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payoff Learning Curve

Renaissance der Exchange Traded Products

17.07.2019 7 Min.
  • Dieter Haas

Das kleine Segment der Exchange Traded Products an der SIX Swiss Exchange fristet seit seiner Einführung im Jahr 2010 ein Schattendasein. Die jüngsten Neukotierungen haben zu einer Trendwende geführt.

Exchange Traded Products (ETPs) umfassen besicherte Exchange Traded Commodities (ETCs) und Exchange Traded Notes (ETNs). ETPs bilden die Kursentwicklung eines zugrunde liegenden Basiswerts mit oder ohne Hebeleffekt ab. Die Basiswerte sind vorwiegend einzelne Rohstoffe, können aber auch Baskets, Indizes oder andere Anlageklassen sein. Ihr Auszahlungsprofil ist symmetrisch, das heisst die Wertentwicklung des Produkts entspricht derjenigen des Basiswerts. Aus regulatorischer Sicht sind ETPs besicherte, unverzinste, auf den Inhaber lautende Forderungsrechte. Damit sind ETPs keine Anlagefonds und unterstehen nicht dem Bundesgesetz über die kollektiven Kapitalanlagen (KAG). Sie müssen jedoch ein Kotierungsverfahren bei SIX Exchange Regulation, der unabhängigen Überwachungsinstanz von SIX Group, durchlaufen. Die Regularien für die Zulassung und deren Aufrechterhaltung wurden von der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht FINMA genehmigt.

 

«Das Segment der ETPs wurde im November 2010 an der SIX Swiss Exchange eingeführt.»

 

 

Ein fast vergessenes Börsensegment
Das Segment der ETPs wurde im November 2010 an der SIX Swiss Exchange eingeführt. Anfänglich umfasste die Auswahl 29 ETPs. Ihre Zahl wuchs bis Januar 2013 und erreichte im Jahresverlauf zwischenzeitlich mehr als 60 Einheiten. Ende 2013 waren noch 52 ETPs kotiert. Seither schrumpfte die Zahl bis November 2018 kontinuierlich bis auf 37 Einheiten, die allesamt auf Basiswerte des Sektors Rohstoffe basieren. Die mehrjährige Baisse an den Rohstoffmärkten dürfte einer der Hauptgründe gewesen sein für das schwindende Interesse der Anleger. Zwischen 2014 und 2017 waren keine einzigen Neukotierungen im ETP-Segment zu verzeichnen. Das änderte sich erst im Jahr 2018 mit der am 21. November erfolgten Handelsaufnahme des ETPs HODL von Amun auf den Crypto Basket Index. Im laufenden Jahr kamen bislang drei Neukotierungen hinzu, und zwar ETPs auf Bitcoin, Ethereum und Ripple, allesamt lanciert von Amun AG. Aktuell sind 41 ETPs auf SIX Swiss Exchange kotiert. Die Blutauffrischung durch die vier Crypto-ETPs hat dem Segment neues Leben eingehaucht und das Spektrum um eine neue Anlageklasse erweitert. Dadurch ist das Segment breiter aufgestellt und nicht mehr so abhängig von der Kursentwicklung der Anlageklasse der Rohstoffe. Diese stecken nach wie vor mehrheitlich im Korrekturmodus, während die Cryp-tos ab April eine Trendwende geschafft haben und seither mit teils spektakulären Avancen glänzen. Dieser Höhenflug hinterliess auch erste Spuren in der Marktaktivität. Der ETP HODL war im Jahr 2019 des Öfteren das Produkt mit dem höchsten Umsatz in Schweizer Franken im ETP-Segment.

 

Market Maker und Produktanbieter
Die 41 gelisteten ETPs teilen sich insgesamt vier Produktanbieter. Mit 28 hat ETF Securities die meisten, gefolgt von der Deutschen Bank mit 8, Amun mit 4 und Invesco mit 1. Als Market Maker treten sechs Unternehmen auf. Am aktivsten ist Flow Traders mit Preisstellungen für 38 ETPs im Angebot. Susquehanna macht für 28 ETPs ein Market Making, Optiver für 7, Commerzbank und IMC Trading je für 5 und Virtu bietet Kurse für den Invesco ETF Physical Gold an.

 

Die Besicherung von ETPs
Als Sicherheiten der ETPs dienen meistens Wertpapiere, Edelmetalle oder Barguthaben, die mindestens den ausstehenden Betrag der ETPs decken müssen und von einer vom Emittenten unabhängigen Drittpartei verwahrt werden.

