Spektrum bis Ende 2028. Am ersten Börsentag nach dem Verfall wird der Kontrakt in bar abgewickelt (Settlement). Für jeden Indexpunkt Dividende ist der Future dann CHF 100 Wert. Im laufenden Handel erfolgt die Preisstellung in Punkten, mit einer Dezimalstelle. 

In die Praxis: Der im Dezember 2024 fällige SMI Dividend Future steht aktuell bei CHF 370. Bei einem Indexstand von 12’200 Punkten leitet sich daraus per Ende Jahr eine Ausschüttungsrendite von 3% ab. Gemessen an der Kapitalisierung der heimischen Large Caps beläuft sich die Summe der im Terminhandel eingepreisten Dividenden auf rund CHF 43 Milliarden. In der längsten Laufzeit, zum 15. Dezember 2028, kostet der Future rund CHF 6 weniger. In der einfachen Betrachtung zeigt dieser Wert, dass die Marktteilnehmer für die kommenden Jahre mit einem leichten Rückgang der Dividenden aus dem SMI rechnen. 

Verschiedene Einsatzfelder

Hier kommt der Charme von solchen Futures zum Vorschein. Sie bieten die Möglichkeit, darauf zu setzen, dass die Erwartungen im Laufe der Zeit nach oben gehen. Im Erfolgsfall steigt der Wert des Kontrakts, je näher der Zeitpunkt seiner Fälligkeit rückt. Dieser «Ritt auf der Terminkurve» ist nur eine von vielen Anwendungsmöglichkeiten. Institutionelle Investoren nutzen die Futures, um ihre Dividendenerträge abzusichern. Möglich ist es auch, die Einschätzung des hausinternen Researchs zu den zukünftigen Gewinnen und Ausschüttungen in eine Anlagestrategie zu übertragen. Und natürlich sind Dividenden-Futures ein wichtiger Baustein für Strukturierte Produkte. Die Emittentin zieht die Ausschüttungen heran, um bestimmte Auszahlungsprofile zu finanzieren respektive deren Absicherung sicherzustellen. Ein gutes Beispiel ist das Bonus-Zertifikat. Der Produktinhaber verzichtet hier auf die Dividenden des Basiswertes. Im Gegenzug erhält er eine teilgeschützte Positionierung.

Sei es die Ausnutzung von Anomalitäten der Terminkurve, die Absicherung von Portfolien, der gezielte Dividenden-Trade oder die Konstruktion von Strukturierten Produkten: Das Geschäft mit Dividenden-Futures floriert. Laut eigenen Angaben ist die Eurex heute der weltgrösste Handelsplatz für Dividenden-Derivate. Neben Futures handelt das zur Deutsche Börse Gruppe zählende Unternehmen auch Optionen auf Dividenden. In den vergangenen Jahren sind Umschlag, Volumen und Open Interest stetig gestiegen. Im Zeitraum Januar bis März 2024 näherte sich der durchschnittliche tägliche Handelsumsatz der Marke von 100’000 Kontrakten (siehe Grafik).

Potenzieller Nestlé-Abschlag

Bei knapp jedem zweiten umgeschlagenen Kontrakt handelt es sich um einen «Single Stock Dividend Future». Gefragt sind vor allem die Ausschüttungen von Aktien aus Frankreich, Italien und Deutschland. In den ersten drei Monaten 2024 gingen mehr als drei Viertel des an der Eurex in Dividenden-Futures auf Einzelwerte umgesetzten Kapitals auf diese drei Länder zurück. Schweizer Aktien steuerten 8% zum Volumen bei. Annähernd 16’000 Futures auf die Dividende von Nestlé sind an der Eurex derzeit offen. Mit gut 40% entfällt der grösste Teil des Open Interest auf den am 20. Dezember 2024 fälligen Kontrakt. Aktuell kostet er CHF 3.00. Die auf den September des laufenden sowie den März 2025 terminierten Pendants zeigen einen identischen Preis. Für das Geschäftsjahr 2023 hat Nestlé im vergangenen April pro Aktie CHF 3.00 ausgeschüttet. Aktuell implizieren die Terminmärkte also eine stagnierende Gewinnbeteiligung. Allerdings schreibt sich der Konzern eine steigende Dividende auf die Fahnen. Dabei dürfte es – trotz eines möglichen Gewinnrückgangs – bleiben. Die Futures auf die Ausschüttungen des Branchenriesen haben also Potenzial nach oben.

Auch wenn die Terminbörse institutionellen Häusern vorenthalten ist, lohnt sich ein Blick auf diesen speziellen Marktplatz. Die Quotierung von Dividenden-Futures erlaubt eine Einschätzung der möglichen Ausschüttungen und damit auch ein Stück weit der Bewertung von Indizes und Aktien. Da Dividenden eine wichtige Renditekomponente dieser Anlageklasse sind, können insbesondere Futures auf Indizes nützliche Signale über die allgemeine Verfassung der Aktienmärkte liefern.   

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