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Kryptos keine Alternative zu Swift

11.03.2022 5 Min.
  • Dennis Ehlert

Ein sehr spannender Gastbeitrag, geschrieben von Dennis Ehlert, Krypto Händler SEBA Bank, rund um das Thema der Kryptowährungen und den Sanktionen rund um die Krise in der Ukraine.

Die Ukraine-Krise hält die Finanzmärkte in Atem. Die vom Westen implementierten Sanktionen wie dem Ausschluss der meisten russischen Banken vom Kapitalmarkt und Zahlungsverkehr (Swift), dem Einfrieren sämtlicher Transaktionen der russischen Zentralbank sowie dem Exportverbot diverser Güter werden mittel- und langfristig eine schwere Rezession in Russland zur Folge haben. Für die Weltwirtschaft sind die Folgen noch nicht klar abschätzbar. Klar ist jedoch, dass die deutlich angestiegenen Rohstoffpreise einen wesentlichen Belastungsfaktor für die globale Konjunktur darstellen. Die Inflationsrate der Eurozone kratzt an der 6% Schwelle und wird aller Voraussicht nach im Laufe der nächsten Monate aufgrund weiterer Preisanstiege bei Nahrungsmitteln, Strom- und Rohölkosten in Richtung 7% ansteigen. In den Vereinigten Staaten stieg der Verbraucherpreisindex im Februar auf 7,9%, dem höchsten Wert seit 1982.

Umso mehr rückt der bevorstehende Zinsentscheid des FED Mitte März in den Fokus der Anleger. Während aktuell ein erster vorsichtiger Zinsschritt von 0,25% eingepreist ist, ist es durchaus möglich, dass Jerome Powell auf das hohe Inflationsniveau mit einem grösseren Schritt um 0,5% reagiert. Die Risikomärkte reagieren tendenziell negativ auf eine restriktive Zinspolitik, womit auch Kryptowährungen weiteren Abwärtsdruck von einem unerwartet hohen Zinsanstieg erhalten können.

Der Preis für Bitcoin handelt aktuell bei einem Kurs von 39’100 $ und konnte sich damit von seinem zwischenzeitlichen Tief von 34’300 $ zum Zeitpunkt der Invasion wieder erholen. Im Durchschnitt haben die zehn grössten Kryptowährungen seit Jahresbeginn Kursverluste von -23% erlitten. Die Gesamtmarktkapitalisierung aller Kryptowährungen liegt bei 1,8 Bio.

Hohe Krypto-Adoption in Russland und in der Ukraine

Innerhalb der vergangenen zwei Wochen hat der russische Rubel aufgrund der verhängten Sanktionen über 30% an Wert gegenüber dem US-Dollar verloren. Auch der ukrainische Hrywnja brach seit der russischen Invasion um mehr als 8% ein. Der Preis für Bitcoin in $ ist indes um 4% gestiegen. Vor allem der Handel in Rubel denominierte Bitcoin erfährt besonders hohe Nachfrage seit der Eskalation des Ukraine-Konflikts. Im Durchschnitt wurden pro Tag 200 in Rubel gehandelte Bitcoin gekauft, etwa fünfmal so viel wie in den Wochen zuvor. Die hohe Nachfrage bescherte dem Rubel-Bitcoin-Preis Kursgewinne von 35%. Laut eines Berichts der Analyseplattform Chainanalysis sind Kryptowährungen in Russland und der Ukraine weit verbreitet. Demnach liegt die Ukraine auf Rang vier des globalen Krypto-Adoption-Index.

In Russland wird die Anzahl digitaler Währungskonten auf über 12 Millionen geschätzt, mit einem Gesamtwert von etwa 20 Mrd. $. Schon vor dem Krieg stand Russland an dritter Stelle der Länder, die den grössten Anteil an Krypto-Transaktionen ins Ausland schickten, nach der Türkei und der Ukraine.

Bevölkerung sucht Zuflucht bei Bitcoin & Co.

