«Von einer verbesserten Diversifikation im SMI profitieren.»
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Martin Raab
Christian Bahr, Head Market Data & Analytics bei SIX Swiss Exchange über Kunst und Können bei der Neugestaltung des Schweizer Leitindex sowie wichtige Stichtage für SMI-fokussierte Indexanleger.
Herr Bahr, in wenigen Tagen erfährt der Leitindex SMI die breit diskutierte Kappung der Titel bzw. Limitierung der Maximalgewichtung. Wie geht das konkret vonstatten?
Die Kappung erfolgt schrittweise, jeweils um 3% bis wir die Maximalgewichtung von 18% pro SMI-Titel erreichen. Das erste relevante Datum ist der 18. September 2017. Ab diesem Tag werden die Titel, welche über der Marke von 18% notieren, um maximal 3% gekappt. Anschliessend erfolgt nach drei Monaten, also im Dezember, wiederum eine Anpassung um zusätzliche 3%. Sollten die Werte dann noch nicht auf dem Zielniveau von 18% angekommen sein, werden wir ein Quartal später nochmals kappen.
Angenommen, ein Titel wie Novartis gewinnt danach stark an Marktkapitalisierung und läuft nach der Kappung wieder über die Marke von 20%.
Was geschieht dann?
Das Regelwerk sieht vor, dass ein Titel über 20% steigen darf. Dieser wird beim nächsten, vierteljährlichen Index-Review wieder auf 18% zurückgestuft. Sobald zwei Titel das Gewicht von 20% übersteigen, wird am selben Handelstag nach Marktschluss ein Ad-Hoc-Rebalancing durchgeführt, sodass am darauffolgenden Handelstag die Gewichtung wieder bei 18% liegt. Die zwei Prozent Differenz sind als Puffer gut geeignet. Eine entsprechenden Simulation bestätigte uns, dass ein Ad-Hoc-Rebalancing mit dieser Regelung relativ selten sein wird.
Müssen Anleger, deren Bestandesprodukte an den SMI gelinkt sind, etwas beachten?
Finanzprodukte wie ETFs, Strukturierte Produkte, Fonds sowie Indexderivate, die an den SMI gelinkt sind, werden die gekappte Methodologie verfolgen. Anleger müssen also nichts unternehmen, wenn sie weiterhin beim liquidesten Schweizer Aktienindex investiert sein und von einer verbes-serten Diversifikation im SMI profitieren wollen. Durchaus von Interesse dürfte die Motivation seitens der Produktemittenten sein. Für diese ist eine Begrenzung der Indexgewichte im SMI schon länger ein Bedürfnis; dies, weil der heutige SMI aufgrund der zu starken Konzentration von Einzeltiteln nicht den im EU-Raum geltenden UCITS-Richtlinien entspricht und somit Investoren aus dem EU-Raum von der Nutzung des SMI abhält.
«Der SPI 20 enthält dieselben Komponenten wie der SMI – nur ohne Kappung.»
Das heisst also, dass mit der Kappung im SMI auch die UCITS-Richtlinien erfüllt werden und sich somit das Tor zu Europa öffnet?
Ein Ausschluss von Investoren aus dem EU-Raum könnte längerfristig negative Auswirkungen hinsichtlich der Liquidität mit sich bringen. Deshalb ist eine Anpassung an die UCITS-Richtlinien sinnvoll, auch für Schweizer Anleger. Die Erfüllung der UCITS-Richtlinien wird zudem eine grössere Nutzerbasis für den SMI hervorbringen und dies wirkt sich grundsätzlich positiv für den Anleger aus.
Bleiben Anleger, die nach wie vor einen nicht gekappten Benchmark für den Schweizer Aktienmarkt suchen, künftig im Regen stehen?
Nein, das bisherige Regelwerk wird als neuer Index weitergeführt und berechnet. Dieser neue Index heisst SPI 20 und wurde am 4. Juli 2017 lanciert.
… sprich der SPI 20 basiert effektiv auf der «alten» SMI-Gewichtung?
Korrekt. Der SPI 20 enthält mit den 20 grössten und liquidesten Titeln des Schweizer Aktienmarktes dieselben Komponenten wie der SMI. Mit dem Unterschied, dass der SPI 20 auch nach der SMI-Regelwerkänderung im September ohne Kappung der einzelnen Indextitel berechnet wird.
In welchen Fällen kann ein Benchmark-Wechsel auf den SPI 20 sinnvoll sein und was muss dabei beachtet werden?
Es gibt vereinzelt Investoren, die sich mit dem bisherigen Regelwerk ohne Kappung komfortabler fühlen und die fehlende Diversifikation des SPI 20 über andere Wege erreichen können. Zu beachten ist jedoch, dass die Nachbildung des SMI aufgrund hochliquider Futures effizienter möglich ist als beim SPI 20. Wir erwarten daher, dass die Produktemittenten beim SMI bleiben.
Vielen Dank!
VITA
Christian Bahr ist seit 1. September 2016 als Head Market Data & Analytics für die börseneigenen Indizes und die Markt- und Referenz daten Services von SIX Swiss Exchange zuständig. Vor seinem Wechsel zur Schweizer Börse war Christian Bahr 14 Jahre in verschiedenen Positionen bei STOXX und Dow Jones Indexes tätig, wo er eine globale Indexfamilie ausrollte und weitere spezialisierte Indizes für Strukturierte Produkte, ETFs und Benchmarking Zwecke ent wickelte. Während dieser Zeit war er bereits für die Indizes von SIX Swiss Exchange zuständig und Mitglied der Aktien- und Bondindex Kommissionen. Christian Bahr hat an der Universität Hannover in Wirtschaftswissenschaften Abschlüsse als Diplom-Ökonom und Dr. rer. pol. erworben.