Smart, smarter, am smartesten
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Dieter Haas
Die Kreuzung von geringen Schwankungen mit hoher Dividendenrendite erzielte im aktuellen Jahrtausend einen substanziellen Mehrwert gegenüber klassischen, kapitalisierungsgewichteten Indizes. Was Anleger und Berater über «Low Vol/High Yield»-Strategien wissen sollten.
Geringes Risiko, verbunden mit einem hohen Ertrag, wäre die «Eier legende Wollmilchsau» der Anleger. Solch ideale Investitionsmöglichkeiten sind in der Praxis eigentlich ein Ding der Unmöglichkeit. Ein Mix zweier Smart-Beta-Konzepte kommt der Wunschvorstellung in den vergangenen Jahren allerdings erstaunlich nahe. Da wäre auf der einen Seite das Konzept hohe Dividende und auf der anderen Seite dasjenige geringer Schwankungen. Beide erbrachten in der Vergangenheit für sich alleine bereits sehr gute Resultate. Eine Kombination der beiden Ansätze lieferte in diesem Jahrtausend aber noch bessere Ergebnisse.
Was es zu beachten gilt
Für ein Funktionieren eines derartigen doppelten Smart-Beta-Ansatzes sind grosse Märkte vonnöten wie etwa der amerikanische S&P 500, der STOXX Europe 600 oder der globale MSCI World.
«Das LVHY-Konzept hat sich seit der Finanzkrise 2008 als das Mass aller Dinge gezeigt.»
Ihr Anlageuniversum bietet die besten Voraussetzungen. Dagegen sind kleinere Märkte wie etwa die Schweiz, in der wenige Titel das Indexgewicht dominieren, weniger geeignet, zumal die Liquidität in der zweiten Reihe sehr schnell abebbt. Die Güte der Kombination lässt sich sehr gut am Beispiel der USA demonstrieren, zumal es bis vor Kurzem der bislang einzige Markt in der Schweiz war mit handelbaren ETFs auf alle drei Varianten. USDV bildet die Kursentwicklung des U.S. Aristocrats Index ab, der auf Titel mit überdurchschnittlichen Dividenden setzt. Auf schwankungsarme Aktien aus dem S&P 500 basiert SPLV. Das i-Tüpfelchen bildet der seit Juni 2015 an der SIX gehandelte HDLV von PowerShares, der beide Smart-Beta-Konzepte vereinigt. Mit der Ende Februar erfolgten Kotierung des EUROSTOXX High Dividend Low Volatility ETFs von PowerShares mit dem Ticker EUHD gibt es das Dreigestirn nun auch für Europa.
Je risikoärmer, desto besser
Ein Indexvergleich seit Ende 1999 zeigt ein eindeutiges Bild. Der klassische, börsenkapitalisierungsgewichtete Index S&P 500 steigerte seinen Wert um rund 100%. Mehr als doppelt so viel Ertrag erwirtschaftete der S&P 500 Minimum Volatility Index. Nochmals rund 50% mehr erzielte über die gesamte Zeitperiode der S&P US High Yield Dividend Aristocrats Index. Klarer Sieger in diesem Vergleich war jedoch die doppelte Smart-Beta-Dosis des S&P Low Volatility High Dividend Index.
«Für ein Funktionieren eines doppelten Smart-Beta-Ansatzes sind grosse Märkte vonnöten.»
Er erreichte bis Mitte März 2016 eine Wertsteigerung von mehr als 350% seit dem Anfangszeitpunkt. Das widerspricht im Prinzip der Finanztheorie, die besagt, dass ein höheres Risiko ein höheres Ertragspotenzial besitzt. Ein Vergleich der Jahresperformance seit 2000 zeigt auf, wann sich die Mehrwerte beim S&P 500 Low Volatility High Dividend Index zum S&P 500 in der Regel entwickeln. Es waren vor allem die schwachen Börsenjahre zwischen 2000 und 2002 resp. das Finanzkrisenjahr 2008, in denen sich die Super-Smart-Beta-Konstruktion ihren Vorsprung herausarbeitete. In diesen turbulenten Marktphasen sind dividendenstarke, wenig schwankende Titel im Allgemeinen wertstabiler.
Unterschiedliche Branchenstruktur
Ein Vergleich der aktuellen Branchengewichtungen der vier Indizes gibt einen Hinweis über die spezifischen Eigenheiten. Im Vergleich zum S&P 500 fällt beim LVHY-Konzept die deutlich stärkere Konzentration auf die Branchen Versorgung, Telekommunikation und Materialien auf, während die Sektoren IT und Gesundheitswesen deutlich unterdurchschnittlich berücksichtigt werden. Das führt zu einer stärkeren Abhängigkeit von der Zinsentwicklung beim LVHY. Da in schwachen Börsenphasen in der Regel die Zinsen sinken, leidet LVHY weniger unter einer Baisse als der breite Markt.
Vergangenheit vs. Zukunft
Das LVHY-Konzept hat sich vor allem seit der Finanzkrise 2008 als das Mass aller Dinge gezeigt. Zuvor führte lange Zeit der Aristokratenindex die Performance an.
«In turbulenten Marktphasen sind dividendenstarke, wenig schwankende Titel wertstabiler.»
Inzwischen hat es sich herumgesprochen, dass dividendenstarke Titel in diesem Jahrtausend mehr Ertrag bringen als der Markt. Dadurch bekundet der US-HY-Star seit einiger Zeit Mühe. Er vermochte zuletzt nicht mehr ganz mit dem klassischen S&P 500 Schritt zu halten. Dagegen weitete sich die Überrendite des LVHY-Konzeptes unvermindert aus. Solange die Börsenverfassung labil bleibt, dürfte sich daran wenig ändern. Ein Freipass für eine dauerhafte Outperformance ist das Ganze jedoch nicht. Die Vorlieben der Anleger könnten sich wieder ändern und anderen Smart-Beta-Ideen zum Durchbruch verhelfen. Das bedarf jedoch vermutlich einer radikalen Umkehr der bisherigen Notenbankpolitik. Solange diese ausbleibt, dürften dividendenstarke und wenig schwankende Titel in der Beliebtheitsskala der Anleger unverändert weit oben stehen.
EURO iSTOXX High Dividend Low Volatility 50 Index
Der Index basiert auf einem Screening aller im STOXX 600 enthaltenen Wertpapiere. Im ersten Schritt werden 75 Aktien mit der höchsten Dividendenrendite der letzten zwölf Monate ausgewählt, bei maximal zehn Aktien pro Land. Für den Index finden anschliessend in einem zweiten Schritt die 50 Aktien Berücksichtigung mit der geringsten historischen Volatilität über zwölf Monate. Die Gewichtung erfolgt auf der Basis der Dividendenrendite und beträgt maximal 3% pro Aktie. Mitte März besassen die Finanzwerte das mit Abstand höchste Gewicht, gefolgt von den Sektoren Versorgung, Industrie, Gebrauchsgüter und Telekommunikation. Bei den Top-Holdings lagen wenig bekannte Namen wie Cofinimmo, Société Télévision Francaise 1 und Fortum OYJ an der Ranglistenspitze.