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payoff Learning Curve

Minimaler Einsatz, maximale Wirkung

01.02.2023 6 Min.
  • Serge Nussbaumer
    Chefredaktor

Ein deutlich geringerer Geldeinsatz als bei einer Direktanlage gepaart mit einer Multiplikator-Wirkung sind ausschlaggebende Attribute von Hebel- Produkten. Hinzu kommt, dass Anleger in ihrer Meinung zu der erwartenden Kursrichtung völlig frei sind. Diese Anlageinstrumente lassen sich nämlich sowohl in Bull- als auch in Bear-Phasen effektiv einsetzen.

Die Themenvielfalt, die Anleger derzeit bewegen, ist enorm: Auf der Gefahrenliste steht unter anderem ein möglicher Wirtschaftsabschwung, die US-Schuldengrenze sowie der anhaltende Krieg in der Ukraine. Auf der Chancenseite befinden sich dagegen ein zeitnaher Stopp des Zinserhöhungszyklus, die Wiedereröffnung Chinas und sich erholende Unternehmensgewinne. Diese Inhalte werden auch in den kommenden Wochen und Monaten tonangebend an den Börsen bleiben. Für tradingorientierte Anleger ist die tatsächliche Richtung der Kurse aber nicht unbedingt entscheidend, denn sie können sich mit Hebel-Papieren abhängig von ihrer persönlichen Meinung auf jeder beliebigen Seite sowie auch bei den unterschiedlichsten Assets positionieren.

Warrants einfach erklärt

Doch bevor die Jagd auf den «schnellen Franken» beginnt, lohnt ein Blick auf die verschiedenen Produktgattungen, denn es gibt Unterschiede zwischen Warrants, Turbos, Mini Futures und Faktor-Zertifikaten. Bei den klassischen Optionsscheinen bestimmen zwei Komponenten den Kurs: der innere Wert sowie der Zeitwert. Erstgenannter gibt den Wert an, der sich ergibt, wenn man die dem Warrant zugrunde liegende Option ausübt. Angenommen ein Call berechtigt zum Kauf einer Aktie zu CHF 10, was zugleich dem Basispreis entspricht, und der Valor notiert aktuell bei CHF 15, dann beträgt der innere Wert CHF 5. Notiert die Aktie dagegen «aus dem Geld», also unter CHF 10 Franken, ist der innere Wert des Calls null. Das bedeutet aber nicht, dass der Optionsschein wertlos ist, denn in der Regel werden die Produkte während der Laufzeit zu einem über ihrem inneren Wert liegenden Preis gehandelt. Dieses Agio kennzeichnet den Zeitwert, also eine Prämie, welche der Käufer für die Aussicht zahlt, dass die Spekulation im Zeitverlauf aufgeht. Dabei spielt die implizite Volatilität eine entscheidende Rolle in der Preisstellung. Diesbezüglich gilt als Grundregel: Je stärker ein Basiswert schwankt, desto höher der Preis.

Vorsicht Knock-Out

Mini Futures vereinen dagegen die Vorteile von Warrants und klassischen Futures, und das ohne deren Nachteile. Denn einerseits sind sie wie Futures nahezu unabhängig von der Volatilität und bilden die Bewegung des Basiswertes vollständig ab. Andererseits ist der maximale Verlust wie bei Warrants auf den Kapitaleinsatz beschränkt. Auch der Zeitwert spielt keine Rolle, die Produkte verfügen über eine Open-End-Struktur und ihr Preis errechnet sich aus dem inneren Wert zuzüglich einem Aufgeld. Dieses besteht hauptsächlich aus Finanzierungskosten. Hintergrund ist, dass der Anleger bei einem Mini Future long nur den über den Basispreis hinausgehenden Kurs des Basiswerts zahlt. Liegt wie im bereits erwähnten Beispiel der Basispreis einer Aktie bei CHF 10, müsste der Käufer eines Mini Futures bei einem aktuellen Kurs des Valors von CHF 13 theoretisch nur CHF 3, also den inneren Wert, für den Kauf hinblättern. Dieser Betrag wird aber um die Finanzierungskosten aufgestockt, da der Emittent dem Anleger sozusagen einen Kredit gewährt. Diese Finanzierungskosten werden kontinuierlich angerechnet. In Folge verändert sich täglich der Basispreis. Da also die implizite Volatilität keine Rolle spielt und die Laufzeit unbegrenzt ist, haben diese Produkte im Vergleich zu Optionsscheinen gewisse Vorzüge. Nicht zu vernachlässigen ist aber, dass auch das Risiko höher ist. Denn in Mini Futures ist ein Stopp Loss verankert, sodass Inhaber bei einer Verletzung der Barriere den Verlust eines grossen Teils ihres eingesetzten Kapitals erleiden. Anleger bekommen dann nur noch den Restbetrag zwischen Finanzierungslevel und dem Kurs, zu dem der Emittent die Sicherungsgeschäfte auflösen konnte. Bei einem Warrant hingegen hat der Anleger die gesamte Laufzeit hinweg die Chance, dass sich der Basiswert in die erhoffte Richtung entwickelt.

