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Ein Blick auf das Ethereum-Staking 

23.11.2023 6 Min.
  • Pascal Hügli
    Redaktor

Die Kryptowelt hält derzeit gerade den Atem an, während sie gebannt auf die Genehmigung eines (oder mehrerer) Bitcoin Spot-ETFs wartet. Für viele Beobachter ist die baldige Bewilligung eines Bitcoin Spot-ETF so sicher wie das Amen in der Kirche. Wird der ETF kommen, wird dies die Anlageklasse der Krypto-Assets nochmals auf ein neues Niveau hieven. Immerhin sind es mittlerweile keine eingefleischten Bitcoin-Jünger mehr, welche für Bitcoin im öffentlichen Fernsehen eine Lanze brechen, sondern es ist der CEO von BlackRock höchstpersönlich, der sich Krypto-Assets gegenüber äusserst bullisch äussert.

Der Bitcoin Spot-ETF dürfte allerdings erst der Anfang sein. Ist dieser Bitcoin Spot-ETF erst einmal genehmigt, wird auch Ethereum ein genauso aufregendes Kapitel bevorstehen. Schon heute sind es nicht weniger als 16 Ether Spot-ETFs, die bereits bei der US-Börsenaufsicht liegen und auf grünes Licht warten. Unter den Antragsstellenden sind sowohl etablierte ETF-Häuser wie VanEck oder ProShares als auch aufstrebende Kryptoschwergewichte wie Grayscale oder Bitwise.

Aus Investorensicht scheint es plausibel, dass der Bitcoin bis zur Genehmigung seines Spot-ETF das Hauptinteresse der Anleger bleibt. Sobald diese Bewilligung jedoch erteilt ist, ist es sehr wahrscheinlich, dass der Fokus auf Ether wechseln wird und dass dieser während seiner ganz persönlichen Phase der Spot-ETF-Spekulationen den Bitcoin outperformen dürfte. Denn auch in diesem Fall werden Investoren die eigentliche ETF-Lancierung vorwegnehmen wollen. 

Ethereum seit dem Merge 

Ether dürfte für Investoren jedoch nicht nur aufgrund der absehbaren Spot-ETF-Spekulationen interessant sein. Die grösste Smart-Contract-Blockchain entwickelt sich stets weiter und deren Netzwerk wird immer umfangreicher. Mehr und mehr Skalierungslösungen gehen auf Ethereum live und ermöglichen dem System so immer besser zu skalieren.

Vor etwas mehr als einem Monat feierte die Ethereum-Community zudem das 1-Jahresjubiläum des Merge. Damit ist die Umstellung von Proof-of-Work (PoW) auf Proof-of-Stake (PoS) gemeint. Mit dem Wechsel stellte Ethereum das Mining ein und setzte fortan auf Validatoren, welche das Netzwerk aufrechterhalten und Transaktionen der Ethereum-Blockchain anfügen.

Seit dem Merge hat sich das Bild der Validatoren dramatisch verändert, da immer mehr gestakte Ether dazugekommen sind. Inzwischen gibt es 869’310 Validatoren (Stand Oktober 2023), und es wird erwartet, dass diese Zahl bis Ende 2023 auf eine Million ansteigt. Jetzt, wo die Unsicherheiten rund um das Ethereum-Staking in der öffentlichen Wahrnehmung kontinuierlich sinken, wollen auch immer mehr Anleger ihre Ether gestakt haben.

Um Ether staken und als Validator aktiv sein zu können, gibt es mehrere Möglichkeiten. Dazu zählen: Zentrale Kryptobörsen (Kraken, Coinbase usw.), Liquid-Staking-Plattformen (Lido, Rocketpool usw.), Staking-Pools (Stakefish, Everstake usw.) oder das individuelle Staking (sogenanntes Solo-Staking über Dappnode zum Beispiel).

Die Ethereum-Blockchain ist letztlich der grösste Nutzniesser von immer mehr gestakten Ether, da dies bedeutet, dass immer mehr Entitäten die Sicherheit der Ethereum-Blockchain gewährleisten. Doch werden durch eine steigende Anzahl gestakter Ether die Renditen der einzelnen Validatoren stetig weniger, da die Belohnungen in Form neu geschaffener Ether unter mehr Validatoren aufgeteilt werden müssen.

Das bedeutet, dass die Rentabilität des Staking nach dem Merge und dem Shapella-Update (das Upgrade, welches das Beziehen der gestakten Ether erstmals möglich gemacht hat) aus der Perspektive eines einzelnen Stakers gesunken ist. Gleichzeitig – und das ist aus der Sicht eines Investors ebenso entscheidend – hängt die Profitabilität der gestakten Ether vom Ether-Preis in US-Dollar ab. Dieser ist noch immer notorisch volatil. Das hat zur Folge, dass derzeit noch immer über 75% aller Staker im Verlust sind und nur die restlichen 25% positiv dastehen.

