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payoff Portrait von Maurizio Porfiri Chief Investment Officer bei Maverix Securities Interviews

Der globale Wettlauf um Seltene Erden

08.05.2025 7 Min.
  • Serge Nussbaumer
    Chefredaktor

China dominiert den globalen Markt für Seltene Erden seit Jahrzehnten – von der Förderung bis zur Verarbeitung.

Was sind Seltene Erden und warum sind sie so entscheidend für moderne Technologien?

Insgesamt 17 Elemente zählen zu den Metallen der Seltenen Erden, sie heissen zum Beispiel Scandium, Praseodym, Cerium, Dysprosium oder Neodym. Die Eigenschaften der einzelnen Metalle unterscheiden sich – weil sie häufig zusammen vorkommen, werden sie unter dem Sammelbegriff zusammengefasst. Nicht zu den Seltenen Erden gehörend, aber von ebenso grosser wirtschaftlicher Bedeutung sind die sogenannten Technologiemetalle, da sie für die Herstellung verschiedenster technologischer Produkte wie Halbleiter, Laser oder Glasfasern verwendet werden. Dazu gehören vor allem Gallium, Germanium, Hafnium, Indium und Terbium.

Wie hat sich die globale Bedeutung der Seltenen Erden im letzten Jahrzehnt verändert?

Seltene Erden und Technologiemetalle sind heute aus Wirtschaft und Technologie nicht mehr wegzudenken. Aufgrund ihrer einzigartigen Eigenschaften finden sie breite Anwendung in der Elektronik, der Industrie, der Chemie, der Medizin, der Verteidigung und insbesondere im Bereich der erneuerbaren Energien. Die Nachfrage wurde zuletzt vor allem durch Halbleiter, Windkraft und den rasanten Aufstieg der Elektromobilität stark befeuert.

Welche Rolle spielt China im globalen Markt für Seltene Erden? Wie abhängig ist der Westen von chinesischen Exporten?

China dominiert den globalen Markt für Seltene Erden seit Jahrzehnten und kontrolliert nahezu die gesamte Wertschöpfungskette von der Förderung bis zur Verarbeitung. Bis 2023 werden 99% der weltweiten Aufbereitung schwerer Seltenerdmetalle in China stattfinden. Selbst westliche Minen wie Mountain Pass liefern dorthin. Der Westen bleibt damit in hohem Masse abhängig von chinesischen Exporten und Kapazitäten.

Welchen direkten Einfluss hat der Handelskrieg zwischen den USA und China auf die Preise und die Verfügbarkeit der Seltenerdmetalle?

Im April 2025 hat China im Zuge des eskalierenden Handelskonflikts mit den USA seine Exportkontrollen für Seltene Erden deutlich verschärft. Als Reaktion auf neue US-Strafzölle führte Peking eine Genehmigungspflicht für den Export von sieben kritischen Metallen wie Dysprosium, Terbium und Yttrium ein. Obwohl es sich nicht um einen offiziellen Exportstopp handelt, ermöglicht die Lizenzpflicht gezielte Verzögerungen oder Blockaden. Aufgrund der unsicheren Versorgungslage sind die Preise stark gestiegen.

Gab es auf die chinesische Dominanz im Bereich der Seltenen Erden strategische Reaktionen der USA, der EU oder auch der Schweiz?

Ja, es gibt strategische Reaktionen auf die Dominanz Chinas. In den USA fördern Gesetze wie der «Inflation Reduction Act» und der «CHIPS and Science Act» gezielt den Aufbau inländischer Lieferketten für kritische Rohstoffe. Subventionen und Steueranreize unterstützen Investitionen in die nationale Verarbeitung. Ergänzend wurden Partnerschaften mit Ländern wie Australien und Kanada zur Diversifizierung geschlossen. In Europa wurde 2023 der Critical Raw Materials Act verabschiedet, mit dem Ziel, die Abhängigkeit von China bis 2030 spürbar zu senken. Die Schweiz beteiligt sich an den Initiativen der EU und setzt verstärkt auf Forschung, um die eigene Abhängigkeit von Seltenen Erden zu reduzieren.

Welche Rolle spielen Seltene Erden als geopolitisches Instrument Chinas?

China kann Seltene Erden jederzeit als geopolitisches Druckmittel einsetzen — und hat dies in der Vergangenheit bereits demonstriert. Durch Exportbeschränkungen und technologische Abhängigkeiten verfügt China über ein wirksames Instrument, um internationalen Druck auszuüben.

Wie wird sich mit dem Ausbau von Elektrofahrzeugen, Windkraftanlagen und digitalen Technologien die Nachfrage nach Seltenen Erden entwickeln?

Die Nachfrage nach Seltenen Erden dürfte in den kommenden Jahren deutlich steigen – vor allem durch den Ausbau von Elektrofahrzeugen, Windkraft und digitalen Technologien. Besonders gefragt sind Magnetmetalle wie Neodym, Praseodym, Dysprosium und Terbium, die für leistungsstarke Dauermagnete in E-Motoren und Windgeneratoren unverzichtbar sind. Die IEA rechnet je nach Szenario mit einem kräftigen Nachfrageanstieg.

