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payoff Interviews

«Wir werden demnächst unsere Produktpalette auf Swiss DOTS um BEST Turbos und Unlimited Turbos (Mini-Futures) erweitern.»

17.03.2015 6 Min.
  • Dieter Haas

Andreas Stocker, Derivatives & ETFs Public Distribution Commerzbank Schweiz, über die anstehende Dekotierung von Faktor-Zertifikaten, Nachemissionen, untertägige Anpassung, die Folgen der Auflösung des EUR/CHF-Pegs auf die Faktor-Zertifikate, die Hebelhöhe, Folgen der Negativzinsen auf die Preisbildung und künftige Erweiterungen der Produktpalette.

Herr Stocker, die Commerzbank dekotiert per Ende März 2015 rund 40 Faktor-Zertifikate. Was waren die Hintergründe für die Kündigung?

Wir werden vor allem Produkte künden, die unter fünf Rappen notierten. Die Hintergründe für den Entscheid waren folgende: Faktor-Zertifikate sind ideale Produkte, um kurzfristig und gehebelt auf einen Trend in einem Basiswert zu setzen. Dank der unbegrenzten Laufzeit und dem konstanten Hebel ist das Produkt stets attraktiv für Anleger. Investoren müssen bei Faktor-Zertifikaten nicht bei jedem Anlageentscheid wieder nach einem neuen Produkt suchen, wie das bei Warrants oder Mini-Futures häufig der Fall ist – diese verfallen oder können ausgeknockt werden. Die unlimitierte Laufzeit von Faktor-Zertifikaten kann aber einen Nachteil mit sich bringen: Wenn der Basiswert sich stark gegen die Strategie entwickelt, erreichen Faktor-Zertifikate den Punkt, an dem sie ein Kursniveau von wenigen Rappen erreichen.

Können Sie diesen Aspekt mithilfe eines Beispiels erläutern?

Dieses tiefe Kursniveau führt zu folgender Problemstellung: Einerseits ist der prozentuale Spread hoch. Ein Beispiel: Ein Faktor-Zertifikat, das zwei auf drei Rappen (Geld/Brief-Kurs) notiert, weist einen Spread von einem Rappen bzw. 50% auf. Andererseits ist die Sensitivität des Produkts sehr tief. Das Produkt vollzieht die Bewegungen des Basiswerts nicht mehr zufriedenstellend. Damit das genannte Produkt bei einem Long-Hebel von bspw. fünf von zwei auf drei Rappen steigt, muss der Basiswert um gut 10% zulegen (10% x Hebel 5 = +50%). Somit können kleinere bis teils mittlere Avancen des Basiswerts nicht mehr präzise vollzogen werden und das Produkt ist für Anleger nicht mehr attraktiv.

Ab welchem Preisniveau nimmt die Attraktivität von Faktor-Zertifikaten ab?

Ab einem Kursniveau im Produkt von unter 30 Rappen nimmt die Attraktivität der Produkte ab. Dort beträgt der Mindest-Spread (ein Rappen) gut 3%. Je weiter der Wert des Produkts fällt, desto geringer ist die Attraktivität der Produkte. Übrigens senken tiefe Produktnotierungen nicht bloss die Attraktivität von Faktor-Zertifikaten. Dies gilt auch für Hebelprodukte wie Warrants, Knock-Out-Warrants und Mini-Futures.

Wo können sich Anleger informieren, die Faktor-Zertifikate besitzen, die dekotiert werden?

Kommuniziert wurde die Kündigung der Produkte einerseits mittels einer offiziellen Mitteilung an die SIX. Anderseits haben wir in unserem jüngsten Kundenmagazin «ideas» detailliert darüber informiert. Dieses Magazin kann gratis auf www.ideas-magazin.ch abonniert oder heruntergeladen werden. Zudem stehen wir Anlegern bei Fragen gerne per Mail (derivatives.swiss@commerzbank.com) oder telefonisch (0800 11 77 11) zur Verfügung.

Was passiert konkret?

Ich fasse kurz das Wichtigste zusammen. Die Produkte werden am 31. März zurückgezahlt, der Bewertungstag ist der 24. März. Anleger erhalten also den Wert zurückerstattet, den das Produkt am 24. März hat. Die Produkte werden aus dem Depot ausgebucht und den Anlegern fallen keine Kosten an.

Die Aufhebung des EUR/CHF-Mindestkurses durch die SNB verursachte einen heftigen Tagesrückgang bei Schweizer Aktien. Wie viele Faktor-Zertifikate unter den Schweizer Aktien waren von einer untertägigen Indexanpassung betroffen?

