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payoff Interviews

«Wir schliessen jeden Tag einen Vertrag mit einem neuen Kunden für unsere regulatorischen Services ab.»

08.09.2017 6 Min.
  • Martin Raab

Robert Jeanbart, Division CEO Financial Information, SIX Group, über lange Traditionen, präzise Daten für 23 Millionen Finanzinstrumente, Regulierung als Geschäftstreiber und warum er glücklicher Pensionär werden will.

Herr Jeanbart, Daten sind das neue Gold. Was zeichnet ihren Geschäfts-bereich, ehemals als SIX Telekurs bekannt, heute aus?
Das ist ein guter Vergleich und wir schür-fen mit der Erfahrung von 87 Jahren, soweit reichen unsere Wurzeln zurück, nach den besten Daten der Welt. Unsere Kernkompetenzen lauten: Sammeln, Aggre-gieren, Normalisieren und Bereinigen. 99.9% unserer Kunden sind professionelle Finanzmarktteilnehmer. Und diese sind erpicht auf höchste Präzision und totale Zuverlässigkeit.

… ist das auch der Grund, warum SIX Financial Information seit acht Jahren in Folge für ihre Finanzdaten Preise gewinnt?
Absolut. Hier zahlt sich in erster Linie unser Fokus auf höchste Datenqualität und Zuverlässigkeit aus. Unsere Spezialisierung gilt den statischen Daten. Dazu zählen beispielsweise Stammdaten wie die ISIN Nummer oder Ereignisdaten wie Mergers oder Aktiensplits. Kursdaten bieten wir auch an – das tun jedoch viele andere Anbieter auch. Für unsere Ereignisdaten wurden wir vergangenen Mai das achte Jahr in Folge als «Best Corporate Actions Provider» ausgezeichnet – bei den Inside Market Data und Inside Reference Data Awards von WatersTechnology.

Sehen Sie sich als Schweizer Anbieter oder Global Player?
Wir sind ein internationales Unternehmen mit Schweizer Heimmarkt. Zu unseren weiteren Kernmärkten zählen Frankreich, Luxemburg und Skandinavien. In Europa haben wir zahlreiche weitere Standorte, beispielsweise in Grossbritannien, Deutschland, den Niederlanden und Belgien. Unsere Standorte ausserhalb Europas liegen unter anderem in den USA, Japan und Singapur.

… die Swissness ist in Regionen wie Asien also immer noch ein char-manter Wettbewerbsvorteil – oder zählt am Ende doch nur der Preis im Datengeschäft?
Wir sind auf statische Daten spezialisiert und fokussieren dabei auf Qualität und Zuverlässigkeit – was sehr gut zum Attribut «Swissness» passt. Gerade bei den statischen Daten hat die Datenqualität oft eine höhere Priorität als Schnelligkeit und Preis.

Offshoring ins Ausland ist bei SIX Financial Information demnach kein Thema?
Wir haben bereits vor sieben Jahren gewisse Teilfunktionen an Standorte in Polen und Indien ausgegliedert. Jedoch nicht innerhalb unseres Unternehmens sondern in strategischer Zusammenarbeit mit lokalen Partnern. Das Prinzip ist ganz einfach: Liefern diese die geforderte, erstklassige Datenqualität, erhalten sie weitere Aufträge. Stimmt es mit der Qualität nicht, fahren wir die Zusammenarbeit herunter. Bis jetzt funktioniert das hervorragend.

Was ist der Unterschied zwischen Marktdaten und Stammdaten?
Marktdaten sind die dynamischen Finanzinformationen, wie etwa aktuelle Aktienkurse. Unter Stammdaten bzw. Referenzdaten verstehen wir statische Daten. Hierzu zählen beispielsweise Aktienstammdaten oder Ereignisdaten. Die Pflege und Aktualisierung von solchen statischen Daten ist wesentlich komplexer und aufwändiger als die Übermittlung von aktuellen Aktienkursen.

Gibt es Märkte, die SIX Financial Information nicht abdeckt?
Heute erlaubt es unsere Abdeckung, sowohl hinsichtlich Geographie als auch Anlageklassen, unsere Strategie umzusetzen und unsere Dienstleistungen unseren Zielmärkten und Kundensegmenten anzubieten.

