Zurück
payoff Learning Curve

Referenzanleihen: Ein Blick hinter die Kulissen

28.06.2012 4 Min.
  • Serge Nussbaumer, Chefredaktor

Ob Kapitalschutzprodukte oder Barrier Reverse Convertibles – Produkte mit Referenzanleihen haben ihren Markt gefunden. Doch wie sind derartige Produkte konstruiert? Hierzu zwei Praxisbeispiele anschaulich erklärt.

Die Konstruktion des Referenzschuldner-Zertifikates VURAC

Die Bank Vontobel bildet ihre Produkte mit Referenzanleihen in der Regel über die entsprechenden Credit Default Swaps ab. Wo dies nicht möglich ist, kaufen sie die im Termsheet erwähnte Anleihe. VURAC setzt sich aus der 2,375% CHF-Referenzanleihe auf Holcim Ltd. mit Endverfall im Juni 2016 und einem Long Call auf den SMI mit einer Partizipation von 100% zusammen. Im Falle von VURAC wurde aber nicht die Referenzanleihe gekauft, sondern die Struktur über den CDS repliziert. Aus diesem Grund orientiert sich die Kursentwicklung des Produkts stark – in umgekehrter Art – an der Entwicklung des CDS. Dies zeigt der folgende Chart sehr schön auf:

Die Vorgehensweise beim Referenzschuldner-Zertifikat EFMDC

Bei EFG Financial Products werden Produkte mit Referenzanleihen ausschliesslich mit dem Kauf der entsprechenden Anleihe aufgebaut. Bei EFMDC handelt es sich um eine 2,625%-EUR-Anleihe auf BNP Paribas mit Laufzeit bis September 2016 und einen Long Call auf den DJ Eurostoxx 50 mit einer Partizipation von 100%. Die Kursentwicklung richtet sich hier nach den Bewegungen der Referenzanleihe. Im Vergleich zu VURAC lässt sich feststellen, dass EFMDC ruhiger und mit einer vergleichsweise geringerer Volatilität unterwegs ist.

Vergleich der beiden Methoden

Wenn in ein Strukturiertes Produkt investiert wird, geht der Anleger von einer entsprechenden Marktmeinung aus. Im Falle der beiden erwähnten Produkte heisst dies: positive Sicht auf die Entwicklung des SMI oder den DJ Eurostoxx 50 mit eingebautem Sicherheitsnetz. Dabei geht der Anleger davon aus, dass der Emittent der Referenzanleihe während der Laufzeit nicht defaulten wird. Somit gilt für den Investor, dass es für ihn keinen Unterschied darstellt, in welcher Art das Produkt repliziert wird. Sollte der Fall eines Defaults eintreten, verfallen beide Produktarten sofort. Bei EFMDC berechnet die EFG Financial Products als Calculating Agent einen Liquidationserlös – sowohl aus dem Cash Flow der Referenzanleihe als auch dem Optionspreis – und bezahlt diesen so schnell als möglich.

Default oder nicht?

Obwohl Vontobel die Produkte mit Referenzanleihen über den CDS repliziert, nimmt sie sich gemäss Termsheet das Recht, zu entscheiden, ob eine Referenzanleihe, resp. deren Schuldner, in Default ist oder nicht. Dies mag auf den ersten Blick verwirren, macht aber durchaus Sinn. Bei einem Produkt, welches mit einem CDS repliziert wird, wird sich die Bank nie gegen die ISDA-Regeln stemmen können. Jedoch muss das Recht, über einen möglichen Default zu entscheiden, insbesondere bei Referenzanleihen, auf die keine CDS gehandelt werden, beim Calculating Agent liegen. Dies vor allem deshalb, weil ein Default eines Landes beispielsweise nicht automatisch den Default aller Anleihen bedeuten muss.

VURAC handelte mit Schlusskurs vom Freitag, 25. Mai 2012, bei CHF 975 auf CHF 985. Der SMI befindet sich knapp 10% unter dem Strike. EFMDC handelt mit demselben Schlusskursdatum bei 90,4% auf 91,04% und liegt knapp 6% unter Strike. Beide weisen eine Restlaufzeit von mehr als vier Jahren auf.

Fazit für den Investor

Wie bei jeder Anlage muss sich der Investor über seine Marktmeinung und über das jeweilige Emittentenrisiko im Klaren sein. Bei Produkten mit Referenzanleihe kommt ein weiteres Schuldnerrisiko hinzu. Ist sich der Investor dessen bewusst, spielt es keine Rolle, ob der Investor die Konstruktion des Produktes über den CDS oder die Referenzanleihe abbildet. Oftmals werden diese Produkte mit dem COSI-Feature versehen, womit das Emittentenrisiko weitgehend eliminiert werden kann. Diese Option nutzen vor allem auch institutionelle Investoren. COSI-Produkte mit Referenzschuldnern erlauben eine aktive Steuerung der Gegenparteirisiken und bieten somit eine zusätzliche Diversifizierungsmöglichkeit in den Portfolios.

Besonders für Produkte mit Kapitalschutz eignen sich Referenzschuldner-Zertifikate, einerseits aufgrund der anhaltend tiefen Zinsen u.a. im Schweizer Franken und vor allem auch zur Schuldnerdiversifikation. Für Kleinanleger bietet diese Produktart einen pick up – auch nach Abzug der Kosten für COSI. Die Produkte brauchen allerdings mehr Kunden-Aufklärung, damit sie die Risiken verstehen und abschätzen können sowie den Portfolio-Mehrwert erkennen können.

Weitere News aus der Rubrik

Unsere Rubriken