Hidden Champions mit Aufstiegschancen
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Martin Raab
Investment-Stratege
Die Reset-Taste für Anlegende ist gedrückt. Asset-Manager rapportieren jetzt ihre Performance. Für das neue Börsenjahr 2024 versprechen Nischen abseits von Big Tech und hochgelobten High Flyern gute Chancen. Let’s place your bets!
Die ersten Tage des neuen Jahres sind für vermögende Zeitgenossen traditionell vollgepackt mit E-Mails und physischen Briefen über «Vermögensinformationen». Egal ob U.S. oder U.K. Hedgefonds, Monaco Private Bank, Deutschem Spezialfonds oder Schweizer Vermögensverwalter – alle kommunizieren den «sehr geehrten Investorinnen und Investoren» die Anlage-Jahresleistung in Prozent. Selbsternannte Superstars aus London Mayfair kommen für 2023 beispielsweise auf rund 8.8% im Aktienmarkt, eine österreichische Weltaktien-Managerin sogar über 20% p.a. und im Durchschnitt rentierte das gemischte Portfolio in Euro bei 10% p.a. Ray Dalios hochgelobter Hedgefund Bridgewater Associates musste mit rund 8% Minus das Jahr abschliessen. Manche «Ikarus-Boutique» kam mit bitteren -44% Wertentwicklung im Jahr 2023 ganz hart in der Realität an. Einmal mehr gilt: «Solider Kern, spannende Satelliten, das verspricht die besten Renditen».
Unten kaufen
Bei den Portfolio-Satelliten, also den Zusatzanlagen zu den Kernanlagen, gibt es jetzt diverse Opportunitäten. Ein Beispiel: Hart auf dem Boden angekommen sind auch manche Old-Economy Champions in den letzten Monaten. Bei den Spannenden ist der Turnaround vom Management bereits eingeläutet. Bisher oft unbeachtet – im Gegensatz zu Big Tech – war hier konkret der Chemie-Sektor. Doch sind es die Tech-, Konsum- und Verteidigungssektoren, die Kunden des Chemical Sectors sind.
So ein «Bottom Fishing»-Kandidat ist Lanxess der heimliche Weltmarktführer für Spezialchemie. Vom Zusatzstoff für Getränke, um diese bakterienfrei zu halten, bis hin zu Additiven bei aller Arten von Gummireifen – Lanxess hält Marken- und Patentrechte für 1700 Produktanwendungen. Die Geschäftsleitung bei Lanxess hat die Ruder auf neuen Kurs gestellt, die fundamentale Bewertung ist mehr als günstig. Das bringt auch gewisse M&A-Gedanken ins Spiel, welche beim Industrie-Peer Covestro bereits hervorragende Performance dank Übernahmepläne aus Abu Dhabi gebracht hat. Let’s See.
Chemie-Player mit Zukunftsmusik
Sehr interessant ist auch ein Nischen-Play mit bayerischem Hauptsitz: Wacker Chemie. Bei Wacker trifft derzeit tiefste Bewertung und Turnaround zusammen. Die Mischung könnte ein lukratives Gebräu für Anlegende geben. Wacker ist ebenfalls weltweit tätig und produziert hoch entwickelte chemische Spezialprodukte – vom Kosmetikpuder bis hin zur Solarzelle. 3‘200 Produkte werden in über 100 Länder exportiert. Rund 70 Prozent des Umsatzes werden mit Produkten erzielt, deren Grundstoff Silicium ist. Für die restlichen 30 Prozent wird überwiegend Ethylen verwendet. Hauptabnehmer sind die Bau- und Automobilindustrie, daher der krasse Kursabschwung in den letzten Monaten. Der Markt hat hart diskontiert, mutmasslich deutlich zu hart. Jetzt muss geschaut werden, ob die Kursmarke von EUR 100 hält, ab EUR 90 kann dann gekauft werden.
Kurstechnisch am Boden, aber noch teuer ist auch Carl Zeiss Meditec, Weltmarktführer für Augenheil-Lösungen mittels Laserkorrektur. Der Unternehmensausblick für das laufende Geschäftsjahr 2024 signalisiert, dass der Tiefpunkt bei der Gesellschaft aus Jena in der Ergebnisentwicklung erreicht werde. Damit dürfte dann auch das Ende des seit drei Jahren andauernden Margenrückgangs erreicht sein. Mal schauen.
Über dem Atlantik könnte der Agro-Chemie-Konzern Mosaic Co. in nächster Zeit fruchtbaren Boden finden. Man stellt insbesondere Düngemittel her und ist seit wenigen Tagen unter Führung des ehemaligen Nordamerika-Chefs Bruce Bodine als globaler CEO. Der Neue kennt den Laden und hat gleichzeitig hohe Motivation, es allen zu zeigen wie Turnaround geht. Gleichzeitig experimentiert Mosaic derzeit mit Lösungen, um Lithium Iron Phosphate (LFP) für die Batterien Industrie nutzbarer zu machen. Das Duo aus Old School Dünger und «Back to the Future» könnte fruchten. Ebenso mit viel Zukunftsfantasie behaftet ist Air Products & Chem. Man baut an Europas grösstem Projekt für Blauen Wasserstoff in den Niederlanden und ist einer der führenden Adressen für Industrie-Gase buchstäblich aller Couleur – von blau bis grün.
Grün wird auch hoffentlich die übergreifende Wertentwicklung im Portfolio. Es gilt jetzt die Portfolio-Satelliten zu sortieren und günstig zuzugreifen. Schrittweise kaufen, aber beherzt. Dann funktioniert’s auch mit der positiven 2024er-Jahresperformance!
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Foto von Ricardo Cruz auf Unsplash