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payoff Interviews

«Riesiges Potenzial für die Schweiz, bei Crypto-Technologie globaler Leader zu werden.»

16.01.2018 7 Min.
  • Martin Raab

Marc P. Bernegger, Investor und Crypto-Unternehmer, über verschenkte Bitcoins, digitale Vermögen, die Rolle der Schweiz und die Leidenschaft, das Richtige zu tun.

Herr Bernegger, haben Sie schon begon-nen, Ihre Bitcoins zu verkaufen?

[Lacht] Ich habe schon im Jahr 2010 Bitcoins verkauft – aber natürlich auch gekauft. Damals rein aus Interesse daran, sie als reine Transaktionswährung zu nutzen. Ein paar Freunde wurden von mir damals sogar mit Bitcoins beschenkt, worüber sie inzwischen sehr froh sind. Für mich sind Bitcoins mittlerweile ganz klar Vermögensgut, das ich gerne halte.

Sie sind Verwaltungsrat und Mitgründer eines der ersten Crypto-Fonds made in Switzerland – ein Derivat der anderen Art. Wie kam es zu dieser Idee?

Da muss ich kurz ausholen: Ich bin gerne in Segmenten aktiv, wenn sie noch eher am Entstehen sind. So war ich mit Kollegen und Freunden sehr früh bei Fintech involviert, als es den Begriff so noch gar nicht gab. Bei Crypto-Währungen ist es ähnlich. So kam die Idee, mit einem Schweizer Fonds das Thema seriös investierbar zu machen.

…und wie ist der Fonds genau konzipiert?

Die Idee hinter dem Fonds ist, das Vehikel als Crypto-Index-Fonds zu lancieren. Sprich, ein Index, welcher diverse Crypto-Währungen abbildet, wird vom Fonds repliziert. Beide Elemente möchten wir idealerweise von Schweizer Unternehmen bzw. heimischen Serviceprovidern darstellen lassen. Noch ist aber alles in der Entstehung, auch die Vertriebsgenehmigung der FINMA ist noch pendent. Insgesamt ist der Crypto-Fonds ein Teil der Crypto-Holding.

Sie planen also ein Crypto-Imperium?

Naja, Imperium würde ich das nicht nennen. Es gibt neben dem Fonds noch die Crypto-Brokerage AG mit Büros in Zürich, wo man bereits jetzt von unseren spezialisierten Händlern grössere Mengen an Crypto-Währungen kaufen und verkaufen kann. Das geschieht teilweise mit nicht unerheblichem Aufwand, da trotz Crypto-Börsen zum Beispiel grössere Mengen Bitcoins nicht einfach so beschafft werden können. Last but not least sind wir gerade beim Start der Crypto-Storage AG. Diese wird sich um die sichere und angemessene Lagerung von Crypto-Assets kümmern.

Wer kauft derzeit Crypto-Assets?

Wir sehen erhebliche Nachfrage aus dem globalen Family-Office-Spektrum und auch der eine oder andere Milliardär, beginnt jetzt damit, in Crypto-Währungen zu diversifizieren. Da geht es dann schnell mal um siebenstellige Bitcoin-Tickets. Solche Persönlichkeiten interessieren sich interes-santerweise auch für die Crypto Finance Conference in St. Moritz und haben dort als Teilnehmer zugesagt.

Seit Anfang 2017 sind Sie auch im Verwaltungsrat der Falcon Private Bank aktiv. Was ist dort Ihre Rolle?

Das Mandat basiert auf meiner unabhängigen Expertise im Bereich Digitales, Fintech und Zukunftsthemen.

Was sagen Sie zu den Short-Tracker-Zertifikaten auf Bitcoin?

Die beiden Angebote der zwei Schweizer Emittenten zeigen ganz klar, dass das Thema nun auch in der Finanzwelt angekommen ist, genauso wie die Lancierung des Futures an der Terminbörse in Chicago.

Welche Signale erwarten Sie in näch-ster Zeit von den Regulatoren in Sachen Crypto Currencies?

Generell ist es gut, wenn das Thema von regulatorischer Seite analysiert wird. Die Regeln, die in der normalen Welt gelten, müssen auch in der neuen Welt gelten. Doch gibt es im Crypto-Umfeld leider einige schwarze Schafe. 90% der ICOs [Initial Coin Offerings, Anm. d. Redaktion] sind nicht seriös – da geht es nur um schnelle Abzocke. Mit Fokus auf Crypto Currencies und Regulierung, bin ich mir sicher, werden anonyme Währungen ernsthafte Schwie-rigkeiten bekommen. Solche halten wir übrigens auch nicht im geplanten Crypto-Index des Fonds.

