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payoff Interviews

«Die lange Durststrecke macht Rohstoffe derzeit z ur attraktivsten Anlageklasse für die kommenden zehn Jahre.»

17.10.2017 6 Min.
  • Dieter Haas

Giuseppe Rapallo, Leiter Portfolio-Management & quantitative Investmentmodelle, über die Perspektiven der Rohstoffe im Allgemeinen und der Industriemetalle im Speziellen, die Aussichten des US-Dollars, die drei Favoriten unter den Rohstoffaktien und Anlagemöglichkeiten bei Tiberius.

Herr Rapallo, sind die jüngsten Kurssteigerungen bei den Industriemetallen der Beginn eines neuen Rohstoffzyklus oder lediglich ein Strohfeuer?
Die Industriemetallpreise steigen bereits seit Anfang 2016. Nach 20 Monaten und ca. 60% stabiler Kurssteigerung sprechen wir berechtigterweise von einem neuen Zyklus. So haben sich die chinesischen Nachfrage­ indikatoren nach dem Katastrophenjahr 2015 nachhaltig verbessert und der schwache Dollar konnte 2017 die Rally der Minenkonzerne nicht abwürgen. Wir blicken deshalb optimistisch auf die Industrie­ metalle und halten den 20%­Spurt der letzten drei Monate für keine besorgnis­ erregende Entwicklung.


Was sind die grössten Risiken, die der Trendwende Einhalt gebieten könnten?

Die Risiken sind ausnahmslos politisch. Die Spannungen auf der nordkoreanischen Halbinsel bereiten uns Sorge, mehr noch aber die Gefahr eines Handelskrieges zwi­schen den USA und China. Auch die Türkei stellt momentan ein Risiko im Nahen Osten dar, welches derzeit noch unterschätzt wird. Die Wirtschaftszyklen der grossen Volkswirtschaften sind hingegen stabil und bieten wenig Anlass zur Sorge.

In welche Phase würden Sie die vier Rohstoff-Sektoren gegenwärtig einstufen?
Energie: Bodenbildung – Industriemetalle: Aufwärtstrend – Edelmetalle: Aufwärts­ trend – Agrar: Bodenbildung.

Wie sehen Sie die Entwicklung des US-Dollars?
Wir erwarten eine anhaltende Schwäche des US­Dollars. Die US­Steuerreform kommt nicht voran, zudem spricht die Inflationsent­wicklung in den USA für ein bedächtigeres Vorgehen der Fed. Gleichzeitig scheint die EZB aufgrund der Inflationsentwicklung in der EU eine geldpolitische Straffung vor­zubereiten. Die relative Entwicklung der Zinsdifferenz begünstigt somit den Euro. Bis Ende 2018 ist ein Wechselkurs von USD 1.30 gegen den Euro denkbar.

«Wir erwarten eine anhaltende Schwäche des US-Dollars.»

Wo bieten sich dem Anleger bis Ende 2018 die besten Chancen und welche Bereiche sollte er eher meiden?
Die Agrarrohstoffe bieten fundamental noch keinen Anlass zur Freude, mehr als eine technische Gegenbewegung erwarten wir nicht.
Den Energiesektor, insbesondere WTI, sehen wir in einem Korridor zwischen USD 55­40 pendeln. Die derzeitige Terminstruk­tur und die Kreditzugänglichkeit sollte eine Wiederholung der «Panikblüte» 2015 der kleinen US­Ölproduzenten und ein Absin­ken unter USD 40 verhindern. Gleichzeitig deckelt dieses sehr dynamische Angebot den Ölpreis bei ca. USD 60. Wir sehen daher nur 5­10% Kurspotenzial.
Im Bereich der Industriemetalle sind wir optimistisch, dass die chinesische Nach­frage die Talsohle durchschritten hat und sich die durch Niedrigstpreise aufgeschobenen Investitionen der Angebotsseite weiterhin positiv auf die Preise auswirken.
Den Edelmetallen kommt zugute, dass die Trump­Regierung mit immer neuen Skan­dalen für ein ständiges Gefühl der Unsicher­heit sorgt. Zudem ist eine Pause in der geld­politischen Straffung der USA anzuneh­men, da die moderaten Zinsschritte der Fed die US­Inflation überraschend stark unter Druck setzen.

