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payoff Interviews

«Wir sind sehr offen für Akquisitionen»

15.03.2016 5 Min.
  • Martin Raab

Lee Kranefuss, Chairman Source ETF und bekannter Industrie-Veteran über Geschichte und Zukunft von Exchange-Traded Funds, Erfolgsrezepten, neuen Produkten und der geplanten Expansion von Source.

Herr Kranefuss, man sagt, Sie haben damals den Grundstein für den heutigen ETF-Markt gelegt und letztlich den Herzschlag bei ETFs gestartet…

Oh, das höre ich immer wieder. Ich kann ihnen aber versichern: Ich habe ETFs nicht erfunden! Ich war lediglich in der Geburtsstunde anwesend und hatte das Glück, börsenkotierte Indexfonds seit den Anfängen eng bei ihrem Siegeszug zu begleiten.

Sie untertreiben etwas. Das heutige iShares Business geht doch auf Sie zurück, oder?

Das ist korrekt, doch die Anfänge waren sehr kurios: Als wir im Jahr 2000 für Barclays dem Gedanken eines börsenkotierten Indexfonds leben einhauchen sollten, war das alles andere als etwas Ruhmreiches oder gar mit Prestige versehen. Wir waren Super-Exoten. Die Bank hat uns sogar in ein eigenes Bürogebäude verfrachtet, um die Abteilung Indexfonds soweit wie möglich vom klassischen Fondsgeschäft weg zu haben. Wir sassen buchstäblich im Sibierien von Barclays und kamen im Jahr 2000 mit 40 ETFs in einer ersten Welle an den Markt. Das waren viermal mehr börsengelistete Indexfonds als die Konkurrenz damals gesamthaft am Markt angeboten hat. 

Danach ging es in den USA rasant mit ETFs bergauf und auch in Europa zündete der Funke langsam. Wie stellt sich das Bild heute aus ihrer Sicht da?

Lassen Sie mich hier kurz ausholen beim Stichwort rasant nach oben: Unser Ansatz von damals ist nach wie vor zeitgemäss und stark in Mode. ETFs waren und sind erfolgreich, wenn sie eine erstklassige konzeptionelle Qualität besitzen, tiefe Kosten ausweisen und auch die Spreads bei An- und Verkauf vertretbar sind, sowie die Angebotsbreite stimmt.

 

«Source ist mit viel Elan unterwegs und letztes Jahr mit 26% gewachsen!»

…das würde aus ihrer Sicht bedeuten, ein ETF-Anbieter mit sechs oder sieben ETFs am Markt kann nur schwer erfolgreich sein?

Soweit möchte ich nicht gehen, doch ganz klar liegt in einer breiteren Angebotspalette ein gewisser Charme. Gerade das Thema Sektor-ETFs ist aus meiner Sicht essenziell wichtig, um die stetig im Fluss befindliche Sektor-Rotation für trading-affinie ETF-Nutzer wie Hedge Fonds oder Eigenhändler adäquat anbieten zu können.

Zurück zur Frage nach dem ETF-Markt in Europa vs. USA. Welche Trends oder Unterschiede sehen Sie dort?

Europa hat in den letzten drei Jahren massiv an Schwung im ETF-Markt aufgeholt. Viele Emittenten und auch ETF-Researcher bemühen oft den Kurvenvergleich zwischen den USA und Europa, welcher visualisiert, dass in Amerika das Angebot schneller sprich steiler wächst als hierzulande. Das mag stimmen, doch sehe ich in Europa nach wie vor grosses Potenzial trotz starker Fragmentierung der Märkte.

Was unterscheidet Source von der wachsenden Anzahl an Mitbewerbern im europäischen ETF-Markt?

Ganz elementar ist, dass wir unabhängig sind und nicht der verlängerte Arm einer Investmentbank oder einer Bankholding. Source hat darüber hinaus eine Multi-Dealer Swap-Plattform, welche Risiken minimiert, nicht zu sagen eliminiert. Abschliessendes Argument ist unser «Open-Architecture» Ansatz. Wenn PIMCO beispielsweise damals bei Barclays angeklopft hätte, um einen Bond-Strategie ETF gemeinsam zu lancieren, wäre die Antwort ‚Nein‘ gewesen. Bei Source funktionieren solche Partnerschaften dank der offenen Architektur problemlos. Ganz zum Schluss: Wir haben in Europa jetzt in allen wichtigen Ländern unsere Vertriebsleute vor Ort und steuern die Märkte lokal.

 

«Wir werden in Zukunft mehr physisch replizierte ETFs emittieren.»

Welche Einschätzung hat man bei Source zur Thematik physisch nachgebildete vs. synthetisch nachgebildete ETFs?

Wir werden in Zukunft mehr physisch replizierte ETFs emittieren und gleichzeitig in diesem Zusammenhang ein hybrides Offering haben.

Die Auswahl an ETFs bei Source als Plattform ist bereits stark gewachsen. Sind weitere Produktlancierungen in nächster Zeit geplant?

Auf jeden Fall, Source ist mit viel Elan unterwegs und letztes Jahr mit 26% gewachsen! Wir werden dieses Jahr bestimmt 20 bis 30 neue Exchange-Traded Funds lancieren.

Source gehört inzwischen zu 51% ihrem Arbeitgeber, dem Private Equity Unternehmen Warburg Pincus. Wären Sie offen für weitere Akquisitionen, sprich ETF-Anbieter, die man mit Source verschmelzen könnte?

Absolut. Wir sind sogar sehr offen für Akquisitionen, vielleicht werden wir dieses Jahr ein oder mehrere Unternehmen dazukaufen. Der Ansatz von Warburg Pincus ist Build and Growth — und mit Source haben wir eine hervorragende Plattform, an die wir passende Unternehmen andocken können.

Wäre ein Zukauf eines ETF-Emittenten primär im europäischen Markt ein Thema oder sehen Sie sich auch andere Märkte an?

Europa ist sicher sehr interessant in Sachen Konsolidierung. Aber Asien und Lateinamerika sind für uns keine Tabus. Wenn immer eine Akquisition in das Gesamtkonzept passt, nehmen wir den Deal in Angriff.

 

VITA

Lee Kranefuss ist Executive Chairman des ETF-Anbieters Source und Executive-in-Residence beim Private Equity Unternehmen Warburg Pincus, wo er seit dem Jahr 2012 in dieser Rolle aktiv ist. Warburg Pincus ist Mehrheitsaktionär von Source. Der Industrie-Veteran ist Mitgründer und Architekt von iShares, dem heutigen ETF-Bereich von BlackRock. Lee Kranefuss hat als Global Chief Executive Officer iShares aufgebaut als es noch Teil von Barclays Global Investors war. Als verantwortlicher Steuermann hat Kranefuss von Beginn an (im Jahr 2000) das Geschäft mit Exchange Traded Funds für Barclays von null auf zuletzt USD$ 600 Milliarden Assets under Management expandiert. Der US-Amerikaner wohnt inzwischen in London, wo auch Source seinen Hauptsitz hat.

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