Müssen Institutionen wie die Schwei-zer Nationalbank oder die US-Notenbank FED Angst vor Crypto-Währungen haben?

Die Stärke der Crypto-Währungen ist doch gerade, dass sie notenbankunabhängig sind. Was mit den Cryptos jetzt begonnen hat, ist meines Erachtens nicht mehr aufzuhalten.

Bleibt die Schweiz beim Crypto-Thema ein global führender Standort?

Das ist eine gute Frage. Die Schweiz ist aufgrund ihres politischen Setups und einer eher freiheitlich liberalen Denke ein Muster-standort für Crypto Currencies – und diese sind ja Ausdruck von Liberalismus. Man hat ein riesiges Potenzial, als Standort Schweiz global für die Crypto-Technologie die Num-mer eins zu werden. Doch das weckt natürlich auch Begehrlichkeiten. Die Entwicklung beim transatlantischen Wirtschaftskrieg um das Bankgeheimnis zeigt, dass wenn die USA glauben, eine Entwicklung verpasst zu haben, starke politische Gewichte ins Spiel kommen. Dennoch bin ich sehr zuversichtlich, dass die Schweiz das Rennen gewinnen kann.

Wann wird der Konsument an der Supermarkt-Kasse mit Crypto-Currencies zahlen können?

Oh, das geht bereits! Beispielsweise mit dem Angebot von Xapo können auch Crypto-Währungen auf die Kreditkarte geladen werden und sind weltweit einsetzbar. Ein ähnliches Angebot ist seit Kurzem auch bei Revolut verfügbar.

«90% der ICOs sind nicht seriös – da geht es nur um schnelle Abzocke.»

Sind das auch Unternehmen, bei denen Sie als Investor tätig sind?

Ich bin in diesem Segment bei einigen interessanten Start-ups involviert.

Eine Ihrer Beteiligungen, ayondo, feilt derzeit heftig an Börsenplänen in Singapur. Wie ist dort der letzte Stand der Dinge?

Die Social Trading Plattform ayondo wird schon bald in Singapur via IPO an die Börse gehen und damit zum ersten börsennotierten Fintech-Unternehmen in Südostasien werden.

Ihr Rat an Gründer?

Heute ist das Start-up-Gründen leider ein Lifestyle geworden. Es braucht aber mehr, als nur in angesagten Klamotten in hippen Büros zu sitzen. Man wird nicht automatisch schnell reich, nur weil man Gründer von etwas ist. Leidenschaft, kreatives Mitdenken und letztlich die Gabe, im richtigen Moment, am richtigen Ort zu sein, werden am Ende belohnt. Nicht mehr und nicht weniger.

Was ist Ihr Erfolgsrezept, um «gute» Start-ups zu finden?

Es kommt sehr stark auf die Passion des oder der Gründer an. Auch fachlicher Background schadet nicht, doch ist das auch ein Bereich, bei dem man sich durch Co-Gründer verstärken kann. Spüre ich die Überzeugung und den Enthusiasmus der Gründer – gepaart mit ambitionierten und trotzdem realistischen Wachstumschancen –, sehe ich mir die Kon-zepte für die Anlageentscheidung genau an.

Welche Reinfälle haben Sie als Investor und Mitgründer bis dato miterleben müssen?

Ich möchte mich nicht beschweren. Einzig: Im Nachhinein war ich einige Male zu wenig aggressiv. Da schrieben andere Investoren rasch grössere Tickets und haben entsprechend grössere Gewinne eingefahren.

Zum Abschluss: Was war früher besser?

Ich würde sagen, es war einfach alles etwas anders. Gründer und Unternehmer agierten früher mit einem langfristigeren Horizont und mehr Überzeugung, genau das Richtige zu tun.

Herzlichen Dank!

 

VITA
Marc P. Bernegger (38) ist einer der bekanntesten Schweizer Digi-tal-Unternehmer. Seine unternehmerischen Grundsteine legte er mit Gründung von usgang.ch (2008 erworben von der Axel Springer SE, heute im Besitz der Energy Schweiz AG) und amiando (gekauft von XING im Dezember 2010). Seit 2010 ist Bernegger als Investor mit Fokus Fintech aktiv und bei diversen Unternehmen beteiligt. Daneben ist er Mitgründer der Event-Reihe Finance 2.0 und als Ambassador Schweiz an FinLeap involviert. Auch ist er Mitorganisator einer der ersten Crypto-Konferenzen der Schweiz in St. Moritz sowie bei der Falcon Private Bank und der Crypto Finance AG als Verwaltungsrats-mitglied mandatiert. Der ausgebildete Jurist und Familienvater pendelt zwischen Zürich und Berlin.

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