 

 

Übersichtstabelle der ETPs
In der Tabelle 2 sind alle handelbaren ETPs aufgeführt mit ihrem zugrundeliegenden Basiswert, ihrem Ticker, dem Emittenten, den jährlichen Gebühren, den vorhandenen Vermögen (Assets under Management – AuM), der Handelswährung sowie der Kursentwicklung im laufenden Jahr, seit Mitte 2018 sowie seit Mitte 2016. Im Zeitraum von knapp einem bzw. knapp drei Jahren gab es kaum Gewinner. Richtig glänzen konnte einzig XPAL ein ETP der Deutschen Bank auf physisch gedecktes Palladium. Seit Jahresanfang sieht es etwas freundlicher aus. Nachdem sie das Feld zwischenzeitlich angeführt hatten, erlitten ETPs, die auf Rohöl basieren, wie CBRT oder CCRD, zuletzt ziemliche Einbussen. Der Starperformer war bis dato ganz klar der ETP HODL mit einer atemberaubenden Wertzunahme. Eine gute Figur machen bislang auch die drei Neukotierungen AXRP, AETH und ABTC. Sie verzeichneten einen erfreulichen Start.

 

 

«Mit 28 hat ETF Securities die meisten, gefolgt von der Deutschen Bank mit 8, Amun mit 4 und Invesco mit 1.»

 

Perspektiven für den weiteren Jahresverlauf
Zwar hat die Dynamik des Weltwirtschaftswachstums zuletzt spürbar nachgelassen, was der Nachfrage nach Rohöl nicht eben förderlich ist. Impulse könnten hier allerdings durch eine Eskalation der Irankrise eintreten. Eine solche würde die Preise von Rohöl im Nu in beträchtliche Höhen katapultieren. Nebst den ETPs auf den Sektor Energie würden in diesem Falle auch ETPs auf Gold profitieren. Das Edelmetall blickt auf schwierige erste Monate zurück, zeigte in den vergangenen Wochen aber erstmals klare Anzeichen neuer Stärke und hat vor kurzem die wichtige, langjährige Widerstandszone bei USD 1’370 per Unze überwunden. Die Ankündigung der US-Notenbank, in der nächsten Sitzung Ende Juli ihren Leitzins erstmals seit langem zu senken, dürfte das Ende der Dollarstärke einläuten und bei den Edelmetallen in den kommenden Wochen zusätzliche Impulse auslösen. Nebst den vier ETPs auf Crypto-Anlagen HODL, ABTC, AETH und AXRP bieten in der zweiten Jahreshälfte die ETPs XGLD, SGLD oder der CHF-gehedgte CBUL auf Gold die besten Gewinnchancen. Für eine positive Überraschung könnte der CHF-gehedgte ETP CWAT auf Weizen sorgen, vorausgesetzt es kommt tatsächlich zu einem heissen und trockenen Sommer in Europa, wie es US-Wetterinstitute prognostizieren. Bereits in den Turbo-Modus geschaltet hat der CHF-gehedgte ETP CCOR auf Mais (englisch: Corn), da die Maisproduktion in den USA gemäss neusten Daten des US-Landwirtschaftsministeriums weit unter den üblichen Werten ausfallen dürfte.

 

 

 

Abschliessende Bemerkungen
Das kleine ETP-Segment von SIX Swiss Exchange dürfte die Talsohle durchschritten haben. Die Handelsvolumen sind zwar nach wie vor eher bescheiden. Mit dem Zuzug der vier Crypto-ETPs und der Hoffnung auf eine mittelfristige Belebung der im Vergleich zu den Aktienmärkten sehr preiswerten Rohstoffen, könnte aber sukzessive wieder Zug in das Segment kommen.

 










Abkürzungen im Überblick 

ETC

Exchange Traded Commodities sind börsengehandelte Produkte (ähnlich einem Tracker-Zertifikat) auf physische Rohstoffe oder Rohstoffindizes bzw. Rohstoff-Futures. ETCs sind i.d.R. mit Sicherheiten (Collaterals) ausgestattet.

 

ETF

Exchange Traded Funds sind börsengehandelte Anlagefonds (UCITS/Sondervermögen gem. KAG), die an der Börse gehandelt werden.

ETN

Exchange Traded Notes ist ein aus Nordamerika importierter Begriff für passive Indexprodukte. ETNs sind unbesicherte Schuldverschreibungen und damit vergleichbar mit Strukturierten Produkten bzw. Tracker-Zertifikaten.

ETP

Bei Exchange Traded Products handelt es sich um den angelsächsischen Sammelbegriff für passive, börsengehandelte Produkte. Die Terminologie von SIX Swiss Exchange versteht hierunter Schuldverschreibungen, die eine symmetrische Auszahlungsstruktur besitzen und besichert sind.

ETT

Exchange Traded Tracker verfolgen ebenfalls eine passive Anlagestrategie bzw. Indextracking und sind ein Strukturiertes Produkt – kein kotierter Anlagefonds. Der Begriff wurde durch die UBS kreiert.

ETV

Exchange Traded Vehicles ist ein Generalbegriff, der in Nordamerika geprägt wurde. Im Wesentlichen ist damit die Welt und Sprachregelung der angelsächsischen ETPs gemeint.

 

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