

Finanzen für Frauen: Investieren, sparen und langfristig aufbauen
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Serge Nussbaumer
Chefredaktor
Frau Miler, warum gibt es einen Unterschied zwischen Frauen und Männern, wenn es um Finanzen geht?
Unterschiede im Finanzverhalten von Frauen und Männern sind häufig das Ergebnis traditioneller Rollenbilder und ungleicher Entlohnung. Frauen verdienen im Durchschnitt weniger und unterbrechen ihre Karriere häufiger, um sich um die Familie zu kümmern, was sich wiederum auf ihre finanzielle Situation auswirkt. In der Schweiz sind doppelt so viele Frauen wie Männer teilzeitbeschäftigt und das wirkt sich entsprechend auf das zur Verfügung stehende Geld aus.
Wo liegen die grössten Differenzen?
Die grössten Differenzen bestehen beim Einkommen, bei den Rentenansprüchen und beim Anlageverhalten. Frauen investieren tendenziell risikobewusster und sparen häufiger in liquiden Mitteln als in renditestärkeren Anlagen. Dabei ist es gerade diese Disziplin, die Frauen langfristig zu erfolgreicheren Anlegerinnen macht: Sie investieren bewusst, diszipliniert und langfristig. Eine Studie hat ermittelt, dass Frauen auf diese Weise pro Jahr rund 1.8% mehr Rendite erwirtschaften als Männer – aber eben, das ist nur eine Studie.
Wie können die Unterschiede überwunden werden? Müssen sie überhaupt gelöst werden?
Durch gleiche Bezahlung, gerechte Verteilung von Care-Arbeit und gezielte finanzielle Bildung können bestehende Ungleichheiten abgebaut werden und gesellschaftliche Freiheit und wirtschaftliche Unabhängigkeit für alle ermöglicht werden.
Warum sind Finanzdienstleistungen speziell für Frauen wichtig?
Beratung, Finanzplanung und Ansprache sollten auf die Lebensbiografien und Bedürfnisse der Kunden abgestimmt sein. Dies gilt für Frauen und Männer gleichermassen. Da sich die Lebensläufe und Herausforderungen von Frauen häufig von denen der Männer unterscheiden, bedarf es spezifischer Beratungsangebote, um auf diese spezifischen Lebenssituationen und Bedürfnisse einzugehen. So kann z. B. eine individuelle und massgeschneiderte Finanzplanung, strategische Unterstützung bei Karriereunterbrüchen, Teilzeitarbeit und längerer Lebenserwartung gezielt unterstützen, um finanzielle Sicherheit zu gewährleisten. Oft kommen aber auch Paare zu mir.
Mit ihrem Unternehmen «SmartPurse» werben Sie mit dem Slogan: «Starte jetzt deine finanzielle Unabhängigkeit». Wie starte ich?
Am besten fängt man mit etwas Finanzbildung an. Dazu bieten wir bei SmartPurse eine kostenlose App an, mit der Sie in nur drei Minuten pro Tag die Grundlagen lernen und Ihre finanzielle Situation verbessern können. Sie erfahren, wie Sie investieren, Ihre Altersvorsorge optimieren und Ihre finanziellen Ziele erreichen können. Fangen sie dann an zu investieren – zunächst mit überschaubaren Beträgen. So können Sie Erfahrungen sammeln und mit der Zeit wachsen.
Was sind typische Fehler, die Frauen in Finanzfragen machen?
Typische Fehler sind mangelnde Beschäftigung mit Finanzen, zu konservatives Sparen und fehlende Altersvorsorge. Viele Frauen überlassen finanzielle Entscheidungen anderen und verpassen Chancen zum Vermögensaufbau.
Welche Finanzprodukte eignen sich besonders für Frauen?
Spezielle Finanzprodukte für Frauen sind nicht notwendig. Entscheidend ist, Produkte zu wählen, die dem individuellen Risikoprofil entsprechen – wie flexible Sparpläne, nachhaltige Anlagen oder massgeschneiderte Altersvorsorgeprodukte. Da Frauen oft disziplinierter und kontrollierter anlegen, eignen sich breit diversifizierte, sparplanfähige Produkte besonders gut für den langfristigen Vermögensaufbau.
Was raten sie Frauen, die gerade erst anfangen, sich mit dem Thema Finanzen zu beschäftigen?
Wer sich neu mit Finanzen beschäftigt, sollte zunächst seine finanzielle Situation analysieren, ein Budget aufstellen, sich klare Ziele setzen, einen Notgroschen anlegen, um Anlagen nicht unter Wert verkaufen zu müssen, und sich mit einfachen Grundlagen vertraut machen. Und dann vor allem loslegen!
Welche Rolle spielt Finanzbildung und wo können sich Frauen informieren?
Finanzbildung ist entscheidend für finanzielle Unabhängigkeit. Ein wenig Wirtschaftslektüre oder Podcasts können dabei helfen. Darüber hinaus haben Menschen beider Geschlechter die Möglichkeit, sich über Plattformen wie SmartPurse weiterzubilden, die Kurse, Events und Expertennetzwerke anbieten, um Wissen zu erweitern und ihr Selbstvertrauen bei finanziellen Entscheidungen zu stärken.
Was ist Ihr wichtigster Tipp für Frauen, um langfristig finanziell unabhängig zu sein?
Mein wichtigster Tipp: Lohn konsequent verhandeln und frühzeitig, aber vor allem regelmässig investieren, egal wie gross oder klein der Betrag ist.
Welches Anlagethema gefällt ihnen derzeit am besten?
Ich bin fasziniert von Investitionen in die Zukunft, die auf Megatrends wie KI, neue Mobilitätsformen, Smart Cities, Cybersecurity und nachhaltige Investments – insbesondere in erneuerbare Energien und umweltfreundliche Technologien – ausgerichtet sind.
Vielen Dank!
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Olga Miler ist Ökonomin und Unternehmerin mit Spezialgebiet Finanzbildung, Innovation und Customer Experience. Für ihre transformative Arbeit in der Finanzindustrie erhielt sie zahlreiche Auszeichnungen, darunter LinkdeIn Top Voice Finance, Top 100 Women in Switzerland (Women in Business), den FemBizSwiss Award 2021 für Communication, Top Female Entrepreneurs to Watch in 2021 (Tech Round), Inspirational Woman of the Year 201 (CityWealth Magazine), zweimalige Nennung in der Top Women in Fintech Powerlist (Innovate Finance) und Anerkennungen in der Presse wie Sky News, Newsweek, NZZ, Bilanz, BBC News, CBNC und Financial Times. Als Expertin forscht sie seit fast einem Jahrzehnt zum Thema Finanzbildung und Gender-smart Investing, spricht regelmässig auf internationalen Konferenzen und schreibt als freie Kolumnistin den Blog «Money Talks» bei Watson News. Nach ihrer erfolgreichen Karriere bei UBS und verschiedenen Banken hat sie ein eigenes Start-up gegründet – SmartPurse. In ihrer Freizeit unterstützt Olga als Board Member die Cherie Blair Foundation for Women. Ihr erstes Buch «Rich, richer…me!» erschien im April 2024 beim Beobachter Verlag.