Zurück
payoff Titelbild für Blockchain Report Blockchain Report

Wettlauf um den Bitcoin-ETF

21.07.2023 7 Min.
  • Pascal Hügli
    Redaktor

Scheinbar aus dem Nichts ertönte jüngst der Startschuss zum Bitcoin-ETF-Wettlauf. Wie das? Immerhin gibt es in den USA doch bereits einige Bitcoin-ETFs (BITO, BITI, XBTF oder BTF) und es liegen auch noch einige Anträge auf Bitcoin-ETFs bei der US-Börsenaufsicht (SEC) vor.

Die ETF-Neuigkeiten, die uns in den vergangenen Wochen erreichten, sind allerdings von einem anderen Kaliber. Zum einen geht es im Unterschied zu den bereits bewilligten ETFs dieses Mal nicht um Futures-basierte Produkte, sondern um Spot-Vehikel. Zum anderen heissen die beantragenden Firmen nicht Bitwise, Coinshares oder ARK/21Shares, sondern eben WisdomTree, Fidelity oder BlackRock. Es sind also die TradFi-Giganten, die sich nun einzumischen beginnen. 

Besonders viel Aufmerksamkeit haben Fidelity und BlackRock auf sich gezogen. Mit verwalteten Vermögenswerten von beeindruckenden USD 4.5 Billionen bzw. USD 10 Billionen zählen diese beiden Finanzriesen zweifellos zu den grössten Vermögensverwaltern auf dem Markt. Während sich BlackRock auf einen Bitcoin-Spot-ETF konzentriert, hat Fidelity seinerseits nicht nur einen Bitcoin-ETF-Antrag eingereicht, sondern es gibt auch Spekulationen darüber, dass das Unternehmen an einer Übernahme von Grayscale interessiert sein könnte. Bei Grayscale handelt es sich um den bedeutendsten Anbieter von geschlossenen Krypto-Treuhandfonds (GBTC, etc.), der insbesondere im Bullenrun von 2021 eine Preis befeuernde Rolle spielte. 

Die Euphorie am Markt über diese Anträge war gross – so gross, dass der Bitcoin in den vergangenen zwei Wochen über die 30’000-Dollarmarke geklettert ist und viele bereits sogar das Ende des seit Ende 2021 anhaltenden Krypto-Winters ausgerufen haben. 

BlackRock: Wirklich ein so grosser Deal?

Dass sich Akteure wie BlackRock nun nicht mehr nur über strategische Investments am Krypto-Markt beteiligen, sondern mit ihren eigenen Spot-ETFs und damit mit den Kernfinanzprodukten unserer heutigen Finanzwelt in die Krypto-Welt vorpreschen, zeigt, welche Bedeutung sie diesem Markt in naher Zukunft beimessen. So hat Larry Fink, CEO von BlackRock, unlängst festgestellt, dass die Tokenisierung von Anlageklassen, wie Aktien oder Anleihen (RWAs), die Effizienz auf den Kapitalmärkte erhöhen, die Wertschöpfungsketten verkürzen und die Kosten und den Zugang für Anleger verbessern wird. Als Pionier in der Verbriefung von Schulden aller Art weiss Fink natürlich, wovon er spricht. 

Mit dem Antrag für einen Bitcoin-ETF beweisen BlackRock und andere traditionelle Finanzdienstleister aber auch, dass deren Interesse genauso der Kryptowährung im Speziellen gilt. So dürfte den Giganten der Wall Street mittlerweile auch klar sein, dass Krypto die Anlageklasse der jungen, zukünftigen Generationen sein wird. Das Potential für die Zukunft, dementsprechend Gebühren einheimsen zu können, wittern sie also bereits heute. 

ETF oder nicht? 

Krypto-Bros und Blockchain-Enthusiasten fühlen sich ob des nun ernsthaft losgetretenen Wettstreits um einen Bitcoin-ETF in ihren Annahme bestätigt – ein Ether-ETF wird mit Sicherheit folgen, ist dieser digitale Vermögenswerte doch aufgrund des PoS-Nachhaltigkeitsnarrative und der Staking-«Rendite» für traditionelle Investoren noch attraktiver. Einmal mehr waren es einige Bitcoin-Hardliner, die die Euphorie zu bremsen versuchten. Deren Kritik ging an die Wurzeln: Handelt es sich bei den von BlackRock und Co. beantragten Produkten denn auch wirklich um einen Exchange Traded Fund (ETF) im eigentlichen Sinn? Immerhin schreibt BlackRock im Antragsschreiben von einem «ishares Bitcoin Trust» und nicht von einem ETF. Natürlich wurde diese Skepsis von verschiedenen Seiten als belanglose Pedanterie abgetan. Das BlackRock-Produkt würde letztlich ein Emissions- und Rücknahmeverfahren durch sogenannte «Authorized Participants» vorsehen, was das Ganze aus praktischer Sicht in die Nähe eines ETFs rückt. Warum also diese Aufregung? Nun, dass diese Spitzfindigkeit gerade Bitcoinern aufgefallen und von diesen kritisiert worden ist, hat seinen Grund, den wir hier gleich thematisieren wollen. Dass es sich ganz korrekterweise in der Tat nicht um einen eigentlichen ETF handelt, wurde von Experten auch bestätigt. Was BlackRock von der US-Aufsichtsbehörde bewilligt haben möchte, ist ein sogenannter «grantor trust». Diese Fondstruktur kommt insbesondere bei «Rohstoffen» zum Einsatz. Auch der ungefähr USD 60 Milliarden schwere Gold ETF von BlackRock ist eigentlich ein solcher börsengehandelter Trust.