Gibt es eine geographische Verlagerung der Produktion oder der Errichtung neuer Produktionsstätten?

Im Bereich der Seltenen Erden zeigt sich eine moderate geografische Verschiebung, wobei China sowohl bei der Förderung (62%) als auch bei der Raffination (92%) zunächst deutlich dominiert. Bis 2030 dürfte der Anteil der drei grössten Förderländer von 85% auf 81% sinken. Australien (18%) und die USA (7%) gewinnen an Bedeutung, während Myanmar politisch angespannt bleibt. Auch die Ukraine rückt in den Fokus: Mit Vorkommen an Lanthan, Cer, Neodym, Erbium und Yttrium und durch das Rohstoffabkommen mit den USA könnte das Land zu einer weiteren Diversifizierung der Förderländer beitragen. Bei der Raffination wird China bis 2030 trotz eines Rückgangs des Marktanteils auf 77% führend bleiben. Malaysia (Anstieg von 5% auf 12%) sowie die USA, Australien, Frankreich, Norwegen und Estland werden ihre Kapazitäten weiter ausbauen. Die Verarbeitung bleibt jedoch stark konzentriert und die industrielle Nutzung, z.B. in Magneten, ist ausserhalb Chinas noch wenig entwickelt.

Welche Länder investieren derzeit stark in die Förderung oder die Weiterverarbeitung von Seltenen Erden?

Mehrere Länder investieren gezielt in die Förderung und Verarbeitung Seltener Erden, um die Abhängigkeit von China zu reduzieren. Die USA verfolgen Projekte in Texas und Kalifornien, setzen verstärkt auf Recycling und bauen strategische Partnerschaften aus – mit dem Ziel, eigene Verarbeitungsanlagen aufzubauen und die gesamte Lieferkette zu stärken. Australien stärkt seine Position über Lynas Rare Earths, den grössten nicht chinesischen Produzenten, der auch in Malaysia aktiv ist. Kanada fördert Projekte in Quebec und im Norden und unterstützt den Ausbau der gesamten Verarbeitungskette. In Europa investieren Länder wie Norwegen, Schweden und Estland verstärkt entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Auch Vietnam und Brasilien intensivieren ihre Aktivitäten – mit Fokus auf eigene Lagerstätten und lokale Verarbeitung.

Wo liegen derzeit die grössten Engpässe in der Lieferkette für Seltene Erden?

Die grössten Engpässe bei Seltenen Erden bestehen derzeit in der komplexen chemischen Trennung und Raffination – insbesondere bei den schweren Elementen. Zwar verfügen mehrere Länder über relevante Vorkommen, doch fehlt es oft an den notwendigen Verarbeitungskapazitäten. Ein Beispiel ist das US-Unternehmen MP Materials: Es betreibt die Mountain Pass Mine, muss das geförderte Material aber weiterhin zur Weiterverarbeitung nach China exportieren.

Wohin entwickelt sich der Markt für Seltene Erden in den nächsten fünf Jahren?

Seltene Erden, die in Dauermagneten verwendet werden, sind die wirtschaftlich wichtigste Anwendung und machten 2023 etwa 78% des Welthandelsvolumens aus. Wertmässig könnte dieser Anteil bis 2034 auf 90% steigen. Verzögerungen bei neuen Projekten, ein langsames Wachstum der chinesischen Exportquoten sowie die steigende Nachfrage durch Zukunftstechnologien könnten die Versorgungslage weiter verschärfen. Viele Förderprojekte gelten bei den aktuellen Spotpreisen als unwirtschaftlich, was kurzfristig zu einer Preissensitivität führt. Langfristig bleiben die Aussichten jedoch positiv – getragen von strukturellen Nachfragetrends wie Elektromobilität, Windkraft und Verteidigung.

Maverix Securities ist bei einem aktiv verwalteten Zertifikat (AMC) auf dieses Thema der Strategie-Manager, warum sollte der interessierte Anleger darin investieren?

Das Zertifikat eröffnet professionellen Anlegern die Möglichkeit, von einem potenziellen Preisanstieg bei Technologiemetallen und einer drohenden Verknappung Seltener Erden zu profitieren. Besonders hervorzuheben ist die physische Lagerung der Metalle – unseres Wissens nach das einzige Produkt in der Schweiz, bei dem sowohl Technologiemetalle als auch Seltene Erden tatsächlich in einem Zollfreilager hinterlegt werden. Dies ermöglicht nicht nur eine gezielte Diversifikation im Portfolio, sondern auch eine potenzielle Dekorrelation zu traditionellen Anlageklassen wie Aktien oder Anleihen. In geopolitisch oder inflationär geprägten Marktphasen können physische Rohstoffe zudem als stabilisierender Faktor im Gesamtportfolio wirken.

Vielen Dank!

Maurizio Porfiri ist seit 2020 Chief Investment Officer bei Maverix Securities. In dieser Funktion leitet er die Anlagestrategie des Unternehmens, analysiert die Finanzmärkte und entwickelt innovative sowie massgeschneiderte Anlagelösungen.

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