Weitgehend vergleichbar mit den Mini Futures sind in ihrer Wirkungsweise Turbo-Zertifikate (Knock-out Warrants). So wird bei diesen Papieren der Basiswert ebenfalls nur zu einem Bruchteil seines Preises erworben, woraus letztendlich die Hebelwirkung hervorgeht. Bei Turboscheinen mit unbegrenzter Laufzeit findet tagtäglich eine Anpassung des Basislevels und der Knock-Out-Schwelle statt, die bei diesem Produkttyp immer mit dem Basispreis identisch ist. Verletzt also der Basiswert diese Barriere, erleidet der Anleger – anders als beim Mini Future wo in der Regel noch ein kleiner Restbetrag ausbezahlt wird – quasi einen Totalverlust.

«Heisse» Trading-Chancen

Soweit die Theorie – in der Praxis können spekulativ orientierte Anleger die Produkte in nahezu allen Assetklassen einsetzen. Ein gutes Beispiel für den Einsatz eines Warrants zeigt sich aktuell bei Logitech. Die Volatilität hat sich auf Wochensicht im Vergleich zu einem Monat nahezu halbiert. Das liegt vor allem daran, dass der Aktienkurs nach dem Crash im Zuge der Gewinnwarnung auf der Stelle tritt. Sollte sich der negative Trend aber weiter fortsetzen, würde ein Put-Optionsschein doppelt profitieren. Einerseits von dem Kursrückgang, anderseits von der dann wieder steigenden Vola, die den Schein zusätzlich verteuern würde.

Bei Öl wäre dagegen aktuell ein Mini Future long von Vorteil. Im Zuge von Konjunkturhoffnungen macht sich das schwarze Gold in Richtung des dreistelligen Bereichs auf den Weg. Damit lässt sich mit kleinem Kapitaleinsatz effektiv auf eine Trendfortsetzung spekulieren, ohne dass der Trading-Zeitraum zuvor exakt abgesteckt werden muss. Am Devisenmarkt steht derweil das Währungspaar EUR/CHF im Fokus. Die europäische Gemeinschaftswährung kämpft derzeit um die Paritätsgrenze und könnte sich bei einem Erfolg schnell in Richtung CHF 1.04 bewegen.

Wer dagegen auf ein Ende des Zinszyklus in den USA setzen möchte, kann dies mit einem Faktor-Zertifikat auf die 10-Year U.S. Treasury Note tun. Die Besonderheit bei diesem Hebel-Produkt ist, dass sich kein Knock-Out in der Struktur befindet und der Hebel immer konstant bleibt. Dies ist möglich, da nach jedem Handelstag ein neuer Referenzkurs bestimmt wird, welcher als Basis für die Wertentwicklung des Folgetages gilt. Daher eigenen sich die Faktor-Zertifikate vor allem für einen kurzfristigen Einsatz.

Wie aufgezeigt sind die Chancen von Hebel-Papieren enorm. Wir möchten Sie nun aber nicht ohne einen gebührenden Risikohinweis aus diesem Artikel entlassen. Bei allen Hebelprodukten bietet die Multiplikator-Funktion nämlich Chance und Risiko zugleich, da der Hebel in beide Richtungen wirkt. Er kann somit den Gewinn vervielfachen, aber auch Verluste verstärken. Selbst ein Totalverlust ist nicht abwegig. Anleger sollten dies bei der Höhe ihres Kapitaleinsatzes stets berücksichtigen.

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