Kurz zur Einordnung: Wie viele neue Finanzinstrumente kommen jeden Monat in ihrer Datenbank dazu – und wie viele Finanzinstrumente entfallen entsprechend?
Monatlich kommen 900’000 Finanzinstrumente zu unserer Datenbank hinzu und 800’00 entfallen im selben Zeitraum. Insgesamt haben wir 23 Millionen Instrumente in unserer Datenbank.

Datencenter wandern heute oft in die Cloud. Parallel häufen sich Datendieb-stähle. Wie geht ihre Division mit dem Thema Cyber Security um?
Wir bieten keine Kundendaten an, sondern Finanzinformationen und Value-Added Services für das Wealth- und Asset-Management. Unsere Datenbank umfasst Referenz- und Marktdaten, Corporate Actions, regulatorische Daten sowie Pricing-Informationen. Die Nutzung dieser Daten bieten wir auf der Basis von Lizenzverträgen an, beispielsweise über unsere Datenfeeds. Diese fliessen direkt in die Kernsysteme der Banken oder werden auf unserer Display Software angezeigt. Mit anderen Worten: Bei all diesen Services werden natürlich höchste Sicherheitsanforderungen erfüllt. Generell nehmen wir das Thema sehr ernst und treffen bei unseren Services höchste Sicherheitsvorkehrungen, denn unsere Kunden müssen sich darauf verlassen können, dass die Daten korrekt sind.

«Wir bieten keine Kundendaten an, sondern Finanz- informationen und Value-Added Services für das Wealth- und Asset-Management.»

Wie stark treibt der Bereich Regulierung ihr Geschäft?
Sehr stark – wir schliessen jeden Tag einen Vertrag mit einem Kunden für unsere regulatorischen Services ab. Selbst bekannte Marktführer wie Blackrock zählen zu unseren Kunden. Wir erreichen mit diesen Dienstleistungen bereits die nächste Stufe der Wertschöpfung. Dies bedeutet, dass wir nicht mehr nur relevante regulatorische Informationen kennzeichnen und über unsere Datenfeeds zustellen, sondern Komplettlösungen anbieten. Mit diesen Angeboten können sich Banken voll und ganz auf ihr Kerngeschäft fokussieren und erhalten sämtliche regulatorischen Dokumente und Daten fixfertig aufbereitet auf Knopfdruck.

Welche Projekte stehen in diesem Zusammenhang derzeit auf der Agenda ihrer Division?
Zurzeit laufen bei uns mehrere Projekte zu diesem Thema. Aufgrund der Aktualität ist der Regulatory Hub zu nennen. Er deckt die EU-Regulierungen MiFID ll und PRIIP-KID ab, die im Januar 2018 in Kraft treten und Anleger besser schützen sollen. Dafür erweitern wir unsere Finanzinfrastruktur um eine neue Komponente, welche die Anforderungen dieser komplexen Regelwerke erfüllt. Die neuen Regulierungen verlangen etwa, dass die Hersteller und Vertriebsfirmen von Finanzprodukten wesentlich intensiver und enger zusammenarbeiten – wie in einem Netzwerk. Deshalb sahen wir ein grosses Potenzial für eine neue Infrastrukturlösung, die jetzt verfügbar ist. Weitere regulatorische Services von uns erleichtern beispielsweise die Einhaltung des Automatischen Informationsaustausches (AIA) oder identifizieren sanktionierte Domizile, Organisationen und all ihre emittierten Wertpapiere. Damit können Banken erhebliche Bussgelder vermeiden.

Herr Jeanbart, zum Abschluss eine sehr persönliche Frage: Wären Sie an der Rolle des CEO der SIX Group interessiert?
[Lacht] Ich bin hier für eine ganz klare Mission angetreten – und nicht um Karriere zu machen. Das habe ich bereits hinter mir. Daher werde ich kein CEO, sondern glücklicher Pensionär.

Herzlichen Dank für das Gespräch!

VITA
Der Schweizer Robert Jeanbart leitet den Geschäftsbereich Financial Information, SIX Group, seit Mai 2014. Robert Jeanbart verfügt über langjährige internationale Führungserfahrung und eine ausgewiesene Expertise in verschiedensten Bereichen des Finanzinformationsgeschäfts. Zuletzt war er Global Head of Market Data and Information Services bei SunGard. Desweiteren war er unter anderem CEO von Infotec S.A. und arbeitete über 15 Jahre bei Reuters Ltd, in verschiedenen Führungspositionen, zuletzt als Managing Director für UK & Ireland. Er studierte Electrical Engi-neering an der EPFL Lausanne und hat einen Master of Sciences.

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