Eine Kampfansage an die Bitcoiner

Ob Trust oder ETF, in der Praxis hat das für den gewöhnlichen Anleger keine wirklichen Auswirkungen und die beiden sind einander eigentlich gleichgestellt. Das gilt jedoch nicht für jene, die sich um das zugrunde liegende Gut Bitcoin scheren. Dieses, so einige Bitcoiner, könnte in Gefahr sein, da BlackRock über dieses Investmentvehikel einen Angriff auf Bitcoin starten könnte. 

So schreibt BlackRock im Antragsschreiben auch davon, dass es keine Garantie gibt, wonach der Sponsor (BlackRock) bei einem Fork (einer Aufspaltung der Blockchain in zwei neue Ketten) den digitalen Vermögenswert wählt, der sich letztendlich als der am wertvollste erweist. Damit, und das ist die Befürchtung, könnte der grösste Vermögensverwalter der Welt eine neue, auf die Vorlieben der US-Regierung angepasste Version des Bitcoin durchboxen – Bitcoin Uncle Sam’s Vision also. 

Die Problematik wäre aber dann vor allem folgende: Wer als Trust-Halter mit diesem Schritt nicht einverstanden ist und dagegen mittels Einlösung (Rücknahme) der Trust-Scheine vorgehen möchte, hätte kaum Chancen an die unterliegenden Bitcoin zu kommen. Weil es sich beim Produkt von BlackRock nicht um einen eigentlichen ETF, sondern eben um einen Trust handelt, gibt es keine rechtliche Möglichkeit, eine solche Verweigerung der Rücknahme durch BlackRock einzuklagen. Es bleibt dann nur auf die ökonomischen Anreize zu hoffen, die BlackRock von einem solchen Angriff überhaupt erst abhalten sollten. 

Wie stehen die Chancen? 

Ob BlackRock mit seiner vorgesehenen Bitcoin-Produktlancierung tatsächlich auf einen Grossangriff gegen die Kryptowährung hinarbeitet, ist zum heutigen Zeitpunkt nicht abschliessend zu beantworten. Zuerst muss ein solches Produkt (oder eines von BlackRock-Mitstreitern) ohnehin erst bewilligt werden. In dieser Hinsicht gibt es vor allem zwei Argumente, mit denen die US-Börsenaufsicht einen solchen Bitcoin Spot ETF ablehnen könnte: 

  1. Spot-Bitcoin kann nach wie vor manipuliert werden.
  2. Es gibt derzeit keine Spot-Börse von «ausreichender Grösse» im Rahmen des Surveillance Sharing Agreement mit Nasdaq.

Interessant ist, dass BlackRock in seinem Antrag angekündigt hat, mit der Börse Nasdaq ein Surveillance Sharing Agreement eingehen zu wollen. Hier handelt es sich um eine Vereinbarung zur gemeinsamen Überwachung des Bitcoin-Handelsmarktes auf Börsen, an denen der ETF notiert sein würde. Die Vereinbarung sieht den Austausch von Informationen über Markthandelsaktivitäten, Clearingaktivitäten und Kundenidentität zwischen den Handelsplätzen vor. Damit soll ein umfassender Überwachungsmechanismus geschaffen werden, mit dem Marktmanipulationen aufgedeckt und verhindert werden können – ein Anliegen, das für die US-Börsenaufsicht bei der Prüfung von ETF-Anträgen entscheidend ist. Durch die Inkludierung dieser Vereinbarung signalisiert BlackRock eindeutig, in seinen Absichten der SEC bestmöglich Folge leisten zu wollen. Noch ist aber ein «Problem» nicht aus der Welt geschafft: Binance. Die weltweit grösste Kryptobörse hat noch immer einen gewichtigen Einfluss auf die Preisbildung bei Bitcoin. Angesichts der ETF-Absichten der Wall Street ist es daher wenig überraschend, dass der US-Regulator wenige Tage zuvor Klage gegen Binance erhoben hat. Der Einfluss von Binance ist denn auch schon im Schwinden begriffen. In verschiedenen Ländern hat die Kryptobörse ihre Tätigkeit auf Druck des lokalen Regulators einstellen müssen. Ob das dem US-Establishment schon reichen wird? Was die nackten Zahlen betrifft, so verzeichnet BlackRock eine hervorragende Quote: 575 der beantragten 576 ETFs sind dem Vermögensverwalter bislang genehmigt worden. 

Wie steht es um die Timeline? 

Wann könnte es frühestens zu einer allfälligen Bewilligung des BlackRock ETFs kommen? Wie die untenstehende Grafik zeigt, gibt es drei mögliche Deadlines, wovon die erste bereits am 12. August 2023 ist. Neben BlackRock wartet aber auch die bekannte Tech-Investorin Cathie Wood mit ARK/21Shares auf eine mögliche Genehmigung. Hier könnte eine Entscheidung auch schon sehr bald fällig sein. Und auch in Sachen Grayscale und dessen ETF-Beantragung könnte in den nächsten Tagen einiges gehen. Das Unternehmen hat vor Gericht eine Klage gegen die SEC eingereicht, nachdem der Antrag für den Grayscale Spot Bitcoin ETF abgelehnt wurde. Es wird spekuliert, dass die Richter möglicherweise zugunsten von Grayscale entscheiden könnten, was bedeuten würde, dass die US-Börsenaufsicht gezwungen wäre, den ETF zu genehmigen. 

Quelle: Twitter

Der grosse Coup wäre es natürlich, wenn BlackRock die Genehmigung für seinen ETF am 23. Februar 2024 erhalten würde. Dieser Zeitpunkt fiele dann ziemlich nahe mit dem nächsten Bitcoin-Halving zusammen und könnte den Preis dann natürlich beflügeln.  

Weitere News aus der Rubrik

Unsere Rubriken