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payoff Learning Curve

Volatilitäten – ein riskantes Anlagemedium

20.06.2022 6 Min.
  • Dieter Haas

Wer mit Volatilitätsbewegungen Geld verdienen möchte, der braucht speziell für das Ausnützen von Baissen ein perfektes Timing. Sonst gilt die Devise: ausser Spesen, nichts gewesen.

Jeder Aktienmarkt kennt mittlerweile sein Volatilitätsmass. Das wohl bekannteste ist der CBOE Volatility Index (VIX). Es drückt die erwartete Schwankungsbreite des US-amerikanischen Aktienindex S&P 500 aus. In Zeiten erhöhter Unsicherheit schnellt die Volatilität mitunter rasant nach oben. In diesem Jahrtausend war dies zu Beginn der Finanzkrise im September 2008 der Fall sowie beim Ausbruch der Corona-Pandemie im März 2020. Beides waren Extremsituationen, die zu hoher Unsicherheit an den Märkten geführt haben. Auch der am 24. Februar erfolgte Angriff Russlands auf die Ukraine hat zu einer starken Verwerfung geführt und einen Anstieg der Volatilität nach sich gezogen. Bis dato nehmen die Marktteilnehmer die schwierige Gemengelage mit steigenden Leitzinsen in den USA, hohen Inflationsrisiken und geopolitischen Spannungen noch verhältnismässig gelassen. Sollte die inzwischen eingetretene Korrektur an den Bösen sich jedoch weiter beschleunigen, würde dies vermutlich die Volatilität in weit höhere Sphären ansteigen lassen.

Die US-Börsen geben, global betrachtet, meist den Takt vor. Es erstaunt daher wenig, dass die Volatilitäten in anderen Aktienmärkten wie etwa in Deutschland und der Schweiz ein ähnliches Muster aufweisen. Hustet Amerika, dann färbt das auf den Rest der Welt ab.

Gegenläufige Entwicklung von Aktienindizes und Volatilitäten

Aktienindizes und Volatilitäten laufen in der Regel spiegelbildlich. Läuft die Wirtschaft rund und steigen die Gewinne der Unternehmen, dann freut das zumeist die Börsen. Gleichzeitig sind die täglichen Schwankungen vergleichsweise niedrig, was tiefe Volatilitätswerte nach sich zieht. Nichts hassen die Marktteilnehmer mehr als plötzliche, exogene Schocks, egal woher sie auch kommen. Oft liegen monetäre Straffungen der Geldpolitik der Notenbanken zugrunde, die eine Eintrübung der konjunkturellen Aussichten implizieren. Es können auch andere Ereignisse eintreten, die die Perspektiven an den Aktienmärkten eintrüben. Die eingangs erwähnte Corona-Pandemie, deren Auswirkungen ab Februar 2020 zu Tage traten, war ein solcher exogener Schock. Sie bremste das globale Wirtschaftswachstum stark ab. Jüngst erwischte der Einmarsch Russland in die Ukraine die Akteure an den Finanzmärkten auf dem falschen Fuss. Der damit verbundene starke Anstieg etlicher Rohstoffe sowie die teils negativen Auswirkungen der vom Westen getroffenen Sanktionen waren Gift für die Börsen. Wie immer in solchen Fällen schoss die Volatilität durch die Decke und erreichte seit langem nicht mehr registrierte Spitzenwerte. Exogene Schocks wie diejenige der Pandemie oder jüngst diejenige des Angriffs Russlands auf die Ukraine führen zwar jeweils zu heftigen Ausschlägen der Volatilität. Die hohen Niveaus halten aber selten lange. Wer deshalb nach exogenen Schocks jeweils auf eine baldige Beruhigung setzt und sich entsprechend positioniert, liegt selten falsch. Die hohe globale Verschuldung, steigende Rohstoffpreise und die Absicht der US-Notenbanken ihre Leitzinsen mehrfach zu erhöhen, mahnen jedoch zur Vorsicht. Es könnte durchaus schlimmer kommen. Die Gefahr eines Kursrückgangs im Stile von 1929 ist nicht gänzlich von der Hand zu weisen.

