
Lufthansa: Kein Ende des Groundings in Sicht
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Wolfgang Hagl
Obwohl die Swiss-Mutter nur noch bei rund der Hälfte ihres Buchwertes notiert, sollten allenfalls mutige Optimisten dem Beispiel eines Münchner Unternehmens folgen und Lufthansa-Aktie ordern.
Eigentlich ist flightradar24.com das Metier der Luftfahrtfans. Über dieses Portal lassen sich die globalen Flugbewegungen in Echtzeit verfolgen. Doch momentan hilft ein Besuch der Seite, um sich ein Bild von den drastischen Folgen der Coronakrise für die Luftfahrtindustrie zu machen. Zwar tummeln sich über dem europäischen Kontinent nach wie vor viele Maschinen. Doch im Vergleich zu normalen Zeiten hat das Gewusel der mit gelben Symbolen dargestellten Jets enorm abgenommen.
Folgerichtig erlebten die Airline-Aktien in den vergangenen Wochen ein sprichwörtliches Grounding. Das gilt auch und gerade für die Deutsche Lufthansa. Wobei der Trend des DAX-Titels schon seit Anfang 2018 nach unten zeigt. Zu dieser Zeit herrschte beim Konzern mit den Kranich-Logo noch eitel Sonnenschein. Die Lufthansa hatte im Jahr zuvor neue Bestmarken eingeflogen. Gleichzeitig konnte sie durch die Pleite des Konkurrenten Air Berlin gerade in Deutschland ihre Vormachtstellung weiter ausbauen.
Liquiditätssicherung hat Priorität
Gut zwei Jahre später bringt die Lufthansa-Aktie weniger als ein Drittel der damaligen Höchststände auf die Börsenwaage. Neben den wagen Konjunkturaussichten machte dem Unternehmen vor der Krise insbesondere der enorme Preiskampf in Europa zu schaffen. Die Corona-Pandemie löste eine existenzielle Krise aus. Rund 9 von 10 Maschinen der Konzernflotte stehen am Boden. Bis Mitte April führt das Unternehmen Sonderflüge für rund um den Globus gestrandete Urlauber durch. Sobald die Heimholaktion abgeschlossen ist, soll der Flugplan gegen Null tendieren. Wenig überraschend traut sich CEO Carsten Spohr für 2020 keine Prognose zu. An der Bilanzpressekonferenz zeichnete er kürzlich für den gesamten Sektor ein düsteres Bild: «Wir gelangen zu der Erkenntnis, dass die Welt in unserer Branche nach der Krise eine andere sein.»
Die Lufthansa soll mit drastischen Kosteneinsparungen durch das Tal der Tränen kommen. Ausserdem wurde die Dividende für 2019 gestrichen. Auf diese Weise soll die Liquidität des Konzerns gesichert werden. «Die Lufthansa Group ist finanziell gut gerüstet, um auch einer aussergewöhnlichen Krisensituation wie der jetzigen zu begegnen», betonte CFO Ulrik Svensson. Gleichzeitig erklärte er, dass 86% der Flotte im Konzerneigentum sind. Ihren Buchwert taxiert der Finanzchef auf rund EUR 10 Mrd. Inklusive nicht genutzter Kreditlinien verfügt das Unternehmen über liquide Mittel von rund EUR 5.1 Mrd. Dem steht eine Finanzverschuldung von EUR 4.3 Mrd. gegenüber. Carsten Spohr macht keinen Hehl daraus, dass die Reserven nur für eine begrenzte Zeit reichen. «Je länger diese Krise andauert, desto wahrscheinlicher wird es, dass die Zukunft der Luftfahrt ohne staatliche Hilfe nicht gewährleistet werden kann», sagte er.
Anlagekonklusion:
Noch ist es nicht so weit. Doch die Skepsis der Börse gegenüber dem Carrier ist enorm. Mittlerweile notiert die Lufthansa-Aktie nur noch bei rund der Hälfte ihres Buchwertes. Ein Münchner Investor scheint in diesem extrem tiefen Multiple eine Kaufgelegenheit zu sehen. Jedenfalls hat der Unternehmer Heinz Hermann Thiele zuletzt eine Beteiligung von 10% an der Fluggesellschaft aufgebaut. Es braucht viel Mut und vor allem den Glauben an ein rasches Ende des Corona-Shutdowns, um diesem Beispiel zu folgen. Skeptiker können dagegen darauf setzen, dass die Aktie den Tiefpunkt noch nicht gesehen hat. Nachdem die historische Unterstützung bei EUR 8 gehalten hatte, machte das Papier an den vergangenen Boden gut. Einen erneuten Rücksetzer in Richtung des skizzierten Supports können Trader mit dem Unlimited Turbo CBU8PC ins Kalkül ziehen. Das von der Commerzbank auf Swiss DOTS sowie an der BX Swiss gehandelte Short-Papier zeigt aktuell einen Hebel von knapp 4.