Neue digitale Weltwährung mit altbekannten Schwächen
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Lidia Bolla
Die Ankündigung von Facebook Libra mit namhaften Partnern lancieren zu wollen, hat hohe Wellen geschlagen. Wo liegen die Gründe von Facebook eine Weltwährung zu kreieren und wie handhaben sie es in Punkto Privatsphäre?
Crypto-Währungen haben gerade bei uns Schweizern oftmals einen schweren Stand. Die Vorteile, welche diese digitalen, dezentralen, «peer-to-peer» Zahlungssysteme mit sich bringen, fallen bei uns nicht ganz so ins Gewicht, da uns mit dem Schweizer Franken eine stabile und sichere Währung zur Verfügung steht. Das Vertrauen, das wir in unsere zentralen Instanzen, wie die Schweizerische Nationalbank und die Geschäftsbanken haben können, findet man aber kaum anderswo auf der Welt. Viele Länder und ihre Währungen leiden unter grassierender Inflation. Die Bevölkerung hat vielerorts kein Vertrauen in die eigene Währung und weicht deshalb auf alternative Aufbewahrungs- und Tauschmittel, wie den US-Dollar oder sogar Handyguthaben, aus. Eine weitere Herausforderung ist, dass heute noch fast zwei Millarden Menschen keinen Zugang zu einem Bankkonto haben und ihnen somit der Zugang zu Finanzsystemen fehlt.
Libra hat es sich deshalb zur Mission gemacht, all diesen Menschen ein stabiles, zugängliches und globales Zahlungsmittel, also eine Weltwährung, zu ermöglichen. Das Erfordernis einer zentralen Instanz, die im Sinne aller Interessen handelt, hat eine Weltwährung bisher quasi unmöglich gemacht. Die dezentralen Aspekte der Blockchain-Technologie, erlauben nun aber eine solide Grundlage für ein solches Unterfangen, ohne zentrale Kontrollstelle. Warum soll aber genau Libra sich als globale, digitale Währung durchsetzen können? Wahrscheinlich ist es der gemeinnützige Zweckverband von namhaften internationalen Unternehmen und Organisationen, allen voran Facebook, die dem Projekt anscheinend eine gewisse Seriosität verleihen. Facebook hat es bereits einmal geschafft, einen Grossteil der Weltbevölkerung zu adressieren und Namen wie Mastercard, Visa und Paypal, alle Teil des Netzwerkes, sind natürlich absolute Experten in Bezug auf Zahlungssysteme.
Um die gewünschte Währungsstabilität zu gewährleisten, soll Libra mit realen Werten, also risikoarmen Anlagen aus einem Basket von Leitwährungen (US-Dollar, Euro, Japanischer Yen und Pfund Sterling) hinterlegt werden.
Libra soll eine zugängliche, globale und durch Wertreserven gedeckte Währung sowie Finanzinfrastruktur werden. Möglich soll das die unabhängige Libra Association machen, die dafür das Ökosystem entwickelt und das dezentrale Netzwerk für eine sichere und skalierbare eigene Blockchain, unterhält. Für die beabsichtigte Lancierung der Währung im ersten Halbjahr 2020 erwünscht sich die Libra Association ein Netzwerk von ca. 100 Mitgliedern aus geographisch verteilten und diversifizierten Geschäftszweigen, non-profit und multilateralten Organisationen sowie akademischen Instituten. Sie alle sollen für ein dezentrales, sicheres und transparentes Zahlungsnetzwerk sorgen. Um die gewünschte Währungsstabilität zu gewährleisten, soll Libra mit realen Werten, also risikoarmen Anlagen aus einem Basket von Leitwährungen (US-Dollar, Euro, Japanischer Yen und Pfund Sterling) hinterlegt werden. Während der Wert von Libra selbst fluktuieren kann, soll mit den unterliegenden Sicherheiten die Volatilität reduziert werden. Die Zinsen gehen dabei nicht an die Libra-Nutzer, sondern an die Libra Association, die damit ihre Unkosten deckt.
Libra wird in das Facebook Ökosystem, wie den Messenger, WhatsApp und Facebook.com eingebettet. Dafür dient auch die eigene Calibra Wallet. Die Facebook-Plattform soll die globale Adoption beflügeln und Libra rasch in alle Winkel der Welt bringen. Dies bietet natürlich einen entscheidenden Vorteil im Vergleich zu bestehenden Crypto-Währungen. Die Infrastruktur sowie die Community sind bereits weitgehend vorhanden und die Nutzerhürden vermutlich gewohnt niedrig. Libra könnte daher tatsächlich einen entscheidenden Schritt Richtung neue digitale Welt bedeuten. Das auf persönliche Daten spezialisierte Facebook festigt damit nochmals seine Vormachtstellung und erhält so Datenzugang zu einem globalen Finanzsystem und einem Konsumentenverhalten mit unschätzbarem Wert. Die Daten auf der Blockchain sind grundsätzlich pseudoanonym. Aber durch die direkt ins Ökosystem integrierte «Calibra Wallet» kann Facebook sicherlich einfach entsprechende Rückschlüsse ziehen. Es verwundert daher auch nicht, dass Transaktions- und Netzwerkriesen wie Mastercard, Paypal, Visa, Iliad, Vodafone, Spotify und Uber bereits Teil der Libra Association sind.
Libras Unterfangen könnte sehr wohl Erfolg haben. Dazu hilft sicherlich auch das Einflussreiche Netzwerk der Libra Association. Wenn Libra die entsprechende Zweckmässigkeit und Komfort bietet, wird die grosse Masse wohl auch über die Datenmacht hinwegsehen. Im Zusammenhang mit der Währungsreserve beabsichtigt Libra eine tiefere Volatilität, gerät aber auch in die gewohnte Abhängigkeit der traditionellen Währungen. Die globale Währungspolitik der letzten Jahre hat uns gut aufgezeigt, dass auch die Leitwährungen US-Dollar, Euro und der Japanische Yen nicht ganz gefeit vor Bedenken sind. So fragt sich, wo noch risikoarme Anlagen zu finden sind, die auch noch einen positiven Zins abwerfen. Schliesslich wird es spannend zu sehen, wie die Zentralbanken darauf reagieren. Eine solche Weltwährung könnte z. B. dem US-Dollar etwas an Bedeutung abnehmen und die Steuerung der Geldpolitik der einzelnen Länder erschweren. Nichtsdestotrotz sind wir sehr gespannt, wie sich Libra, auch im Vergleich mit anderen Crypto-Währungen, entwickelt.