In welchen Bereichen sehen Sie ein grösseres Potenzial der Rohstoff- aktien im Vergleich zu den jeweiligen Rohstoffen?
Ölproduzenten haben mehr Potenzial als Öl und Ölprodukte. Das weltweite Produktions­ potenzial und die stetige Erosion der Kartell­ macht deckeln den Ölpreis bei USD 60. Ein Ölpreis von USD 50 reicht hingegen aus, um Free­Cash­Flow­Margen über 10% durch­zusetzen und Dividendenrenditen von 7%+ zu finanzieren. Gleichzeitig sind die Unter­nehmen im Hinblick auf ihre Ölreserven und aus technischer Sicht attraktiv bewertet.

Welche drei Rohstoffaktien stehen gegenwärtig besonders hoch in Ihrer Gunst?
Werte aus dem Minenbereich stehen bei uns noch oben auf der Liste, aufgrund der technischen Stärke und hohen Margen nach dem Anstieg der Metallpreise. Regel­ mässig im Modellportfolio vertreten sind der Kupferproduzent KAZ Minerals, der brasilianische Bergbaukonzern Vale und im Goldbereich diverse Royalty­Unternehmen, die zumeist von Franco Nevada angeführt werden. Es vollzieht sich jedoch ein lang­samer Wechsel hin zu den großen euro­ päischen und russischen Ölkonzernen.

Können Sie unseren Lesern die Unterschiede und Eignungen Ihrer rohstoffgelinkten Anlagefonds erläutern?
Der Commodity Alpha ist ein reiner Rohstoff­ fonds, der einen Mehrertrag gegenüber dem Bloomberg Commodity Index erwirtschaften will. Zwangsweise ist das Risikoprofil dem Index ähnlich. Der Pangea hingegen will zum einen durch die aktive Steuerung der Investitionsquote eine absolut positive Ren­dite erwirtschaften, zum anderen durch die aktive Auswahl der Assetklasse. Damit ist das Risikoprofil wesentlich konservativer als ein üblicher Rohstofffonds.

Welcher Rohstofffonds aus Ihrer Palette eignet sich am besten für einen konservativen Privatanleger und welchen würden Sie einem eher risikobereiten Investor ans Herz legen?
Der Commodity Alpha eignet sich für Anleger, die die Renditen von Rohstoffindizes übertreffen und selbst das Timing des Rohstoffinvestments bestimmen wollen. Der Pangea ist für Anleger geeignet, die generell im breiten Rohstoffmarkt investiert sein wollen, aber die Timing­Entscheidung und die Auswahl des geeignetsten Anlage­ vehikels dem Fondsmanagement über­ lassen möchten.

Tiberius Asset Management durch-lebte seit ihrer Gründung 2005 bereits zwei grosse Drawdown-Pha-sen (2008/2009 und 2011-2016) bei Rohstoff- und Rohstoffaktien-Indizes. Was fasziniert Sie trotz dieser langen Durststrecke nach wie vor an dieser Anlageklasse?
Die lange Durststrecke macht Rohstoffe derzeit zur attraktivsten Anlageklasse für die kommenden zehn Jahre sowohl absolut als auch relativ zu Aktien und Anleihen. Die durch die niedrigen Preise aufgescho­benen Investitionen werden langfristig zu Knappheit führen. Für den Investor ist die derzeitige Situation nun eine immer aussichtsreichere Timing­Frage, für uns hingegen geht es bereits jetzt um unsere Marktposition in zehn Jahren. Viele Kon­ kurrenten haben in den vergangenen Jahren aufgegeben, viele werden im nächsten Auf­schwung erst neue Expertise aufbauen müssen. Wir sind vorbereitet und warten.

Herzlichen Dank für das Gespräch!

 

VITA

Giuseppe Rapallo arbeitet seit 2007 bei Tiberius Asset Management AG. Er ist Leiter des Bereichs Portfolio-Management und quantitative Investmentmodelle. In dieser Funktion verantwortet er die Rohstoffanlageprodukte, die Analyse der Rohstoffmärkte, die Entwicklung der quantitativen Handelsstrategien und die Imple- mentierung der diskretionären und modellgenerierten Handelsentscheidungen.
Giuseppe Rapallo hat Mathematik, mit Nebenfach Physik, an der Universität Stuttgart studiert. In seiner Diplomarbeit «Optionsbewertung in GARCH-Märkten» untersuchte er verschiedene Bewertungstheorien in der Praxis. Während seiner Studienzeit arbeitete er als Tutor im Fach Höhere Mathematik für die Fakultät Geometrie und Topologie.

 

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