«Transparenz wird bei ETFs grossgeschrieben.»

• Martin Raab
  

Frau Reischuk, das ETF-Segment von SIX zählt inzwischen fast 1’400 ETFs, ein neuer Rekord. Behält man als Anleger da noch den Überblick?
Die ETF-Nachfrage wächst, das spüren wir bei den Kotierungen und den Volumen. Eine vierteljährliche Zusammenfassung bietet unser ETF-Marktreport, mit detaillierten Zahlen zur Entwicklung des ETF-Segments inklusive Einbettung im euro- päischen Kontext. Tagesaktuelle Informationen finden An- leger auf unserer Webseite, zum Beispiel die Market Quality Metrics zum Vergleich von Vor-Handels-Informationen wie die historische Verfügbarkeit der Preise, den Tagesdurchschnitts-Spreads und die durchschnittliche Grösse der angebotenen Beträge auf beiden Seiten des Auftragsbuchs.

Durch MiFID II erwartete die Finanz-Community auch mehr Transparenz beim ETF-Handel. Was stellen Sie aus Schweizer Sicht hierzu fest?
In einer Umfrage von SIX im Mai 2018 gaben von 174 Händlern 70% an, dass der Handel dank der regulatorischen Anpassungen transparenter wurde – eines der Hauptziele von MiFID II. Die mit MiFID II eingeführte Meldepflicht für ETF Abschlüsse existierte für an SIX zum Handel zugelassene ETFs bereits vorher, entsprechend bewegen sich die gemeldeten Volumina auf Vorjahresniveaus. Erfreulicherweise finden Abschlüsse verstärkt über die Börse statt und rund zwei Drittel des ETF-Handels erfolgt im Orderbuch, inklusive kleinerer Aufträge von Privatanlegern.

«Wir bieten Zugang zu finanzkräftigen Anlegern und einem stabilen und attraktiven Handelssystem.»

Mit Blick auf das Anbieterfeld: Welche Emittenten waren die jüngsten Neuankömmlinge in der Schweiz?
Neu mit dabei ist J.P. Morgan Asset Management, welche im April 2018 vier ETFs an SIX einführte. Zwei davon sind aktive ETFs. Im Februar beging Franklin Templeton sein Börsendebut bei uns mit fünf Smart Beta «Liberty Shares» ETFs. Bereits 30 Abschlüsse erfolgten in diesen jungen Produkten, was das Interesse von Anlegern an Smart Beta Produkten bestätigt. Mindestens ein weiterer ETF-Anbieter steht in den Startlöchern, um seine Produkte noch 2018 an die Schweizer Börse zu bringen.

Was schätzen die Emittenten besonders an der Schweizer Börse?
Wir bieten Zugang zu einer grossen Zahl finanzkräftiger Anleger und die Verlässlichkeit eines stabilen und attraktiven Handelssystems. Unsere Handelsparameter sind transparent auf unserer Webseite einsehbar, und unser System zeichnet sich durch eine konstante Stabilität aus. Zu Gunsten eines besonders vorteilhaften Handels für Investoren haben wir in der Mehrheit der kotierten ETFs drei oder mehr Market Maker verpflichtet, kontinuierlich Preise zu stellen und so attraktive Spreads zu gewährleisten.

Welche Trends und Entwicklungen sind beim neulancierten Produktspektrum auffällig?
Emittenten fokussieren vermehrt auf Nachhaltigkeit und lancieren Produkte im Bereich sozial verantwortliches Investieren — SRI und ESG —, das Umwelt- und Sozialfaktoren sowie Aspekte guter Unternehmensführung in Anlageentscheidungen integriert. Ferner fanden Vermögensstrategie-ETFs den Weg an die Börse. Privatinvestoren, die nicht individuell die Bausteine ihres Portfolios zusammenstellen möchten, finden in diesen Fonds ein Multi-Asset-Portfolio. Eine Aufholjagd haben Anleihen-ETFs gestartet, aktuell sehen wir eine rege Emissionstätigkeit in dieser Anlageklasse. Für die meisten ETFs legen Emittenten auf ihrer Webseite die detaillierte Produktzusammensetzung offen, welche die Anleger einsehen können. Allgemein gilt: Transparenz wird bei ETFs grossgeschrieben.

Welchen Anteil haben ETFs auf Smart Beta Indizes und welchen Anteil machen aktiv verwaltete ETFs derzeit an SIX aus?
Weltweit zählen knapp 1’300 ETFs zur Kategorie Smart Beta, was beinahe einem Drittel aller Produkte entspricht, die mit USD 700 Milliarden mehr als 10% der verwalteten Vermögen auf sich vereinen. In den erst seit wenigen Jahren lancierten aktiven ETFs sind USD 90 Milliarden investiert, etwa 2% der in ETFs angelegten Vermögen. Im Börsenhandel entfallen 8% auf Smart-Beta-Produkte – Tendenz steigend. Insbesondere Neuemittenten betreten den Schweizer Markt vermehrt mit alternativ gewichteten Produkten. Aktive ETFs verkörpern in Europa eine Nische. An SIX zählen wir 15 ETFs von vier Anbietern, mit einem Beitrag von knapp 1% zum Handelsumsatz.

…Plateau oder wird der jeweilige Anteil weiter steigen?
Wachstum, ganz klar – wir verspüren eine starke Nachfrage seitens Investoren. An SIX ist die Anzahl von drei Smart-Beta-ETFs im Jahr 2010 mit einem Umsatz von CHF 70 Millionen bis 2017 auf 100 Smart-Beta-ETFs mit Handelsvolumen von CHF 2’250 Millionen gestiegen. Mit Blick auf die bisherige globale Entwicklung aktiver ETFs erwarte ich, dass diese Produkte in den nächsten Monaten weiterhin von einem begrenzten Investorenkreis von ETF-Kennern angewandt werden.

Welche relevanten Projekte und Themen haben Sie für die nächste Zeit auf der Agenda?
Voraussichtlich im Oktober implementieren wir auf Kundenwunsch für ETFs ähnliche Funktionalitäten wie bei Aktien: Mittels Schlussauktion zwischen 17.30 Uhr und 17.35 Uhr wird ein Tagesschlusskurs nach dem Meistausführungsprinzip und im Zufallsverfahren ermittelt. Ferner führen wir Iceberg-Aufträge ein. Sie dienen dem Handel grosser Volumina und fördern die Liquidität im Auftragsbuch, während Handelsteilnehmer von einer gestaffelten Ausführung profitieren. Wir sind überzeugt, mit diesen funktionalen Erweiterungen den Börsenhandel für unsere Teilnehmer noch ansprechender und vorteilhafter zu gestalten.

Vielen Dank!

VITA

Danielle Reischuk ist seit Anfang 2011 bei SIX tätig. Dort ist sie als Senior Sales Manager in der Geschäftseinheit Securities & Exchanges verantwortlich für die Betreuung bestehender sowie die Akquisition neuer Produktemittenten im Bereich ETFs und ETPs, die sie bei der Lancierung von Produkten unterstützt und durch den Kotierungsprozess führt. Ferner pflegt sie die Kundenbeziehungen zu den Market Makern und ist zuständig für die Weiterentwicklung und Vermarktung des ETF- sowie ETP-Segments. Danielle Reischuk verfügt über ein lic. phil. I der Universität Zürich, spricht fünf Sprachen fliessend und schätzt die internationale Vernetzung von SIX.