Zurück
payoff Christian Machts Head of Central Europe bei Fidelity International Interviews

Neue Allianzen und alte Feindbilder: Was bringt Trump der Weltwirtschaft?

09.01.2025 7 Min.
  • Serge Nussbaumer
    Chefredaktor

Christian Machts, was sind Ihrer Meinung nach die zentralen politischen Ziele für die zweite Amtszeit von Donald Trump?

Donald Trump hat die Präsidentschaftswahl klarer als erwartet gewonnen und kann mit republikanischen Mehrheiten sowohl im Senat als auch im Repräsentantenhaus regieren. Im Gegensatz zu seiner ersten Präsidentschaft ist bei Trumps Rückkehr ins Weisse Haus mit einem planvolleren Regierungsstart zu rechnen – allenfalls auch gestützt auf das unter Leitung der Heritage Foundation formulierte «Project 2025». Schwerpunkte des Wahlkampfs waren eine rigidere Einwanderungspolitik, eine die heimische Wirtschaft stärkende Handelspolitik und Steuersenkungen. Auch in der Aussenpolitik ist mit einem stärkeren Fokus auf «America First» zu rechnen.

Welche innenpolitischen Massnahmen könnten ganz oben auf seiner Agenda stehen – Steuerreform, Gesundheitsreform oder Einwanderungspolitik?

Wahlentscheidend waren vor allem innenpolitische Themen, wie die Abschiebung illegal eingereister Migranten und eine Verschärfung von Asylregeln. Weitere Schwerpunkte des Wahlkampfes war die Stärkung der Wirtschaft durch Zölle und eine laxere Umweltpolitik. Die Zolleinnahmen sollten nicht nur die heimische Wirtschaft stützen, sondern auch Spielräume schaffen, Steuern weiter zu senken. Das Thema Gesundheit spielte im Wahlkampf nur eine untergeordnete Rolle, bei der Trump eher vage blieb.

Welche Auswirkungen könnte eine zweite Amtszeit von Trump auf die US-Wirtschaft haben, und welche Wirtschaftsreformen wären dabei zu erwarten?

Trumps zweite Regentschaft wird deutliche Änderungen in der Wirtschaftspolitik bringen. Am wichtigsten werden seine Vorschläge zur Handelspolitik sein, vor allem die Anwendung von Zöllen, bei denen Trump über erhebliche Exekutivbefugnisse verfügt. Die diskutierten Zölle in Höhe von 60% auf Importe aus China und Zölle in Höhe von 10% bis 20% für andere Länder wären wesentlich gravierender als die der vorherigen Trump-Regierung und könnten den effektiven Zollsatz in den USA um fast das Sechsfache auf den höchsten Stand seit der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg anheben. Dies kann sich auf das langfristige US-BIP-Wachstum auswirken und gleichzeitig einen einmaligen Schock auf die Kerninflation ausüben. Die ersten Amtshandlungen von Trump werden entscheidend für die weitere Beurteilung der ökonomischen Folgen sein. Vieles hängt davon ab, ob Trump die Zölle nur als Faustpfand für Verhandlungen nutzt oder darin ein echtes Instrument zur Finanzierung des Haushaltsdefizits sieht – was aber bei Weitem nicht ausreichen würde. 

Könnte Trump seine protektionistische Handelspolitik weiter verschärfen? Welche Auswirkungen hätte dies auf globale Märkte und Handelspartner wie China oder die EU?

Wir erwarten nicht, dass Trump seine Zolldrohungen sofort vollumfänglich umsetzen wird. Vielmehr wird er sie eher als Druckmittel nutzen, um bessere Abkommen auszuhandeln, und daher eher einen schrittweisen Ansatz wählen. Dafür spricht auch die Nominierung von Scott Bessent als Finanzminister. Der erfahrene Hedgefonds-Manager sorgt sich um die hohen US-Staatsschulden und mahnte, die angedrohten Handelszölle behutsam einzuführen. Unabhängig davon sehen wir China, Europa und Mexiko, die die grössten Handelsdefizite mit den USA haben, als die am stärksten betroffenen Länder. 

Wie könnte seine Steuerpolitik für Unternehmen und Bürger aussehen? Wird es neue Entlastungen oder Verschärfungen geben?

Trump hat angekündigt, den Körperschaftssteuersatz für Unternehmen, die ihre Produkte in den USA herstellen, von 21% auf 15% zu senken. Ausserdem sollen Steuervergünstigungen für Familien ausgebaut werden. Auch soll der aktuelle Spitzensteuersatz bei der Einkommensteuer von 37% nicht erhöht, sondern allenfalls gesenkt werden. In der Diskussion stehen viele weitere Massnahmen, wie die Befreiung von Trinkgeldern und Überstundenvergütungen von der Einkommensteuer und die Einführung einer Steuergutschrift für pflegende Angehörige. Welche Vorschläge umgesetzt werden ist Stand heute spekulativ. 

In seiner ersten Amtszeit hat Trump ein ambivalentes Verhältnis zu internationalen Bündnissen wie der NATO gezeigt. Wie könnte sich dies in seiner zweiten Amtszeit entwickeln?

Kurz nach der US-Wahl drohte Trump mit einem NATO-Austritt, sollten die Verbündeten nicht mehr Geld für Verteidigung ausgeben. Kürzlich wurde bekannt, dass er von den NATO-Mitgliedsländer fordert, ihre Verteidigungsausgaben bis auf 5% ihres BIP zu erhöhen. Im Gegenzug wolle er die Ukraine weiterhin militärisch unterstützen. Es ist davon auszugehen, dass er diese Zahl als Druckmittel für weitere Verhandlungen nutzt. 

