EUR/CHF: Devisenpaar im freien Fall
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Christian Ingerl
Redaktor
Zahlreiche Ereignisse sorgen derzeit dafür, dass der Franken zur Stärke tendiert. Kurzfristig dürfte die Aufwertung anhalten, mittelfristig könnte der Ball aber wieder auf die Seite der Euro-Bullen wechseln.
Der anhaltende Krieg in der Ukraine, zunehmende Spannungen im Nahen Osten, Unsicherheiten bezüglich der anstehenden US-Wahlen im November sowie die Angst vor einer weltweiten Rezession lässt die Risikoaversion der Anleger ansteigen. In kaum einem anderen Asset als dem Schweizer Franken spiegeln sich zunehmende Bedrohungen anschaulicher wider. Nachdem die Währung vor zwei Monaten noch nahezu auf der Parität zum Euro gehandelt wurde, legte der Franken seitdem mehr als 6% zu. Mit einem Kurs von CHF 0.9210 markierte das FX-Duo EUR/CHF Anfang August so sogar ein neues Jahrestief.
Zinsdifferenzen…
Diese Aufwertung des Franken ist aber längst nicht nur dem Ruf als «sicherer Währungshafen» geschuldet. «Primär ist hierfür die Verringerung der Renditedifferenz zwischen europäischen und schweizerischen Anleihen verantwortlich», erklärt Chefanlagestratege Ulrich Stephan von der Deutschen Bank und führt weiter aus: «Der sogenannte Spread zwischen zweijährigen Bundesanleihen und ihren Schweizer Pendants verkleinerte sich im Juli um rund 0.3 Prozentpunkte.» Stephan geht davon aus, dass der Abstand zwischen dem Einlagezins der EZB, der aktuell bei 3.75% liegt, und dem Leitzins der Schweiz von 1.25 Prozent, in den kommenden Monaten weiter sinken könnte.
…und Zinsfantasien
Auf der letzten Notenbanksitzung vor der Sommerpause hielt die EZB ihre Finger still, die SNB hat dagegen bereits zwei Schritte nach unten gewagt. Nach den Ferien könnten die Geldhähne weiter aufgehen – insbesondere in der Schweiz. Anders als in der Eurozone, wo die Preise im Juli wieder leicht angezogen haben, verharrt die Jahresteuerung hierzulande auf einem niedrigen Niveau. Ebenso wie im Juni betrug die Preissteigerung 1.3%, die sogenannte Kerninflation blieb ebenfalls konstant bei 1.1% und liegt damit sogar noch etwas tiefer als die Gesamtinflation. «Beim Blick auf die Inflationsentwicklung stellt sich die berechtigte Frage, warum die SNB eigentlich nicht im September die Zinsen erneut senken sollte?», sagt Chefökonom Thomas Gitzel von der VP Bank. Für ihn gibt es kaum Argumente gegen eine neuerliche Zinssenkung auf der nächsten Sitzung. «Es sind nicht nur die niedrigen Inflationsraten, sondern auch der starke Franken, der für eine geldpolitische Lockerung spricht», so der Experte.
Dieses Argument führt auch Deutsche Bank-Stratege Stephan an. Er verweist darauf, dass die Schweizerische Notenbank mehrfach unterstrichen hat, dass sie notfalls zu Lasten ihrer Heimatwährung an den Märkten intervenieren würde, falls sie der Ansicht wäre, dass ein zu starker Franken die eidgenössischen Unternehmen belaste. Hinzu kommt, dass mögliche Zinssenkungen der Federal Reserve und der EZB im September den Aufwertungsdruck des Franken möglicherweise sogar noch verstärken würden, sollte die SNB ihre Geldpolitik unverändert lassen. Am Markt wird derzeit mit einer Wahrscheinlichkeit von 76% damit gerechnet, dass die SNB auf ihrer Septembersitzung die Zinsen zum dritten Mal in Folge senken wird.
Letzte Unterstützungszone gefallen
Das aktuelle Momentum beim FX-Gespann EUR/CHF liegt ganz klar auf der Seite der Euro-Bären. Zuletzt tauchte das Währungspaar auf CHF 0.9210 ab und notiert damit nicht nur auf einem Jahrestief, sondern bewegt sich in Richtung Allzeittief aus dem Jahr 2015. Die letzte Unterstützungszone im Bereich von CHF 0.930 und 0.9250, welcher dem Tief bei CHF 0.8588 aus dem Januar 2015 vorgelagert ist, hat nicht gehalten und daher dürfte der Aufwertungsdruck noch nicht zu Ende sein. Doch Vorsicht: Eine technische Gegenreaktion ist natürlich jederzeit möglich.
Anlagelösungen
Kurzfristiges Szenario: Allein schon die geopolitische Lage sowie die Angst vor einer Rezession in den USA könnte die Flucht in den Schweizer Franken in den kommenden Tagen weiter beflügeln. Um aus einer weiteren Aufwertung Gewinne zu schöpfen, bedarf es einer Short-Spekulation auf EUR/CHF. Der Mini Future MEUAVV der Bank Vontobel verfügt über einen Hebel von 14.3. Der Stop Loss Level befindet sich bei CHF 0.9814 und damit 5.3% vom aktuellen Niveau entfernt. Noch etwas mehr Power verspricht der Mini Future Short SBUEKU der UBS. Das Hebel-Papier ist mit einem Multiplikator von 19.4 ausgestattet, was allerdings zu Lasten des Risikopuffers geht. Die Barriere befindet sich bei CHF 0.9707 und liegt damit nur 4.1% entfernt.
Mittelfristiges Szenario: Weiter sinkende Zinsen sowie mögliche Interventionen Seitens der SNB könnten dafür sorgen, dass der Aufwertungsdruck beim Schweizer Franken wieder nachlässt und das FX-Duo EUR/CHF eine Wende einläutet. Auf ein Comeback der europäischen Gemeinschaftswährung lässt sich beispielsweise mit dem Long Mini Future R7EURU der UBS setzen. Das Derivat lässt dem Devisenpaar auf der Unterseite reichlich Platz. Der Knock-Out-Schwelle bei CHF 0.8507 liegt 8.7% entfernt. Mit einem Gearing von 29 bringt das Pendant MEUASV der Bank Vontobel zwar einen mehr als doppelt so hohen Hebel mit, allerdings ist die Barriere (CHF 0.9154) nur 1.8% vom aktuellen Kurs entfernt.