Anlageprodukte auf den VIX

Einer der beliebtesten VIX-ETFs ist der iPath S&P 500 VIX Short-Term Futures ETN (VXX). Dieses Produkt hält eine Long-Position in VIX-Futures-Kontrakten des ersten und zweiten Monats, die täglich gerollt werden. VXX (https://ipathetn.barclays/details.app;instrumentId=341408) wird in Zeiten niedriger aktueller Volatilität tendenziell höher gehandelt, als es sonst der Fall wäre, da die Volatilität dazu neigt, zum Mittelwert zurückzukehren. Mit dem ETF VXX lassen sich meist nur in sehr kurzen Zeitspannen Gewinne erzielen. Wer eine Krise nicht optimal antizipiert, für den heisst es: ausser Spesen, nichts gewesen.

Inverse VIX-ETFs sind solche, die von der entgegengesetzten Bewegung des VIX profitieren. Ein Beispiel für einen beliebten inversen VIX-ETF ist der ProShares Short VIX Short-Term Futures ETF (SVXY). Dieser ETF (www.proshares.com/our-etfs/strategic/svxy) basiert auf kurzfristigen VIX-Futures als Index-Benchmark und bietet ein 0.5-faches inverses Engagement in den zugrunde liegenden Index.

VIX-ETF-Risiken

Ein Problem bei VIX-ETFs ist, dass der VIX selbst eher als ein Mass für die «implizite» Volatilität und nicht für die direkte Volatilität zu bezeichnen ist. Da es sich um eine gewichtete Mischung aus den Preisen für verschiedene S&P 500-Indexoptionen handelt, misst der VIX, wie viel die Anleger bereit sind zu zahlen, um den S&P 500 kaufen oder verkaufen zu können.
 
Darüber hinaus sind VIX-ETFs dafür bekannt, dass sie den VIX nicht besonders gut abbilden können. Einmonatige ETN-Proxies erfassen nur etwa 25% bis 50% der täglichen VIX-Bewegungen, und mittelfristige Produkte schneiden in dieser Hinsicht tendenziell noch schlechter ab. Der Grund dafür ist, dass die VIX-Futures-Indizes (die Benchmarks für VIX-ETFs) den VIX-Index in der Regel nicht erfolgreich nachbilden können.

«Die Gefahr eines sogenannten Sell-Offs ist real.»

Darüber hinaus neigen VIX-ETF-Positionen dazu, im Laufe der Zeit aufgrund des Verhaltens der VIX-Futures-Kurve zu verfallen. Da dieser Verfall stattfindet, verfügen diese ETFs über weniger Geld, das sie in nachfolgende Futures-Kontrakte investieren können, wenn bestehende Kontrakte auslaufen. Im Laufe der Zeit wiederholt sich dieser Prozess mehrfach, so dass die meisten VIX-ETFs auf lange Sicht Geld verlieren.

Alternativen im Tableau von SIX Swiss Exchange

Wer als Trader auf steigende oder sinkende Volatilitäten des S&P 500 Index setzen möchte, dem bieten die Constant Leverage Zertifikate FVIADV und FVIACV der Bank Vontobel eine elegante Lösung. Beide Hebelprodukte sind zweifach gehebelt. Das Short Constant Leverage-Zertifikat FVIADV eignet sich vor allem für Optimisten, da es auf sinkende Volatilitäten setzt. Das zweifach gehebelte Long Constant Leverage-Zertifikat blüht dagegen auf, wenn der VIX durch die Decke geht. Seit Beginn des Jahres schlug mehrheitlich die Stunde für VXX und vor allem für FVIACV, während FVIADV ins Abseits geriet.

Da trotz sinkender Aktienmärkte bislang keine eigentliche Ausverkaufsstimmung aufgekommen ist, notieren die Volatilitätsmasse zwar auf einem erhöhten Niveau aber weit entfernt von historischen Maxima. Die Gefahr eines sogenannten Sell-Offs ist real. VXX und FVIACV sind aus unserer Sicht daher eine gute Möglichkeit, um die Risiken eines US-Aktiendepots zu verringern. Vorsorgen ist schliesslich besser als Nachsorge.

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