Was ist das Department of Government Efficiency (DOGE) und was sind seine wichtigsten Aufgaben?

Das DOGE ist ein Beratungsgremium ausserhalb der US-Regierung. Unter der Leitung von Elon Musk und Vivek Ramaswamy sollen Strukturreformen und Vorschläge zur Kürzung von Regierungsausgaben erarbeitet werden. Durch Deregulierung, Bürokratieabbau, eine reduzierte Bundesverwaltung und Einsparungen sollen bis zum 250. Jahrestag der Unterzeichnung der Unabhängigkeitserklärung über USD 500 Milliarden jährlich eingespart werden. Es wird spannend, wie man einerseits starke Einschnitte in den Staatsapparat ohne massiven Widerstand durchsetzen kann und andererseits mit Interessenskonflikten umgeht. 

Wie könnte Donald Trump in einer künftigen Amtszeit die Zusammenarbeit mit visionären Unternehmern gestalten, insbesondere in den Bereichen Technologie, Raumfahrt und erneuerbare Energien?

Visionäre Unternehmer können Impulse liefern – für die Politik, die Wirtschaft und einzelne Unternehmen. In diesem Punkt waren die USA immer führend, da immer wieder einflussreiche Unternehmer Regierungsaufgaben übernommen haben bzw. die Regierung beraten haben. Elon Musk ist in puncto Innovationen sicher ein wichtiger Faktor für die Trump-Regierung. Allerdings ergeben sich auch Interessenkonflikte. So erhält Tesla staatliche Fördergelder, und das Raumfahrtunternehmen SpaceX profitiert von milliardenschweren Staatsaufträgen. Auch persönliche Konflikte sind nicht auszuschliessen, wenn zwei dominante Charaktere zusammenarbeiten.

Welche Unternehmen werden Ihrer Meinung nach profitieren? Welche Aktien sollte man im Auge behalten?

Wir sind aktuell bei Aktien übergewichtet, mit einer leichten Präferenz für die USA, da die dortigen Wachstumsimpulse noch immer stark sind. Politische Börsen haben jedoch bekanntlich kurze Beine. Wir konzentrieren uns daher eher auf langfristige Fundamentaldaten und halten nach taktischen Möglichkeiten Ausschau, die sich aus Trumps Politik ergeben könnten. Wir fokussieren uns eher auf mittelgrosse Unternehmen, die ähnliche Gewinnaussichten haben wie Large Caps, aber deutlich günstiger bewertet sind. Man sollte detailliert betrachten, welche Märkte und Unternehmen unter den Zöllen leiden werden. Hier ist abzuwarten, welche Massnahmen konkret ergriffen werden. Ein weiterer Aspekt ist, dass China noch Spielraum hat, um den Folgen von Zollerhöhungen mit Stimulierungsmassnahmen zu begegnen. Dies kann erhebliche Auswirkungen auf einige Assets haben – von chinesischen Aktien über den Dollar bis hin zu Staatsanleihen. In puncto Sektoren erwarten wir, dass sich die angekündigte Deregulierung, Steuersenkungen und die Möglichkeit höherer Zinsen den US-Finanzsektor unterstützen können. Auch Versorger und Energietitel sowie Gesundheitstitel könnten profitieren.

Wird der S&P 500 Ende 2025 höher oder tiefer stehen als Ende 2024? Und worauf führen Sie das zurück?

In einer Spätphase des Konjunkturzyklus erwarten wir weitere Gewinnsteigerungen und sind daher optimistisch für US-Aktien. Doch sind die Erwartungen nach zwei extrem erfolgreichen Jahren für 2025 deutlich moderater. Es wird immer wichtiger, Unternehmen individuell zu analysieren und bei den Bewertungen diszipliniert zu bleiben. Als aktiver Manager suchen wir nach Trends und Unternehmen, die unter ihrem inneren Wert gehandelt werden. Gerade in volatilen Märkten erwarten wir Chancen für Stockpicker.

Welche Strategie verfolgen Sie für Fidelity in der Schweiz und welches werden die wichtigen Neuerungen 2025 sein?

Die Schweiz ist einer unserer Kernmärkte in Europa. Über das lokalen Business hinaus hat die Schweiz für uns auch im Geschäft mit internationalen Kunden grosse Bedeutung. Wir arbeiten intensiv an unserer Positionierung und unserem Produktangebot sowohl im Bereich aktiver Strategien als auch von ETFs, wo wir heute in Europa bereits eine relevante Grösse sind. Hier werden wir unseren besonderen Fokus setzen. Zudem bauen wir unsere Teams in Zürich und Genf weiter aus. Wir wollen einer der Top-Produkt-Lieferanten für unsere Kunden sein und uns vom Wettbewerb klar abheben.

Vielen Dank!

__

Christian Machts ist Head of Central Europe bei Fidelity International. In seiner Position ist Christian Machts für die Betreuung von Kunden und die Stärkung des Fondsgeschäfts in Deutschland, Österreich, der Schweiz, Osteuropa und den nordischen Ländern verantwortlich. Christian Machts verfügt über 20 Jahre Erfahrung in der Branche. Vor seiner Tätigkeit bei Fidelity arbeitete er für BlackRock, zudem war er langjährig bei der Commerzbank tätig.

Weitere News aus der Rubrik

Unsere Rubriken