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payoff Interviews

Mit SARON-basierten Produkten gibt es Gewissheit, immer Daten auf wirklichen Markttransaktionen zu verwenden.

14.05.2019 5 Min.
  • Serge Nussbaumer, Chefredaktor

Christian Bahr, Head Index & iNav Services, SIX / SIX SMI Indices, über die Ablösung des LIBORs durch den SARON, die wichtigsten Unterschiede, die Hürden, die es zu nehmen galt und gilt, und was sich für den Endkunden ändert.

Herr Bahr, die Swiss Average Rate Overnight oder kurz SARON löst hierzulande den LIBOR ab, der ab dem 31. Dezember 2021 nicht länger von der britischen Finanzaufsicht FCA unterstützt wird. Welche Überlegungen stecken hinter dieser Entscheidung?
Weltweit haben Arbeitsgruppen in Zusammenarbeit mit den Nationalbanken seit 2012 an Verbesserungen und schliesslich an Alternativen zum LIBOR gearbeitet, nachdem dessen Unzulänglichkeiten und die Manipulationen sichtbar wurden. Um den Marktteilnehmern einen Zeitraum vorzugeben, wird die FCA die Unterstützung des LIBOR per Ende 2021 aufgeben und die Verpflichtungen für Banken aufheben, zum LIBOR beizusteuern. Die Nationale Arbeitsgruppe für Referenzzinssätze in Franken (NWG) hat am 5. Oktober 2017 SARON als Nachfolger zum CHF-LIBOR empfohlen.

 

Welches sind die wichtigsten Unterschiede des SARON im Vergleich zum CHF-LIBOR?
Zur Bestimmung des LIBOR melden ausgewählte Banken zu welchen Sätzen sie Geld aufnehmen könnten. Je nach Währung sind dies 8 bis 12 Institute. Es sind Schätzungen, zu welchem Zinssatz Geschäfte theoretisch abgeschlossen werden könnten. Der SARON hingegen beruht auf wirklichen Transaktionsdaten des CHF-Marktes, der Repo Handelsplattform, die SIX betreibt.

 

«Der SARON hingegen beruht auf wirklichen Transaktionsdaten des CHF-Marktes, der Repo Handelsplattform, die SIX betreibt.»

 

Wie werden beim SARON 3- bzw. 6-monatige Laufzeiten bestimmt?
Der SARON ist ein sogenannter Overnight-Satz für den Zins von heute zum nächsten Handelstag. Um die Zinszahlung für eine längere Zeitperiode zu ermitteln, werden die täglichen SARON-Sätze kumuliert. Man spricht dann von einem sogenannten Compound SARON, in dem von heute jeweils alle täglichen SARON Werte der letzten drei oder sechs Monate zusammengezogen werden. In seiner Grundform ist dieses Vorgehen sehr einfach und zudem transparent nachvollziehbar. Aus Endkundensicht wäre es wünschenswert, wenn die Banken dieses einfache Vorgehen bei der Produktgestaltung übernehmen würden.

 

Der SARON ist im Unterschied zum CHF-LIBOR ein Tageszins. Das erhöht die Unsicherheit für Kredit- und Hypothekarnehmer. Welchen Einfluss hat nach Ihrer Auffassung der Wechsel von CHF-LIBOR zu SARON auf Kredit- und Hypothekarnehmer?
Die Wahl für ein variables Finanzprodukt auf LIBOR, SARON oder andere Zinssätze bedeutet immer mehr Zinsänderungsrisiko gegenüber einer Festzinshypothek. Die Nutzung des Compound SARON anstelle des LIBOR erhöht nicht notwendigerweise die Unsicherheit. LIBOR basiert nur auf Schätzungen, die schwer, wenn überhaupt verifizierbar sind, und zusätzlich gab es in der Vergangenheit Manipulationen. Mit SARON-basierten Produkten gibt es Gewissheit, immer Daten auf wirklichen Markttransaktionen zu verwenden.

 

Von einigen Exponenten wurde bemängelt, dass es sich beim SARON um eine nationale und keine internationale Lösung handelt. Was wird von Seiten von SIX unternommen, damit die hiesige Umstellung nicht zu einer Instabilität führt?
SIX ist Teil der NWG, welche in intensivem Austausch mit den Gruppen aus den anderen Währungsräumen steht. Denn bereits heute gibt es nicht eine einzige internationale Lösung, die die spezifischen Anforderungen und Nutzungen reflektiert. Während der LIBOR seine Relevanz für den US-Dollar, das britische Pfund und den Schweizer Franken hat, gibt es für die Eurozone und andere Länder individuelle Lösungen. 

Mit der robusten Methodologie des SARON und der zugrunde liegenden Datenbasis, dem Schweizer Repo Markt von SIX, mit über 160 in- und ausländische Banken und Versicherungen als Teilnehmer sind wir sehr breit aufgestellt.

 

Der SARON wird im Derivatemarkt oder für Strukturierte Produkte essenziell werden. Es besteht die Gefahr, dass mit der Anwendung des SARON anstelle des CHF-LIBOR die Emittenten ihre Preisgestaltung verstärkt zu Lasten der Produktkäufer ausrichten werden. Teilen Sie diese Ängste (inkl. kurze Begründung)?
Referenzzinsätze sind einer von vielen Parametern zur Erstellung und Bewertung von Strukturierten Produkten, aber nicht in jedem Strukturierten Produkt notwendig. Es gibt auch nur wenige Produkte, die reine Tracker von Zinssätzen sind. Der Wechsel eines Zinssatzes ist kein Grund, die Preisgestaltung anzupassen, insbesondere da SARON und der CHF-LIBOR auf gleichem Niveau sind. Auch auf Grund des Wettbewerbsumfelds der Emittenten untereinander, ist so etwas nicht zu erwarten.

 

Wie sieht gegenwärtig der Fahrplan aus bezüglich der Ablösung des CHF-LIBOR durch den SARON resp. was sind die nächsten Schritte?
Neben dem SARON stellt SIX Informationen zum Compound SARON bereit. Unser Ziel ist es, für Standardperioden von ein bis zwölf Monaten bzw. 30 bis 360 Tagen jeweils einen Compound SARON als Benchmark anzubieten. Beispieldaten stehen bereits auf unser Website.

Parallel arbeiten verschiedene Banken, Infrastruktur- und Softwareanbieter an Projekten, um neue SARON-Finanzprodukte zu ermöglichen und Bewertungen über die Kumulierung des SARON zu ermöglichen. Es ist daher denkbar, bereits Ende diesen Jahres weitere Finanzprodukte, wie Floating Rate Notes, auf den SARON, zu sehen.

 

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