Um das private Geldvermögen vor einer weiteren Abwertung der heimischen Währung zu schützen, hat ein Teil der russischen und ukrainischen Bevölkerung ihre Rubel- und Hrywnja- Bestände in Bitcoin getauscht. So wurden in der vergangenen Woche pro Tag etwa 200 in Rubel denominierte Bitcoin gekauft und damit fünfmal so viel wie in den Wochen zuvor.

Bei einem aktuellen Kurs von 39’100 $ entspricht das einem täglichen Wert von 7,8 Mio. Gemessen am gesamthaften täglichen Handelsvolumen von knapp 35 Mrd. liefern die Transaktionen dennoch nur einen geringen Beitrag.

Kryptos keine Alternative zu Swift

Neben Privatpersonen sind vor allem Unternehmen von dem Ausschluss russischer Banken aus dem internationalen Transaktionsnetzwerk Swift stark betroffen. In den Medien kursiert die Meinung, dass Kryptowährungen, welche von den verhängten Sanktionen nicht direkt betroffen sind, ein alternatives Zahlungsmittel für international agierende Unternehmen bieten.

Jedoch entkräften diverse Argumente diese These entscheidend. Das Swift-Netzwerk verbindet über 11’000 Finanzinstitute in über 200 Ländern und verarbeitet knapp 42 Millionen Transaktionen tagtäglich. Schätzungen zufolge werden allein in Russland jeden Tag Währungstransaktionen in der Höhe von 50 Mrd. $ getätigt. Dies würde das weltweite tägliche Transaktionsvolumen von Bitcoin sogar übersteigen. Damit steht die noch zu niedrige Liquidität des Kryptomarkts klar im Widerspruch zur oben genannten These.

Ein weiteres Argument welches gegen die Verwendung von Blockchain basierten Netzwerken als Transaktionsvehikel spricht, ist die tatsächliche Anonymität von Krypto-Transfers über die grössten Kryptobörsen wie Binance oder Kraken. Auch wenn die getätigten Transaktionen anonym sind, ist die Grösse einer Transaktion auf der Blockchain ersichtlich. Grossvolumige Transaktionen ziehen damit ungewollte Aufmerksamkeit auf sich. Zudem blockieren Kryptobörsen wie Binance Transaktionen von russischen Privatpersonen, die von den Vereinigten Staaten, Europa und Kanada explizit sanktioniert wurden. Gegen ein allgemeines Transaktionsverbot der russischen Bevölkerung, wie es von der ukrainischen Regierung verlangt wird, sprechen sich die meisten Kryptobörsen derzeit noch aus und verweisen damit auf die grundlegenden Prinzipien von Kryptowährungen.

Die Nutzung sogenannter Altcoins wie beispielsweise Ethereum stellt derzeit aufgrund der hohen Transaktionskosten (Gas Fees) auch keine geeignete Alternative zu Bitcoin dar.

Auf den von Joe Biden unterzeichnete Präsidialerlass zur Beurteilung von Risiken und Chancen digitaler Währungen reagierte der Kryptomarkt zunächst euphorisch mit Kursgewinnen von 8% und 9% bei Bitcoin und Ethereum. Zum einen sollen Richtlinien und Vorschriften zu digitalen Vermögenswerten den Weg für eine regulatorische Klarheit liefern und damit institutionellen Anlegern den Zugang zu Kryptowährungen erleichtern. Gleichzeitig sollen damit mögliche Schlupflöcher für sanktionierte Länder, Unternehmen oder Privatpersonen geschlossen werden, Transaktionen ausserhalb des regulierten Finanzsystems zu tätigen.

In wieweit Kryptowährungen zukünftig eine zentrale Rolle als alternatives Transaktionsnetzwerk einnehmen werden, hängt damit vor allem vom Wachstum und damit der zur Verfügung stehenden Liquidität sowie der länderübergreifenden Regulierung digitaler Vermögenswerte ab.

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