Gold: Der rote «Sweep» und seine Folgen
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Wolfgang Hagl
Redaktor
Gold reagiert mit leichten Verlusten auf die US-Wahlnacht – doch spricht die Rückkehr von Donald Trump in das Weisse Haus für die Fortsetzung der Edelmetallrallye.
Es ist nicht bekannt, ob das Fed bei der Termin-Planung auf das Wahlrecht Rücksicht nimmt. Fest steht, dass die US-Notenbank heute zu einem zweitägigen Treffen zusammenkommt. Die Mitglieder des Offenmarktausschusses dürfte also nicht nur die jüngsten Konjunkturindikatoren, sondern auch die Ergebnisse der Präsidentschafts- und Kongresswahlen im Blick haben. Am morgigen Donnerstag gibt das Fed um 20:00 Uhr unserer Zeit den Zinsentscheid bekannt.
Der nächste Präsident der USA steht schon jetzt mehr oder weniger fest. Aller Voraussicht nach wird Donald Trump 2025 in das Weisse Haus zurückkehren. Ausserdem scheint seine Partei im Senat die Kontrolle zu übernehmen und gleichzeitig ihre Mehrheit im Repräsentantenhaus zu halten. Sämtliche Wahlkarten sind tief in das republikanische rot getaucht – Trump feiert mit seinen Unterstützern einen echten «Sweep».
«Trump Trades» zünden
An den Kapitalmärkten geh es hoch her, seit sich dieses überraschend deutliche Ergebnis abzeichnet. In Japan steigt der Nikkei 225 Index um 2.6%. Derweil gibt der Hang Seng in Hongkong um 2% nach. Für die Wall Street deuten die Futures einen starken Handelstag an. Der Bitcoin hat heute morgen zum ersten Mal mehr als USD 75’000 gekostet. Beim US-Dollar lässt sich eine kleine Aufwertungswelle beobachten – mit 105.13 Punkten notiert der U.S. Dollar Index auf dem höchsten Niveau seit Mitte Jahr.
In der skizzierten Entwicklung kommen diverse «Trump Trades» zum Vorschein. In ihrem Mittelpunkt steht neben der vermeintlichen Begeisterung des 78-jährigen für Kryptowährungen vor allem seine protektionistische Handelspolitik. Für den Fall einer Rückkehr in das Weisse Haus hat Trump neue Zölle auf sämtliche Einfuhren in die USA angekündigt. Auf chinesische Importe könnte eine Belastung von 60% zukommen.
Gefahr der Inflation
Ein Nebeneffekt dieser «America First» Doktrin ist die Gefahr einer stärkeren Inflation. Ökonomen halten einen durch die Zölle ausgelösten Preisanstieg von mehr als 2% für möglich. Diese neue Teuerung käme zu einer Zeit, in der sich die USA gerade von der auf die Pandemie folgende Inflationsphase erholen. Im September hat die Notenbank darauf reagiert und den Leitzins überraschend deutlich um 50 Basispunkte auf 4.75% bis 5.00% gesenkt. Es gilt als ausgemachte Sache, dass die Währungshüter morgen einen weiteren Reduzierungsschritt von 25 Basispunkten folgen lassen.
Zu dieser Erwartungshaltung passt die heutige Entwicklung an den Obligationenmärkten nicht wirklich. Die Rendite der 10-jährigen US-Staatsanleihe steigt um mehr als 13 Basispunkte auf 4.42%. Was zeigt, dass mit Trump die Zweifel an der Lockerungspolitik im Fed zurückkehren. Dazu passend ist der Goldpreis unter Druck geraten, je mehr sich der rote «Sweep» materialisiert hat. Im frühen Londoner Handel sackte die Feinunze bis USD 2’701 ab.
Fed unter Druck
Es wäre interessant zu wissen, wie die Verantwortlichen im Fed die historische Wahlnacht beurteilen. Antworten könnte Jerome Powell morgen Abend liefern. Nach der Vorlage des Zinsbeschlusses tritt der Fed-Präsident vor die Presse. Aktuell signalisiert das CME FedWatch Tool für die Sitzung im Dezember eine weitere Zinssenkung um 25 Basispunkte. Doch ist die Quote für einen solchen Schritt über Nacht um knapp 10 Prozentpunkte auf 69.8% geschrumpft. Die mögliche Verschiebung der geldpolitischen Projektionen ist also bereits im Gange.
Selbst wenn das Fed den eingeschlagenen Zinspfad verlassen sollte, muss die Goldrallye nicht vorbei sein. J.P. Morgan hat das Edelmetall kurz vor dem Urnengang als den klarsten «election hedge» aus dem Rohstoff-Spektrum bezeichnet. «Ein republikanischer Sweep könnte die Rallye ankurbeln», schreiben die Analysten. Investoren würden aufgrund der grossen Unsicherheit bezüglich der Inflation zu Gold greifen. Als weiteres Argument nennt J.P. Morgan das hohe US-Staatsdefizit, welches unter einer Trump-Administration weiter steigen dürfte. Ganz zu schweigen von der Geopolitik. Von der Ukraine, über den Nahen Osten bis zur Taiwan-Frage: Die USA stehen vor einem mit vielen Unwägbarkeiten verbundenen Kurswechsel.
Anlagelösungen
Anleger, die in punkto Gold noch einen weissen Fleck im Portfolio haben, können diesen mit Hilfe des ZKB ETFs ZGLD einfach überpinseln. Dieser Fonds zählt zu den grössten seiner Art. Allein in der CHF-Anteilsklasse verwaltet die Zürcher Kantonalbank knapp CHF 5 Mrd. Die Verwaltungsgebühr beträgt 0.40%.
Eine eher kurzfristig ausgerichtete Trading-Postion ermöglicht der Mini Future Long MGOBZV. Mit diesem Papier lässt sich darauf setzen, dass Gold nach dem schwachen Start von heute morgen nach oben dreht. Gegenüber dem skizzierten Tagestiefst hat die Feinunze bereits rund USD 30 aufgeholt. Das Vontobel-Derivat zeigt einen Hebel von 4.9. Mit USD 2’222.60 liegt der Stop-Loss gut 18% unter dem Goldpreis. Am US-Wahltag war der Mini Future gefragt. An der SIX erreicht das bullishe Papier gestern ein Handelsvolumen von mehr als CHF 200’000