

Globale Klassifizierung der Industrien
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Dieter Haas
Als Ausgangspunkt für die Suche nach vielversprechenden Aktien sind Sektoreinstufungen äusserst nützlich. Nur so lassen sich aus über 75‘000 Aktien schnell, effizient und zielgerichtet attraktive Themen selektieren.
Hoher Detailgrad
Bei den Sektoren selbst konkurriertdie von Dow Jones, STOXX und FTSE im September 2004 eingeführte «Industry Classification Benchmark» (ICB) mit dem von Standard & Poor’s und MSCI Barra verwendeten «Global Industry Classification Standard» (GICS) um die weltweite Dominanz. Dabei scheint ICB zumindest in Europa die Oberhand zu besitzen. ICB ordnet über 75‘000 Aktien zehn sogenannten Industrien 19 Supersektoren, 41 Sektoren sowie 114 Untersektoren zu. Die Einteilung erfolgt dabei gemäss dem primären Umsatz.
Früherkennung neuer Trends
Für die ICB-Klassifizierung gibt es bislang noch keine globalen Indizes. Als Proxy dienen die nach diesem Muster erhältlichen Sektorindizes von Standard & Poor’s. Der US-Aktienmarkt dominiert bekanntlich die globalen Indizes mit Anteilen von deutlich über 50%. Die Kursentwicklung der amerikanischen Branchenbarometer gibt daher ein aussagekräftiges Bild über die gegenwärtigen Vorlieben der Anleger. Kurzfristig, auf eine Sicht von drei Monaten, waren Titel aus der Branche Grundstoffe besonders stark gesucht. Sie lösten die Verbrauchsgüter ab, welche über alle übrigen angeführten Zeiträume die Rangliste anführen. Einer regen Nachfrage erfreute sich in den letzten fünf Jahren der Gesundheitssektor, nicht zuletzt dank Obamacare. Überdurchschnittlich entwickelten sich im Schnitt ferner Aktien von Technologieunternehmen.
Basis für Themenzertifikate
Fokussierte Branchenbaskets oder thematische Anlageprodukte beruhen auf einer vertieften Selektion der globalen Auswahl. Da selbst die 114 Subsektoren, die feinste Sektorverästelung bei ICB, meist eine dreistellige Anzahl Mitglieder umfassen, wird mithilfe zusätzlicher Bewertungskriterien wie dem Kurs-Gewinn-Verhältnis, der Dividendenrendite, der Nachhaltigkeit des Gewinnwachstums u.a. die Zahl der Kandidaten sukzessive auf die gewünschte Menge reduziert. Im Optimalfall sind das zehn bis 20 Positionen. Eine geringere Menge ist bezüglich des Diversifikationsrisikos in der Regel problematisch. Zu viele Titel bringen ebenfalls selten einen Mehrwert. Das zeugt eher von Entscheidungsschwäche des Anbieters.
Baskets, Customized Indizes oder Plain-Vanilla?
Für die Kreation von Branchen- oder Themen-Zertifikaten stehen drei Varianten zur Verfügung. Baskets selektieren aus dem Anlageuniversum eine gewisse Anzahl an Titeln aufgrund quantitativer oder qualitativer Kriterien. Federführend beim Auswahlprozess ist in der Regel die Handelsabteilung, allenfalls unterstützt durch das Research des Emittenten. Die ausgewählten Titel fliessen am Festlegungstag meist mit einem fixen Prozentsatz in den Warenkorb ein und werden bis zum Verfall des Produkts unverändert belassen. Mit dieser simplen statischen Konstruktion gelingt es, eine Idee rasch unter die Leute zu bringen. Sie verleitet jedoch auch zu Schnellschüssen. Zu den Misserfolgen zählt etwa JFSBB auf den Swiss Recovery Basket, dessen Kursentwicklung dem Gesamtmarktindex SPI weit hinterherhinkt. Keinen Glücksgriff lancierte die BKB mit BKBTTM, einem Basket aus Übernahmekandidaten im Minensektor. Nachteile wie die fast immer begrenzte Laufzeit oder starke Gewichtsverschiebungen aufgrund unterschiedlicher Kursentwicklungen fallen bei Indizes oder Customized Indizes weg. Letztere sind von Emittenten oder spezialisierten Anbietern kreierte Benchmarks als Basiswerte für Tracker-Zertifikate.
Genaues Augenmerk notwendig
Weit verbreitet sind Partizipationsprodukte auf Indizes von Solactive. Ihre Indexkonstruktionen sind gut dokumentiert und sorgfältig zusammengesetzt. In Einzelfällen wie dem Solactive E-Power Automobil TR Index, der gegenwärtig lediglich vier Titel umfasst, wurde allerdings übers Ziel hinausgeschossen. Das darauf basierende Zertifikat HV5JGU von UniCredit hängt im hohen Ausmass an der Kursentwicklung des High Flyers Tesla Motors. Solche Mängel kennen die klassischen Indizes auf Branchen kaum. Sie enthalten meist alle an einer Börse kotierten Titel eines Sektors. Entwickelt werden sie zumeist von den Börsen wie der SXI Life Sciences TR Index. Auf diesen ist mit LIFES bereits ein Tracker-Zertifikat von der UBS begeben worden. Der Basiswert umfasst 16 Titel des Gesundheitswesens, wobei die einzelnen Titelgewichte auf ein Maximum von 10% gekappt werden. So werden kleinere und mittelgrosse Unternehmen stärker einbezogen. Die Kursentwicklung unterscheidet sich dadurch deutlich vom kapitalisierungsgewichteten ICB Industriesektor Index Gesundheit. Das vertiefte Angebot auf Themen oder Indizes erweitert einerseits das Spektrum und ermöglicht ein fokussiertes Investieren. Sektoreinteilungen sind eine grosse Hilfe auf der Suche nach dem Heiligen Gral, der ultimativen Anlage. Anderseits ist auch einiges an Researcharbeit durch den Anleger notwenig, damit man sich am Ende auch wirklich im richtigen Sektor wiederfindet.