Pfandbesicherte Zertifikate – Kein Schutz für alle Fälle
Die Derivatbranche ist bemüht, das Vertrauen der Anleger wieder zurückzugewinnen. Mit Pfandbesicherten Zertifikaten (Collateral Secured Instruments, COSI) wurde ein erster Schritt getan. Trotz der lobenswerten Initiative stellen sich Fragen. Was geschieht tatsächlich, wenn der Emittent Konkurs geht? Was darf als Pfand eigentlich hinterlegt werden? Ein Blick hinter die Kulissen klärt auf.
«ABS können nicht als Pfand hinterlegt werden»
Gemäss Rahmenvertrag können für die Besicherung von Zertifikaten die folgenden Collaterals gestellt werden:
- SNB-fähige Collaterals
- EZB-fähige Collaterals
- Ausgewählte Aktien
- Buchgeld (CHF, EUR, GBP, JPY, USD)
Ob die EZB-Liquditätskategorie V ebenfalls als Pfand akzeptiert wird, geht aus dem Rahmenvertrag nicht hervor. Darin enthalten sind sogenannte Asset-backed Securities (ABS). Matthias Müller, Senior Business Analyst der SIX Swiss Exchange präzisiert jedoch: «Der Sicherungsgeber bzw. der Emittent kann als Pfand zur Zeit lediglich die EZB-Klassen I bis III hinterlegen. Welche Sicherheiten sich in den Klassen I bis III befinden, kann in der «Guideline of the European Central Bank» eingesehen werden. Des Weiteren muss der Schuldner über ein akzeptables Rating verfügen und die Emission eine genügende Höhe aufweisen.»
ABS, die sich in der Liquiditätsklasse V befinden, kommen folglich nicht zur Anwendung. Die Formulierung über die Verwendung von Aktien als Pfand ist ebenfalls offen: «Aktien sind grundsätzlich zulässig als Pfand, sofern sie Bestandteil eines Index sind, der Mindestanforderungen an die Liquidität stellt. Dazu haben wir uns an den Vorgaben von CESR (The Committee of European Securities Regulators) orientiert, welche eine Liste aller liquiden Aktien in Europa unterhält. Zur Anwendung kommen Indizes wie beispielsweise der SLI, der DAX oder der CAC40», so Müller. Im Rahmenvertrag gibt es darüber keine genaueren Angaben. Akzeptiert werden jene Sicherheiten, die auf Seite 8 der Collateralisation Product Specification der Eurex Zürich AG aufgelistet sind.
Die EZB-Kriterien in Sachen Pfand sind eher lasch, insgesamt können rund 20’000 Aktien als Pfand verwendet werden. Darunter gibt es gar Valoren von Unternehmen, deren Bonität nicht im Bereich Investment Grade liegt.
Die Schweizer Börse hingegen hat strengere Kriterien definiert, vom gesamten EZB-Universum können nur ca. 4000 Titel als Pfand verwendet werden.
SIX Swiss Exchange entscheidet subjektiv
Pfandbesicherte Zertifikate mögen das Emittentenrisiko minimieren, ausgeschaltet wird es allerdings nicht. Geht die herausgebende Bank Konkurs, gestaltet sich die Veräusserung des Pfandes wie folgt:
1.) Tritt ein Verwertungsfall ein, werden die im Rahmenvertrag für die Besicherung von Zertifikaten gestellten Sicherheiten durch die Schweizer Börse veräussert. Ein Verwertungsfall tritt beispielsweise ein, wenn der Emittent bzw. der Sicherungsgeber die geschuldeten Sicherheiten nicht rechtzeitig oder mängelfrei leistet, sofern der entsprechende Mangel nicht innerhalb von drei Bankwerktagen behoben wird. Kommt der Emittent diesen Pflichten nicht nach, hat er eine Margin Call noch am gleichen Tag zu leisten. Kann er diese nicht erfüllen, wird das Pfand spätestens nach 72 Stunden veräussert.
2.) Die Schweizer Börse ist berechtigt, sämtliche bestehenden Sicherheiten bei einem Verwertungsfall umgehend oder zu einem späteren Zeitpunkt zu veräussern. In Absprache mit dem entsprechenden Broker hat die SIX die Befugnis, innerhalb von 72 Stunden das hinterlegte Pfand am Markt zu verkaufen. Hier kann es je nach Timing des Verkaufs zu unerfreulichen Verlusten für den Anleger kommen. Denn an dem Tag, als Lehman Pleite ging, sackten die Kurse an den Aktienmärkten in den Keller. Auch in den zwei darauf folgenden Tagen stand die Börsenampel auf rot. Wäre das Pfand nicht unmittelbar nach der Pleite verkauft worden sondern zwei Tage danach, hätte der Anleger erhebliche Verluste erdulden müssen. Zumindest hätte der Haircut von 10 Prozent die Einbusse geschmälert.
In der Regel hat der Anleger Anrecht auf eine Auszahlung von 100 Prozent. «Wenn ein als Pfand dienendes Aktienportfolio trotz Diversifikationseffekt innert weniger Tage übermässig an Wert einbüssen sollte (z.B. 25 Prozent), hat der Investor – bei einem Haircut von 10 Prozent – 15 Prozent eingebüsst. Nur diese verbleibenden 15 Prozent fallen als Restforderung in die Konkursmasse.», erklärt Müller.
Fazit: Pfandbesicherte Zertifikate sind grundsätzlich eine sinnvolle Innovation, haben allerdings ihren Preis. Bei EFG Financial Products beträgt der Aufschlag 9 Basispunkte, etwas höher ist er bei der Bank Vontobel. Allerdings müssen sich Anleger im Klaren sein, dass COSIs nicht das Emittentenrisiko ausschalten, sondern «lediglich» das Gegenparteirisiko minimieren. Auch aus Emittentensicht bieten COSIs Chancen. Denn Kunden müssen nicht notwendigerweise bei den herausgebenden Finanzinstituten diversifizieren, sondern können beim gleichen Finanzinstitut zwischen Produkten ohne oder mit COSI diversifizieren.
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