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payoff Interviews

«Wir bieten die Werkzeuge, mit denen man Geld verdienen kann.»

01.01.2018 5 Min.
  • Martin Raab

Matteo Andreetto, CEO STOXX Ltd., über Blockchain, Bullenmärkte, Fixed Income Indizes und neue Preissegmente im Indexingbusiness.

Herr Andreetto, haben Sie viele Anfragen für einen Crypto-Index bereits auf dem Tisch?

Dieses wichtige Thema schaut sich die gesamte Gruppe Deutsche Börse an – und ist insbesondere im Bereich Blockchain-Technologie bereits seit Längerem aktiv. Aus Gruppen-Perspektive gibt es grosses Potenzial speziell im Post-Trade-Umfeld. Auch wir bei STOXX beobachten Bitcoin und andere Entwicklungen sehr genau. Es gibt viel Fantasie, aber noch ist es zu früh für entsprechende Indizes. Ich bin fest überzeugt, dass wir bei Kryptowährungen erst am Anfang stehen. 

Seriöses Index-Business ist Ihr Kerngeschäft. Ist die starke Veränderung von aktiver hin zu passiver Vermögensanlage letztlich nur schon dem acht Jahre andauernden Bullenmarkt geschuldet?

Es kommt nicht von ungefähr, dass allein in den ersten drei Quartalen 2017 rund 400 Milliarden US-Dollar global in passive Anlagen geflossen sind. Warum? Gerade bei marktbreiten Indizes ist es doch inzwischen fast unmöglich, eine dauerhafte Outperformance zu erzielen. Zudem ist der Bullenmarkt ein starker Faktor, warum sich viele Investment-Manager mit der Generierung von Alpha so schwertun. Doch Indexing geht viel weiter, als nur grosse Aktienindizes abzubilden – es handelt sich um ein mehrschichtiges Gebilde, vergleichbar mit einer Pyramide.

Das müssen Sie bitte genauer erklären.

Ich zeichne es Ihnen auf [zeichnet auf Papier eine Pyramide]: Wir haben ganz unten als Basis bspw. die bekannten Benchmark-Indizes, sprich DAX, Euro STOXX 50, S&P 500 und bei den Obligationen u.a. Indizes von Bloomberg, ehemals Barclays. Man kann hier auch von einer etablierten regionalen/nationalen Aufteilung sprechen. Darüber kommen FaktorIndizes, die als Innovation auf den etablierten Indexwelten aufsetzen. Wir berechnen derartige Indizes, die heute als Smart Beta verkauft werden, bereits seit 20 Jahren. Neuerdings kommen – nach den Faktor-Indizes – zusätzlich im Beispiel unserer Pyramide thematische Indizes dazu. Diese bilden beispielsweise Trends ab wie Robotics, künstliche Intelligenz und auch als Mischform Umwelt- und Sozialrelevante Indexgewichtungen, besser als ESG bekannt. Diese drei Ebenen machen den weitaus größten Teil der Pyramide aus; als Rest bleibt in diesem Konstrukt noch die Spitze der Pyramide – das Alpha. Sprich, wir bieten die Werkzeuge, mit denen man zusätzlich zur aktiven Anlageentscheidung durch passive Strategien potenziell Geld verdienen kann.

«STOXX ist definitiv mit der First Class gleichzusetzen, aber wir arbeiten auch an einem neuen Economy-Angebot.»

Zum Risiko-Management dient ja auch der eine oder andere Faktor-Index. Welche Resonanz erhielten Sie bisher auf die Faktor-Indizes von STOXX?

Das Angebot wurde extrem gut angenommen. Auch die Handelsumsätze und das Open-Interest der Eurex-Futures auf unsere Faktor-Indizes haben sich deutlich besser als erwartet entwickelt. Insgesamt sind wir sehr zufrieden und werden den Bereich Faktorindizes auch in 2018 weiter zielgerichtet ausbauen.

Was ist Ihre Meinung zu Fixed-Income Indizes und den Bemühungen, dort mit passiven Angeboten, aber auch Smart Beta-Lösungen zu starten?

Es gibt keine empirischen Beweise, dass Faktor-Indizes im Bondsbereich funktio-nieren. Keiner hat diesen Code bisher über-zeugend geknackt. Als erste Annäherung haben wir den bekanntesten Aktienindex Europas, den Euro STOXX 50, als Basis genommen und den Euro STOXX 50 Cor-porate Bond Index kreiert. Die Überlegung dabei ist, dass die Indextitel auch unter dem Aspekt europäisches Bond-Portfolio-Exposure gut passen können. So wurden von jedem der 50 Indexunternehmen die liquidesten Obligationen ausgesucht und ein Index gebaut – ein erster Schritt in die Richtung Faktor-Indizes basierend auf Bonds. Und seit September 2017 ist das Ganze als Future an der Eurex handelbar!

Die Wettbewerber werden da wahrscheinlich nicht tatenlos zusehen…

Das ist völlig klar. Bislang sind einige Indexanbieter bei Fixed Income Indizes gescheitert – aus vielfältigen Gründen. Wir sehen bei diesem Thema enorm grosses Potenzial, der potenzielle Markt ist riesig.

Beim Indexing geht es in erster Linie um ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis. Wo würden Sie STOXX, in der Analogie zur Luftfahrt, einordnen – First Class, Premium Economy oder Low-Cost?

Gemessen an dem, was unser Kunde für sein Geld bekommt, ist STOXX definitiv mit der First Class gleichzusetzen. Bei den STOXX-Indizes entscheidet ein transparentes Regelwerk über die Indexzugehörigkeit, kein Indexkomitee. Daher gibt es bei unseren Indizes auch keine Überraschungen.

Unterhalb der First Class des Inde-xing wird inzwischen gutes Geschäft mit reiner low-cost Indexberechnung gemacht. Ein Geschäft, das an STOXX auch in Zukunft vorbeigeht?

Kunden, die kein primäres Interesse an den intellektuellen Kapazitäten und dem Index-Research von STOXX sowie dem STOXX-Markennamen als Teil ihres Index haben, sondern eher auf operative Berechnung und Handling ihrer Indizes, werden wir in Zukunft eine adäquate Lösung bieten – ver-gleichbar einem Economy-Ticket.

Ab wann geht der neue Indexservice an den Start?

Wir sind dabei, unsere Pläne zu finalisieren – Sie können mit einer baldigen Ankündi-gung und Marktstart rechnen!

Sie erwähnten vorher Blockchain. Arbeiten Sie eng mit Fintechs zusammen?

Absolut. Es ist eine faszinierende Zusammenarbeit und man kann viel voneinander lernen. So arbeiten wir unter anderem mit dem Bostoner Fintech quantopian.com für crowd-sourced investment code zusammen. Die Entwicklungen im Fintech-Bereich gehen rasend schnell, und ich bin mir sicher, dass dort Kooperation der Weg der Zukunft sein wird.

Herzlichen Dank!

 

VITA
Matteo Andreetto ist Leiter des Bereichs Index Services der Gruppe Deutsche Börse und CEO der STOXX Ltd. Er verantwortet u.a. Entwick-lung, Management und Geschäftsentwicklung der STOXX- und DAX-Indizes. Davor war Matteo Andreetto mehr als 15 Jahre für eine globale Investment-Bank tätig als Produktmanager und zwei Jahre als Pro-duktentwickler für einen alternativen Asset-Manager. Matteo Andreetto hat einen Abschluss in Volkswirtschaftslehre und Quantitative Finance von der Bocconi University, Mailand. Zudem hat er beim Advanced Management Program (AMP189) der Harvard Business School graduiert.

 

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