Am 15. Januar fanden in rund 16 Produkten Schwellenanpassungen statt. Betroffen waren vor allem Produkte auf Wechselkurse. Unter den Produkten auf Schweizer Blue Chips hatten wir elf Schwellenereignisse, unter anderem Produkte mit Hebel von fünf oder sechs auf Basiswerte wie Transocean. 

Werden in einer geplanten nächsten Dekotierungsrunde Rnebst Faktor-Zertifikaten im tiefen Rappen-Bereich auch vermehrt andere gekündigt, bei denen eine untertägige Anpassung stattgefunden hat und deren Sensitivität nicht mehr der ursprünglichen entspricht?

Bei gewissen Produkten, die auf Ende März gekündigt wurden, fand eine untertägige Anpassung während ihrer Laufzeit statt, bei gewissen nicht. Produkte können auch ohne dass eine untertägige

Anpassung stattgefunden hat, an Attraktivität verlieren. Zum Beispiel wenn sich der Basiswert des Faktor-Zertifikats über einen längeren Zeitraum entgegen der Strategie entwickelte. Auch dann kann das Produkt auf einen tiefen Wert im Rappenbereich fallen. 

Wie läuft konkret eine untertägige Anpassung ab?

Die Funktionsweise der Anpassungsschwelle ist wie folgt: Bei einem Tagesverlust des Basiswerts von minus 20% müsste bspw. ein Faktor-Long-Zertifikat mit dem Faktor fünf auf null fallen (Totalverlust), da das Faktor-Zertifikat über den Strategie-Long-Index auch fünffach an den Kursverlusten partizipiert. Um einem Totalverlust entgegenzuwirken, sind Faktor-Zertifikate daher mit einer Anpassungsschwelle ausgestattet, bei deren Berührung durch den Basiswert eine untertägige Anpassung des Strategieindex vorgenommen wird. Bei der untertägigen Anpassung wird ein neuer Tag simuliert. Dabei wird zur Messung der weiteren Tagesperformance des Basiswerts die Anpassungsschwelle als neuer Referenzwert festgesetzt. Dies hat den Vorteil, dass bei Kursveränderungen des Basiswerts über die Anpassungsschwelle hinaus die für den Strategieindex negative Tagesrendite abgeschwächt wird. Dadurch verfällt das Zertifikat nicht wertlos und Anleger können das Faktor-Zertifikat weiterhin handeln. Dennoch kann unter ungünstigen Umständen auch untertägig ein Verlust entstehen, der wirtschaftlich einem Totalverlust sehr nahe kommt.

Welche Folgen haben Negativzinsen beim CHF LIBOR-Overnight auf die Preisstellung der Faktor-Zertifikate?

Für den Overnight-Zins muss man unterscheiden zwischen Faktor-Zertifikaten Long bzw. Faktor-Zertifikaten Short auf Aktien. Im ersten Fall zahlt der Kunde einen Zins zur Finanzierung der Aktien. Ein negativer Zins wirkt sich daher steigend auf den Strategieindex, also den Basiswert der Faktor-Zertifikate, aus. Bei Faktor-Zertifikaten Short auf Aktien bekommt der Kunde dagegen einen Zins für den Betrag aus Investment und Aktienverkäufen. Ein negativer Zins wirkt sich somit wertmindernd auf den Strategieindex aus. Bei Futures-Basiswerten (Long und Short) bekommt der Investor einen Zins auf das «Indexinvestment», da Futures-Anlagen bargeldlose Geschäfte sind. Der negative Zins wirkt sich wertmindernd auf den Strategieindex aus.

Die Commerzbank offeriert im Vergleich zur Bank Vontobel eher konservative Hebel (bspw. SMI max 6x, Vontobel 12x). Wird es inskünftig auch aggressivere Hebel geben?

Es ist im Moment nicht geplant, die Hebelhöhe in unserer Produktpalette zu erhöhen. Derzeit liegt der höchste Hebel, den wir bei Blue Chips und Indizes anbieten, bei sechs. Mit diesem Angebot sind wir zufrieden.

Gibt es noch weisse Flecken auf der Landkarte oder anders gefragt, auf welche Basiswerte möchten Sie gerne inskünftig noch Faktor-Zertifikate begeben?

Natürlich erwägen wir immer wieder unsere Produktpalette zu erweitern. Mit gut 700 Faktor-Zertifikaten ist unsere aktuelle Palette sehr umfassend und deckt den Grossteil der Anlegerbedürfnisse ab.

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