

KI im Asset Management: Transparenz, Innovation und Zukunft
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Serge Nussbaumer
Chefredaktor
Herr Züllig, Private Alpha setzt stark auf Künstliche Intelligenz. Was war der ursprüngliche Impuls, KI in den Investmentprozess zu integrieren, und wie hat sich ihre Leistungsfähigkeit seither entwickelt?
In der schnelllebigen Finanzwelt bestimmen Informationen das Marktgeschehen wie nie zuvor. Je besser wir informiert sind, desto präziser können wir Entscheidungen treffen. In vielen Investmentprozessen spielen jedoch Bauchgefühl und die Fokussierung auf Einzelindikatoren eine grosse Rolle. Ohne KI stösst der CIO technisch an Grenzen. Wie soll er Tausende von Indikatoren manuell zu einer kohärenten Marktmeinung bündeln? KI ist heute kein Luxus mehr, sondern eine Notwendigkeit, um komplexe Datenmuster zu entschlüsseln und Emotionen auszublenden – egal ob wir Texte schreiben oder Finanzdaten analysieren.
Black-Box-Modelle werden von vielen Investoren skeptisch betrachtet. Wie können Sie in einer solchen Situation Transparenz und Vertrauen schaffen?
Wir legen grossen Wert auf Nachvollziehbarkeit und Transparenz. Mit dem Ansatz CaesarDPT schaffen wir genau das: Keine Blackbox, sondern klare, nachvollziehbare Resultate. CaesarDPT analysiert Makrodaten der Nationalbanken sowie Börsendaten, identifiziert sich wiederholende Muster in Einzelindikatoren – zum Beispiel Metallpreise, die US-Geldmenge oder Wechselkurse – und verbindet diese zu einer Marktmeinung. Unsere Kunden erhalten stets die zugrunde liegenden Muster und Indikatoren, die zu einer bestimmten Positionierung geführt haben. So können sie die Entscheidungsgrundlage besser nachvollziehen und Vertrauen in die Strategie aufbauen. Dieser Ansatz gilt sowohl für Aktien- als auch für Bondmärkte und unterstreicht unser Commitment für Transparenz und Verständlichkeit.
Im Dezember 2024 hat die Fondsgesellschaft Aramea einen Anleihenfonds mit KI-Technologie aufgelegt. Wie genau sieht die Zusammenarbeit aus? Wer ist wofür zuständig?
Der Aramea Intelligence Fund ist ein von der Aramea Asset Management AG initiierter Fonds, bei dem wir als Technologiepartner agieren. Es handelt sich dabei um einen Europäischen Anleihenfonds mit CaesarDPT-Overlay. Unsere KI gibt die Richtung sowohl im Credit Risk als auch in der Duration vor. Die erfahrenen Fondsmanager von Aramea entscheiden über das Basisportfolio und setzen die Caesar-Signale um. Zu diesem Zweck haben wir ein White-Label-Dashboard für Aramea entwickelt. Es ermöglicht ihnen, die Signale und Muster der wichtigsten Zeitserien aktuell zu sehen und ihre Anlagen entsprechend zu steuern. Das Ziel besteht darin, mithilfe der KI-Signale mittelfristig ein Alpha in jeder Marktlage zu erwirtschaften.
Gibt es in dieser kurzen Zeit schon Erkenntnisse gegenüber den Wettbewerbern? Zum Beispiel hinsichtlich des Risiko-Rendite-Verhältnisses?
Absolut: Unsere «mehrköpfige Strategie» mit einem menschlichen und einem technischen «Gehirn» im Portfoliomanagement zeigt bereits Erfolge. Trotz eines herausfordernden Marktstarts haben wir die Drawdowns exzellent gemanagt. Nach nur fünf Monaten liegen wir 150 bis 250 Basispunkte vor unseren Wettbewerbern – ein bemerkenswerter Vorsprung im Bondbereich. Die reduzierte Volatilität führt zudem zu einer signifikant verbesserten Sharpe-Ratio und unterstreicht damit unseren innovativen Portfolioansatz somit zusätzlich.
Welche Unterschiede gibt es zwischen Private Alpha und traditionellen Vermögensverwaltern bzw. Fintech-Wettbewerbern wie Robo-Advisors?
Private Alpha unterscheidet sich von beiden durch unsere einzigartige Position als Enabler für institutionelle Partner. Anstatt uns auf die direkte Vermögensverwaltung zu konzentrieren, liefern wir unseren Kunden – darunter Banken, Versicherungen und namhafte Vermögensverwalter – hochwertiges KI-Finanzresearch zur Entscheidungsunterstützung sowie davon abgeleitetee Produkte. Dadurch sind sie in der Lage, den internationalen Konkurrenzdruck zu bewältigen, der durch die massiven KI-Investitionen der Konkurrenz entsteht.
Die Schweiz ist unser Hauptzentrum für KI-Entwicklung und -Forschung, während unsere deutsche Tochtergesellschaft in enger Partnerschaft mit der Netfonds AG aus Hamburg steht, dem grössten und am schnellsten wachsenden Haftungsdach im Fondsmanagement. Im Gegensatz zu traditionellen Vermögensverwaltern bieten wir keine klassische Portfolioverwaltung an, sondern unterstützen diese aktiv im digitalen Wandel, damit sie sowohl kundenorientiert als auch wettbewerbsfähig bleiben.
Gerade in turbulenten Marktphasen zeigt sich, wie robust ein System ist. Wie hat Ihre KI in den letzten turbulenten Wochen reagiert? Was haben Sie daraus gelernt?
Unsere Systeme haben klar gezeigt, wie sich ein externer Schock in Form der amerikanischen Regierung und deren Rhetorik auf die Märkte ausgewirkt hat. Daraufhin haben sich die meisten Indikatoren abgeschwächt. In dieser sehr stressigen Marktphase war es uns wichtig, nah an unseren Kunden zu sein und ihnen offenzulegen, was wir in den Daten sehen. Dafür haben wir teilweise grossartige Reaktionen erhalten. Unsere Erfahrung aus dem Schweizer Private Banking hat uns eines gelehrt: Krisen sind entscheidende Momente. Durch eine klare, datengetriebene Kommunikation und Nähe zum Kunden stärken wir langfristige Vertrauensbeziehungen.
Werfen wir einen Blick in die Zukunft: Welche Rolle wird KI Ihrer Meinung nach in zehn Jahren im Asset Management spielen? Was ist ausserdem Ihre Vision für Private Alpha?
In zehn Jahren wird KI nicht nur eine Ergänzung, sondern der zentrale Motor des Asset Managements sein. Datengetriebene Prozesse ergänzen bereits heute die menschliche Intuition. Künftig wird Maschinenintelligenz Risiken in Echtzeit antizipieren, auf Marktveränderungen reagieren und massgeschneiderte Strategien liefern. Mit der CaesarDPT-Technologie will Private Alpha Europas führende Plattform für transparente, robuste KI-Anlagestrategien werden und diese für Finanzprofis über Research, Fonds und White-Label-Lösungen zugänglich machen.
Vielen Dank!
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Christoph R. Züllig ist Gründer & COO bei Private Alpha und zeichnet sich verantwortlich für die operative Führung und die strategische Weiterentwicklung der Produkte und der Handelsstrategien. Zuvor war er Partner und Kundenverantwortlicher beim Aufbau von CreditGate24 und davor Country Head Austria bei der Bank Julius Bär und im Private- und Investment Banking der Credit Suisse und hält einen Executive MBA in Digital Leadership & New Venture Creation. Daneben ist er als Berater für mehrere Firmen im Bereich künstlicher Intelligenz und Venture Capital tätig.