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payoff Learning Curve

Zeit ist Geld: Finanzierungskosten von Mini-Futures

24.09.2012 4 Min.
  • Martin Diethelm

Durch Finanzierungskosten entschädigt der Käufer den Emittenten für die Bereitstellung eines Kredits. Für kurze Haltedauern fallen sie kaum ins Gewicht, falls nicht extrem aggressive Hebel gewählt werden. Ein Praxistest mit konkreten Beispielen.

Kredit führt zu Hebeleffekt

Wie ein Call-Warrant ist auch ein (Long-)Mini-Future theoretisch ein kreditfinanzierter Aktienkauf. Der Hebel entsteht dadurch, dass der Emittent dem Käufer des Produkts implizit einen Kredit zur Verfügung stellt, damit der Investor mehr von einem Basiswert kaufen kann, als er mit seinem eigenen Einsatz könnte. Der Mini-Future MDAX3 wurde am 24.10.2011 herausgegeben, zum Preis von 2.08 CHF. Wie aus Abbildung 1 herausgelesen werden kann, stand damals der Basiswert DAX bei 6’032 Punkten, während der Finanzierungslevel auf 5’190 Punkte fixiert wurde. Bei einer Ratio von 500:1 ergibt dies einen inneren Wert von (6’032 – 5’190) / 500 = 1.68 EUR, bzw. 2.03 CHF bei einem Wechselkurs von 1.20. Mit 500 x 2.03 = 1’015 CHF konnte der Investor also voll an der Performance des DAX mit einem Wert von 6’032 EUR partizipieren, was einem Hebel von 6’032 / (1’015 / 1.20) = 7.13 entsprach. Der fehlende Betrag von den 1’015 CHF (bzw. 845 EUR) zu 6’032 EUR wurde vom Emittenten als Kredit bereitgestellt.

Finanzierungskosten entgelten Kredit

Mittlerweile steht der DAX bei 7’031 Punkten und der Mini-Future bei 3.94 CHF. In Abbildung 2 ist der Verlauf des MDAX3 sowie eines weniger gehebelten Mini-Futures, MDAXL aufgeführt. Der DAX hat um 16,6% zugelegt, der MDAX3 um 94%. Der Hebel ist mit 5,7-mal also tiefer als anfangs berechnet. Des Rätsels Lösung liegt im gestiegenen Finanzierungslevel. Wie aus dem rechten Teil der Abbildung 1 ersichtlich, ist dieser um 199 auf 5’389 Zähler gestiegen. Gemäss Term-Sheet ist der Emittent berechtigt, den Finanzierungslevel täglich leicht um den sogennanten Finanzierungsspread anzuheben, um seinen finanziellen Aufwand für die Bereitstellung des Kredits zu kompensieren.

Wertverlust unterliegt Hebeleffekt

Jährliche Kosten von um die 5% scheinen für ein Hebelinstrument verträglich. Doch aufgepasst: Auch diese Kosten unterliegen dem Hebeleffekt. Im oben genannten Beispiel ist der Finanzierungslevel um 199 Punkte oder 3,8% gestiegen, was etwa 4,6% p. a. entspricht. Wäre der DAX in dieser Zeit auf demselben Niveau verharrt, wäre der Wert des Mini-Futures auf (6’032-5’398)/500=1.27 EUR gefallen, was einen Verlust von 24,5% bedeutet hätte. Je grösser der Hebel des Mini-Futures ist, desto stärker fallen die Finanzierungskosten ins Gewicht. In Abbildung 4 ist der hypothetische Kursverlauf der beiden Mini-Futures abgetragen, falls der DAX auf seinem Niveau vom 24.10.2011 verharrt wäre. Dadurch wird der Einfluss der Finanzierungskosten extrahiert. Es ist deutlich zu sehen, dass der weniger stark gehebelte MDAXL auch weniger stark von den Finanzierungskosten betroffen war.

Mögliche Verläufe des Finanzierungslevels

Der stetig ansteigende Verlauf des Finanzierungslevels ist typisch für einen Performance-Index. Der SMI hingegen wird z. B. ohne Einbehaltung der Dividenden berechnet – d. h., bei jeder Dividendenausschüttung einer der abgedeckten Aktien sinkt er leicht. Dieser Verlauf ist auch beim Finanzierungslevel zu beobachten. Sogar ein sinkender Finanzierungslevel ist möglich. Dies kann z. B. dann der Fall sein, wenn der Mini-Future auf ein Commodity lautet, welches sich in Backwardation befindet – d. h. die Preise für Futures liegen unterhalb der Spot-Preise. Allerdings muss die Backwardation relativ stark ausgeprägt sein, damit sie den Einfluss des Finanzierungsspreads übertrifft.

Kurzfristiger Einfluss der Finanzierungskosten

Wie sind Finanzierungskosten zu beurteilen? Stellt man die Zinsen in Relation zu jenen Raten, die ein Investor für einen Kredit zahlen muss, sind Beträge um 5% durchaus im Rahmen. Andererseits ist das Ausfallrisiko des Kredites aus Sicht des Emittenten äusserst klein, weil der Mini-Future sofort zurückbezahlt wird, wenn der Basiswert die Knock-Out Schwelle berührt. Das bedeutet, dass der Kredit durch den Wert des Mini-Futures nur noch knapp gedeckt ist. Ein allzu grosser Zins ist aus Risikoüberlegungen also nicht gerechtfertigt. Wichtig in diesem Zusammenhang ist aber auch, dass Mini-Futures Instrumente für die kurzfristige Spekulation und nicht als langfristige Anlage geeignet sind. Für eine kurzfristige Haltedauer von wenigen Tagen oder gar Stunden fallen die Finanzierungskosten kaum ins Gewicht. Selbst beim aggressiveren MDAX3 beträgt der Wertverlust durch Finanzierungskosten nur ungefähr ein halbes Prozent pro Woche. Einen wesentlich wichtigeren Kostenfaktor stellen meistens Bid-Ask Spreads da. Anleger, die auf faire Konditionen achten, sollten ihr Augenmerk eher auf letztere legen.

Angebrachte Entschädigung

Finanzierungskosten sind gerechtfertigte Kompensationen für die Bereitstellung des Hebels seitens des Emittenten. Die Grössenordnungen sind – wenn auch im Term-Sheet selten explizit fixiert – akzeptierbar, wenn auch oft relativ hoch. Trotzdem sind sie normalerweise nur bei längeren Haltedauern von grösserem Belang. Ausnahmen stellen Produkte mit sehr hohen Hebeln dar, also solche mit kleinen Abständen vom Kurs des Basiswerts zum Finanzierungslevel.

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