Nicht zu vergessen ist, dass sich mit dem Merge auch die Dynamik auf der Angebotsseite verändert hat. So ist Ethereum die meiste Zeit seit des Merge bisher deflationär gewesen, das heisst, das Ether-Angebot absolut gesehen abgenommen hat. Dies deshalb, weil mehr Ether «verbrannt» (burnt) wurden als neue Ether hinzugekommen sind. Dieser Trend hat sich in den vergangenen Monaten aufgrund der abnehmenden Nutzeraktivität etwas abgeschwächt und hat das Netzwerk wieder etwas mehr Richtung Inflation bewegt.

Liquid Staking übernimmt das Zepter

Im Zusammenhang mit dem Staking von Ether ist vor allem auch das sogenannte Liquid Staking zu erwähnen. Dabei handelt es sich um eine immer populärer werdende Art, Ether zu staken. Und zwar sammeln Liquid Staking Protokolle die Ether von Anlegern, sperren diese und geben letzteren im Gegenzug Liquid Staking Tokens (auch LSDs genannt) aus. Diese Token repräsentieren dann die ihnen zugrunde liegenden, gestakten Ether.

Liquid Staking gewinnt kontinuierlich an Beliebtheit, weil es die Einstiegshürde für potenzielle Staker senkt (man kann mit weniger als 32 ETH einsteigen) und gleichzeitig erhält man als Staker liquide Ether-Derivat-Token. Diesen kann man dann in der DeFi-Welt bei weiteren Renditemöglichkeiten nutzen, indem man diese Liquid Staking Token handelt oder verleiht, um damit zusätzliche Erträge zu erzielen.

Diese Plattformen für Liquid Staking Derivatives sind demnach unverzichtbar, da sie den Stakern den Zugang zu Liquidität erleichtern. Die meisten Staker setzen dabei auf Lido, was diese zur grössten Staking-Plattform überhaupt macht. Die Nutzer hinterlegen ihre Ether in Smart Contracts, die dann zwischen den Betreibern der Netzwerkknoten gepoolt und an eine Reihe von Validatoren verteilt werden.

Im Gegenzug erhalten die Nutzer von Lido stETH (staked ETH), einen derivativen Token, der im Verhältnis 1:1 zur gestakten Ether-Menge steht. Der Wert eines stETH-Tokens wird täglich durch einen Mechanismus angepasst, der als Rebasing bekannt ist. Somit fliesst die Staking-Belohnung in den Preis dieses derivativen Tokens mit ein. Das heisst: Als Derivative gewinnen sie stetig an Wert und der Wertzuwachs entspringt den aktuellen Staking-Renditen von Ether.

Lido als Zentralisierungsrisiko ruft Alternativlösungen auf den Plan

Die Popularität des Lido-Protokolls unter den Stakern ist unbestreitbar, aber sie wird auch von kontroversen Stimmen begleitet. Die Kritiker äussern ernsthafte Bedenken, dass die Kontrolle über eine so grosse Menge gestakter Ether nicht in den Händen eines einzelnen Protokolls liegen sollte. Diese Besorgnis speist sich insbesondere aus der Überzeugung, wonach Ethereum immer stärker zentralisiert. Immerhin hält Lido aktuell einen Marktanteil von knapp unter einem Drittel (31.7%, Stand Oktober 2023) aller gestakten Ether.

Obschon dies eine gewisse Gefahr darstellt, muss jedoch verstanden werden: Lido wird zwar als ein Protokoll betrachtet, doch besteht es in Tat und Wahrheit aus mehr als zwei Dutzend unabhängigen Betreibern von Netzwerknoten. Die Anzahl der Lido-Staker ist ziemlich gleichmässig auf die verschiedenen Netzwerkknotenbetreiber verteilt. Kein einziger Netzwerkknotenbetreiber hat einen Anteil von mehr als 5% am gesamten Validatoren-Pool von Lido. Somit ist auch die Governance von Lido auf ein bestimmtes Maximum begrenzt.

Darüber hinaus verspricht die Zukunft einen sich intensivierenden Wettbewerb im Bereich des Liquid Staking – nicht zuletzt deshalb, um auch die Kritik an Lido zu neutralisieren. Ein aufstrebender Marktteilnehmer in diesem Bereich ist Diva Staking. Obwohl als dezentrales Protokoll aufgebaut, hat das Projekt auch Wurzeln in der Schweiz und dem Crypto Valley.

Die Diva-Staking-Plattform zeichnet sich durch die innovative Distributed Validator Technology (DVT) aus. Dadurch wird das Konzept des sogenannten «Squad Staking» ermöglicht, bei dem kleine Gruppen von Personen auf verteilte Art und Weise gemeinsam Staking-Einsätze tätigen können. Der Einstieg auf Diva ist bereits ab 1 ETH möglich, was die Möglichkeiten von dezentralen, erlaubnisfreiem Staking erweitert.   

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